Diener der Finsternis
es.« Er mühte sich mit einem rostigen Vorhängeschloß ab. »Einen Schlüssel hatte Castelnau nicht, also müssen wir das Ding aufbrechen. Seht zu, ob ihr ein langes Stück Eisen findet.«
Kurze Zeit später hatten sie das Vorhängeschloß gesprengt. De Richleau entfernte es von der Kette und zog die schwere Holztür auf. Im inneren des Gebäudes zündete er ein Streichholz an und schirmte es mit der Hand. Soviel die Freunde sehen konnten, war das Haus leer. Schnell schritten sie in der Richtung vorwärts, wo laut Castelnau eine Falltür zu finden war, die in die Kellerräume führte. Die Falltür hatte einen geheimen Öffnungsmechanismus, doch auch diesen hatte Castelnau beschrieben. An gutgeölten Angeln öffnete sich ein großes Stück des Fußbodens.
De Richleau zog die kleine Automatik, die er dem Bankier weggenommen hatte. »Ich gehe als erster. Rex, du folgst mir, Richard, du hast unsere zweite Pistole, deshalb gehst du als letzter und schützt Marie Lou. Macht kein Geräusch, denn wenn wir Glück haben, ist unser Mann hier.«
Er tastete mit dem Fuß und stellte fest, daß eine Treppe hinunterführte, die mit einem dicken Teppich belegt war. Schnell, aber leise stiegen alle vier in die pechschwarze Dunkelheit hinab.
Am Fuß der Treppe begann ein Tunnel, der vor einer Schiebetür endete. Mit einem ganz schwachen Klicken der Kugellager glitt sie zur Seite.
Vor ihnen lag ein großer Raum, wohl dreißig Meter lang und neun Meter breit. Zwei Reihen dicker Säulen stützten die Decke. Links und rechts von einem Mittelgang standen Reihen von Stühlen. Am hinteren Ende befand sich ein Altar, der dem Saal das Aussehen einer Privatkapelle gab. Beleuchtet wurde er durch eine einzige Lampe, die vor dem Altar von der Decke hing.
Auf Zehenspitzen und mit schußbereiten Waffen schlichen sie an der Wand entlang. Rex hatte das Eisenstück noch in der Hand, mit dem sie das Vorhängeschloß aufgebrochen hatten. Sie erwarteten jeden Augenblick, entdeckt zu werden.
Als sie in die Nähe der Hängelampe gerieten, stellten sie fest, daß der Saal für die unheiligen Zusammenkünfte mit äußerstem Luxus eingerichtet war. Von oberhalb des Altars schielte eine große und schreckliche, in Seide gewirkte Darstellung des Bocks von Mendes auf sie herab. Die Augen waren rote Steine, die in den Stoff eingelassen worden waren. Im Schein der Lampe funkelten sie bösartig.
An den Seitenwänden hingen Bilder von Männern, Frauen und Tieren, die Obszönitäten praktizierten, wie sie nur dem Gehirn eines wahnsinnigen Künstlers entsprungen sein konnten.
Neben dem Altar standen rotsamtene, mit Gold und Spitzendeckchen verzierte Polstersessel. Unter den Stufen zur Kanzel sahen sie Reihen von Betstühlen.
Kein Geräusch, keine Bewegung störte die Stille der weihrauchgeschwängerten Luft. Mit sinkendem Herzen mußte sich de Richleau eingestehen, daß sie Mocata verloren hatten. Er hatte sich auf Taniths Botschaft verlassen, und deren Zeitangaben stimmten nicht. Vielleicht wußte Mocata längst, daß sie nach Paris geflogen waren. Er konnte sich inzwischen ungestört in Simons Haus begeben haben. Er konnte gerade eben die arme kleine Fleur ermorden. Die letzte Hoffnung schien verschwunden zu sein.
Sie schritten einen Seitengang entlang, und da bemerkten sie plötzlich eine auf dem Boden liegende Gestalt, die ihnen bisher durch die Sessellehnen verborgen geblieben war. Sie trug ein langes weißes, mit mystischen Zeichen in Schwarz und Rot besticktes Gewand.
»Es ist Simon!« keuchte der Herzog.
»Sie haben ihn umgebracht!« schrie Rex, stürzte vor und kniete neben dem Körper seines Freundes nieder. Sie drehten ihn auf den Rücken und fühlten nach seinem Herzen. Es schlug langsam, aber regelmäßig. Der Herzog holte aus seiner Westentasche eine kleine Flasche, ohne die er nie reiste, und hielt sie Simon unter die Nase. Dieser schüttelte sich und öffnete die Augen.
»Simon, Darling, wir sind es – wir sind hier.« Marie Lou nahm Simons schlaffe Hand. Er kämpfte sich in sitzende Stellung hoch. »Was ist geschehen?« murmelte er.
»Du hast uns verlassen, du Schafskopf!« rief Rex. »Jetzt möchten wir wissen, was mit dir geschehen ist.«
»Nun, ich habe Mocata getroffen.« Die Andeutung eines Lächelns kräuselte Simons Lippen. »Er hat mich in seinem Flugzeug nach Paris gebracht. Dann in ein Gebäude am Fluß.« Er blickte ringsum. »Das hier ist es! Wie seid ihr hergekommen?«
»Das ist jetzt unwichtig«, drängte de Richleau.
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