Diener des Boesen
Angelegenheiten nachging, durch die Straßen des kleinen Dorfes, wo er über Nacht Halt gemacht hatte.
Er war wütend auf Katherine und Bolingbroke.
Nun konnten sie nicht mehr unbemerkt vorgehen, nicht, nachdem Katherine mit Philipp das Lager geteilt hatte. Etienne hatte recht gehabt – der Donner der Revolution in den Straßen war weitaus wirksamer, um ihr Ziel zu erreichen, als Bolingbrokes hübsche Raffinessen.
Margaret lag neben dem schlafenden Tom, und Tränen der Freude und des Neids liefen ihr über die Wangen. Sie hätte nicht geglaubt, dass Katherine das tun würde – und was sie getan hatte, stellte den Erfolg ihres ganzen Unterfangens in Frage –, aber Margaret war froh, dass Katherine endlich doch ein wenig Glück gefunden hatte… und was für ein Glück das war!
Bolingbroke lag ebenfalls wach, während Mary still und reglos neben ihm lag.
Er war außer sich vor Wut. Als er sich Mary zugewandt hatte, nachdem die Tür hinter den letzten Hochzeitsgästen ins Schloss gefallen war, hatte er gespürt, was Katherine gerade tat.
Als Philipp Katherine berührt hatte, hatte er Mary berührt.
Als Philipp Katherine geküsst hatte, hatten sich seine Lippen auf Marys gelegt.
Und als Philipp in Katherine eingedrungen war, hatte er das Gleiche mit Mary getan.
Doch während Katherine vor Erstaunen gelacht hatte, hatte Mary vor Schmerz und Furcht aufgeschrien.
Und während Katherine Philipp noch enger an sich gezogen hatte, hatte Mary erfolglos versucht, Bolingbroke von sich zu stoßen.
Bolingbroke hatte gewusst, dass sie sich vor dieser Nacht fürchtete, und hatte deshalb sanft und geduldig mit ihr sein wollen. Doch als er gespürt hatte, was Katherine tat, war er von blinder Wut und Eifersucht überwältigt worden, und seine Hände und sein Leib waren hart und unnachgiebig geworden, und Marys Ängste waren Wirklichkeit geworden.
Hinterher versuchte er, sie zu trösten, doch was sollte er sagen?
Was konnte er schon sagen?
So lagen sie also beide da, Bolingbroke und seine Gemahlin, während der langen Nacht des Michaelistages, und fragten sich, was wohl aus einer Ehe werden sollte, die so lieblos begonnen hatte.
Und der Schatten, der sich tief in Mary verbarg, freute sich schon auf das Unheil, das er einmal anrichten würde.
Kapitel Dreizehn
Am Fest des heiligen Hieronymus
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Freitag, 30. September 1379)
Beim ersten Zeichen der Morgendämmerung im Osten erhob sich Bolingbroke von seinem Hochzeitslager. Kaum hatte er sich angezogen, klopfte es leise an der Tür, und Margaret trat ein, den Blick geflissentlich abgewendet.
»Lady Neville«, sagte Bolingbroke mit ausdrucksloser Stimme, während Margaret Marys Gewand holte.
Schließlich sah Margaret ihm doch in die Augen.
Vor Mary konnte er nicht über Katherine sprechen, doch er musste einen Blick mit Margaret wechseln, und wenn auch nur, um seine stumme Pein und seine Wut mit ihr zu teilen.
Sie erwiderte seinen Blick. Was hast du erwartet? Hast du geglaubt, sie würde untätig warten und Tränen vergießen?
Bolingbroke presste die Lippen zusammen. »Meine Gemahlin braucht Euren Beistand, Lady Neville«, sagte er. »Wie es scheint, habe ich ihr heute Nacht nur Verdruss bereitet.«
Und damit verließ er das Gemach.
Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, hob Mary zitternd die Hand an den Mund, und Margaret setzte sich zu ihr auf das Bett und schloss sie in die Arme.
Neville fand Bolingbroke im Hof des Savoy Palace bei der Waffenübung, während die Glocken der Prim den Morgen über London einläuteten. Die Stadt erwachte zum Leben: Boote wurden zu Wasser gelassen, und die Rufe der Fischer und Kohlehändler hallten seelenvoll über die Palastmauern; Karrenräder und Pferdehufe klapperten über den Strand und brachten Waren zu den Märkten; Huren gingen nach Hause, um nach getaner Arbeit auszuruhen, während die Priester von Londons Kirchen die Türen ihrer Gotteshäuser aufstießen, um den Sünden der Stadt entgegenzutreten.
Neville blieb im Schatten eines Bogenganges stehen und sah zu Bolingbroke hinüber.
Dieser war mit einer dicken Ledertunika bekleidet, die bis über seine Schenkel reichte, und trug mit Nieten besetzte Handschuhe. Ein Kettenhemd mit Kapuze bedeckte seinen Kopf, seine Schultern und den Oberkörper. In den Händen hielt er ein großes Schwert und tauschte Streiche mit einem Unteroffizier aus. Oder vielmehr schien es so, als wolle er den
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