Diener des Boesen
ein für allemal auf seinen Anspruch verzichten.«
»Richtig.« Mit einem leisen Rascheln fiel ein Stapel Pergamente auf dem Tisch neben Bolingbroke um und verteilte sich rund um ihn auf dem Boden. Missmutig schob er die Pergamente mit dem Fuß beiseite, ohne auf Nevilles Blick zu achten.
»Aber«, fuhr Bolingbroke fort, verschränkte die Arme und musterte Neville sorgfältig, »die Umstände haben sich geändert. Eduard ist tot. Der schwarze Prinz ist tot. Nun sitzt ein junger und unerfahrener König auf dem Thron. Wir haben die Franzosen zwar bei Poitiers besiegt, doch jetzt mangelt es uns an einem erfahrenen Kriegsherrn, um unseren Vorteil auch zu nutzen.«
»Und was ist mit dir?«, sagte Neville ruhig.
Bolingbroke ging jedoch nicht darauf ein. »Mein Vater hat nicht vor, den Rest seines Lebens damit zu verbringen, bewaffnete Reiter gegen die Franzosen anzuführen. Außerdem ist er schon immer eher auf dem Feld der Diplomatie zu Hause gewesen als auf dem Schlachtfeld. Northumberland ist ebenfalls nicht mehr der Jüngste.« Bolingbrokes Mund zuckte. »Allerdings habe ich gehört, dass Hotspur nichts dagegen einzuwenden hätte, sich an die Spitze eines Feldzugs gegen die Franzosen zu setzen.«
Und du?, dachte Neville, doch diesmal sprach er die Frage nicht aus. Wie steht es mit deinem Ehrgeiz, Hal?
»Richard musste also die Bedingungen des Friedensabkommens überdenken«, sagte Bolingbroke. »Das hat er auch getan – zweifellos mit de Veres Hilfe –, und Johann hat den neuen Bedingungen zugestimmt. Oder man könnte wohl eher sagen, dass Johann inzwischen so alt und schwachsinnig geworden ist, dass es ihn nicht mehr kümmert, was er unterschreibt.«
»Wie lauten die Bedingungen?«
»Die Forderung der siebenhunderttausend Pfund wurde fallen gelassen. Stattdessen verlangt Richard ungehinderten Zutritt zu den flämischen Häfen für unsere Wollhändler. Johann soll sämtliche noch verbliebene Seeblockaden abbauen.«
Neville schüttelte verwundert den Kopf. Der schwarze Prinz hätte die französischen Blockaden einfach mit Gewalt zerschlagen… Richard hatte den Franzosen nun im Grunde siebenhunderttausend Pfund dafür bezahlt, sie abzubauen.
Bolingbroke musterte Neville aufmerksam. »Aber Richard besteht weiterhin auf seinem Anspruch auf den französischen Thron. In zwei Tagen wird König Johann in Westminster ein Abkommen unterzeichnen, das Richard zum rechtmäßigen Erben des französischen Throns erklärt.«
Neville zog die Augenbrauen hoch. Vielleicht waren es die siebenhunderttausend Pfund doch wert gewesen.
»Und«, fuhr Bolingbroke mit leiser Stimme fort, »Richard verlangt nicht mehr, dass Karl ebenfalls unterzeichnet. Stattdessen hat er jemanden in der Hinterhand, der noch weitaus einflussreicher ist und ihm mit seiner Unterschrift die Herrschaft über Frankreich sichern kann.«
»Wen?«
»Isabella von Bayern.«
»Was? Karls verräterische Mutter?«
Bolingbroke lachte. »Ja. Lady Isabella wird Karl offiziell zum Bastard erklären. Offenbar ist ihre Erinnerung zurückgekehrt, und sie ist sich nun sicher, dass es der königliche Falkner war, der Karl gezeugt hat.«
»Und was hat Richard ihr dafür bezahlt, dass ihre Erinnerung zurückkehrt?«
»Eine Burg irgendwo, einen Stall voller williger Lustknaben… wer weiß? Aber es war genug, dass Isabella nun bereit ist, bei der Heiligen Schrift und ein paar Überresten des wahren Kreuzes, die sicher noch irgendwo in der Abtei von Westminster verwahrt werden, zu schwören, dass Karl ein uneheliches Kind ist. Und damit ist Richard, Johanns Großneffe zweiten Grades, der Erbe, der dem Thron am nächsten steht.«
Neville verzog das Gesicht. »Johann verflucht sicher den Tag, als sein Vater seine Schwester an Eduard II. verheiratet hat.«
»Ich möchte wetten, dass er diesen Tag schon sein ganzes Leben lang verflucht. Und nun ist das Ungeheuerliche geschehen. Johann muss den Thron einem entfernten Verwandten aus England überlassen.«
»Und was ist mit Katherine?«
»Katherine?«
»Ja, Katherine… Karls Schwester.« Neville fragte sich, warum Hal so überrascht aussah… er hatte doch sicher auch ihren Anspruch erwogen. »Ist Katherine ebenfalls ein uneheliches Kind? Oder hat Johanns schwachköpfiger Sohn Ludwig es tatsächlich geschafft, sie gemeinsam mit Isabella zu zeugen? Wenn Katherine nämlich kein Bastard ist, wird der Platz an ihrer Seite und in ihrem Schlafgemach eine begehrte Trophäe für jeden französischen Adligen sein, der einen
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