Diebin der Nacht
beschützt und umsorgt zu werden, so weiß ich doch besser als jeder andere, dass solche Dinge ihren Preis haben.«
»So gut wie keinen«, widersprach er ihr, wobei ein lasterhaftes Grinsen seine energischen Lippen umspielte.
»Ich werde Ihnen den Smaragd geben. Ich werde alles tun, was Sie wollen, aber ich kann nicht hier bleiben.«
Er lächelte nur. »Sie vergessen, meine Liebe, dass ich den Smaragdring schon besitze.«
»Aber es muss doch irgendetwas anderes geben, das Sie haben wollen und das ich Ihnen besorgen kann. Ist keines von Mrs. Astors Schmuckstücken eine Versuchung für Sie?«
Unerwartet warf er ihr den Smaragdring zu. »Wie Sie sehen, junge Lady, bin ich kein Almosenempfänger, und ich habe es nicht nötig zu stehlen, um mein Auskommen zu haben.« Seine Augen verengten sich. Ein Gedanke jedoch schien in ihm zu nagen. »Wie dem auch sei, ich kann Ihnen folgenden Handel vorschlagen: Sie bleiben hier und kurieren Ihren Arm. Wenn Sie noch immer etwas gegen die Rolle der Geliebten haben sollten, so könnte ich vielleicht trotzdem eine nette kleine Aufgabe für Sie haben. Ein Stück gibt es nämlich, das ich begehre und das sich schon seit langem außerhalb meiner Reichweite befindet.«
»Sagen Sie mir, was es ist, und ich werde noch heute Nacht daran arbeiten«, sagte sie verzweifelt.
Sein Gesicht verzog sich zu einem sanften Lächeln. »Durch den Blutverlust sind Sie geschwächt; Sie zittern durch den Schock. Ich würde sagen, dass Sie heute Nacht nichts unternehmen außer Ruths Heilmittel einzunehmen und zu schlafen.«
Bei diesen Worten klopfte die Haushälterin an die Tür, öffnete sie und kam herein.
»N-nein. Ich kann nicht hier bleiben«, stammelte Mystere und wich vor ihnen beiden zurück.
»Machen Sie die venezianische Suite fertig, Ruth.«
Die Frau mittleren Alters nickte, wobei ihre mit Rüschen verzierte Haube wippte.
»Nein.« Mystere stöhnte. Sie fühlte sich schwach und war verstört, ihre Beine versagten plötzlich. Noch bevor sie sich fangen konnte, fand sie sich auf Rafes Armen wieder und wurde eine schöne Mahagonitreppe hinauf getragen.
»Das kann ich nicht tun«, flehte sie ihn mit ihrem letzten bisschen Kraft an.
»Ich mag den Kampfgeist ihn Ihnen, meine Liebe. Benutzen Sie ihn aber lieber zum Gesundwerden und nicht gegen denjenigen, der sich um Sie sorgt.«
»Sie sorgen sich doch gar nicht um mich«, weinte sie fast.
Er legte sie auf ein französisches Bett in einem herrlichen Schlafraum, der in venezianischem Rosa gestrichen war. Bevor er sie verließ, schob er noch eine Locke ihres dunklen Haares aus ihrem Gesicht und schaute ihr einen ewigen Moment lang in die Augen. »Wenn Sie auch das Gefühl haben, dass ich mich nicht um Sie sorge, so unternehmen Sie doch bitte nichts, um das zu Ihrem Schicksal werden zu lassen. Und nun schlafen Sie und befolgen das, was Ruth Ihnen sagt.«
»Ich werde alles tun, was Sie verlangen. Alles, nur nicht -« Ihre Worte wurden durch ein Glas Laudanum ertränkt. Das Letzte, an das sie sich erinnern konnte, waren die freundliche Haushälterin, die mit der Bettwäsche hantierte und der unerbittliche Blick Rafe Bellochs, der Ruth nachdrückliche Instruktionen zu ihrer Pflege gab.
21
Mystere erlebte grauenhafte Momente, als die Dunkelheit sich wie ein Schleier über sie zu legen schien. Im Schlaf wälzte sie sich mit ihrem in Schweiß gebadeten Körper stöhnend und um Gnade flehend in den Satinlaken hin und her. Im Dunkel verloren bemerkte sie nicht das kühle Tuch, das ihr auf die Stirn gedrückt wurde; sie war blind für die starke, maskuline Hand, die sich um sie kümmerte.
Dann jedoch kam der willkommene Tagesanbruch. Angeregt durch einen goldenen Sonnenstrahl, der durch die Vorhänge fiel, öffneten sich langsam und blinzelnd ihre Augen. Ihr Arm pochte noch immer vor Schmerz, es war jedoch ein dumpfer Schmerz und nicht mehr der heftige, empfindliche Schmerz der vergangenen Nacht. Sie setzte sich auf und schaute sich in dem ihr unbekannten Raum um. Die Sonne schien durch die venezianischen Samtvorhänge und ihre Strahlen tauchten den Raum in rosa-goldenes Licht. Auf einer der Louis-XVI-Stühle lag ihr ruiniertes grünes Satinkleid. Auf einem der anderen Stühle saß ein Mann, der seine langen Beine weit von sich gestreckt hatte und seine Arme fest vor der Brust verschränkt hielt. Rafe war in seiner Kleidung eingeschlafen. Er trug noch immer die Hose vom Vorabend, hatte aber den Rest bis auf ein feines Batisthemd ausgezogen.
Sie
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