Diener des Boesen
Übergangs war ich es zufrieden, die Hände in den Schoß zu legen, doch nun kann ich nicht mehr länger untätig sein…«
Alle im Saal hielten den Atem an. Was meinte er damit? Wer würde seinen Kopf verlieren, und wer würde eine Beförderung erhalten?
»… und mich vom Einfluss der Vormunde und Regenten befreien«, Richard blickte Lancaster an, »die mich in den Fesseln meiner Kindheit gefangen halten wollen.«
»Majestät«, sagte Lancaster angespannt, »es war nie unsere Absicht, Euch ›gefangen zu halten‹. Ihr seid zu überraschend auf den Thron gelangt, ohne die Erfahrung, die Ihr während der Regierungszeit Eures Vaters hättet sammeln können. Wir…«
»Ihr habt mich eingeschränkt«, sagte Richard. »Außerdem ist mir in den letzten Wochen aufgefallen, dass es manchem unter Euch«, sein Blick war immer noch auf Lancaster und seine Begleiter gerichtet, »gelungen ist, eine Beliebtheit beim Volk zu erlangen, die sich durchaus gegen mich wenden könnte.«
Hier kommt er, dachte Neville, der Dolch, der sich in Bolingbrokes Rücken bohren wird. Nein, in die Rücken aller, die mit Bolingbroke und seinem Vater in Verbindung stehen.
Wieder richtete sich Richards Blick auf Thomas, um dann wieder ruhelos über die versammelten Edelleute zu gleiten.
»Ich glaube mich in Gefahr zu befinden«, sagte er leise. »Schlimmer noch, ich glaube, dass England in Gefahr schwebt. Hört deshalb meine Entscheidungen. Lancaster, Ihr seid aus Eurem Amt als Regent entlassen. Ich wünsche Euch Gesundheit und ein langes Leben, aber ich möchte mich lieber mit Ratgebern umgeben, denen ich bedingungslos vertrauen kann.«
Diesmal war fast zu hören, wie die Edelleute am Tisch die Luft anhielten. Manche der Versammelten frohlockten sicher innerlich, denn wenn Lancaster nicht mehr in der Gunst des Königs stand, konnte das ihren eigenen Einfluss nur vergrößern, doch alle wunderten sich über den Hochmut, mit dem Richard den mächtigsten Mann Englands aus seinem Amt entließ und vor allen Anwesenden demütigte.
»Auch die anderen Regierungsämter werde ich neu besetzen«, fuhr Richard fort. »Der Erzbischof von Canterbury«, er nickte in Sudburys Richtung, »wird mein neuer Kanzler sein, und der Bischof von Exeter«, dieses Mal nickte er Brantingham zu, »wird das Amt des Schatzmeisters innehaben.«
Gütiger Himmel, dachte Neville, der Dämon fühlt sich so sicher, dass er sich mit den hochrangigsten Männern der Kirche umgibt. Er blickte zu Sudbury und Brantingham hinüber. Aber waren sie tatsächlich Männer der Kirche? Oder womöglich ebenfalls Dämonen?
Wie als Antwort darauf warf Sudbury Lancaster einen entschuldigenden, fast verlegenen Blick zu – die beiden waren jahrelang enge Verbündete gewesen. Neville nahm seinen Argwohn gegenüber Sudbury zurück; offensichtlich hatte dieser Richard noch nichts von dem aufrührerischen John Ball erzählt, den er im Gefängnis von Canterbury gefangen hielt. Denn hätte er es getan, würde sich Lancaster längst im Tower befinden.
»Statt Lancaster wird Robert de Vere den Platz des besten Freundes und engsten Vertrauten an meiner Seite einnehmen, dem ich das Amt des Haushofmeisters übertrage und«, Richard hielt inne und ließ belustigt den Blick über die Tafel schweifen, »die Schlösser und Ländereien von Oakham und Queenborough vermache…«
Ein Murmeln erhob sich rund um den Tisch.
»… sowie das Schloss von Berkhamsted. Außerdem erhebe ich ihn zum Oberrichter von Chester und North Wales…«
Schweigen herrschte am Tisch, während die Edelleute Richard entsetzt anstarrten.
»… und als Zeichen meiner Freundschaft und meines Vertrauens ernenne ich ihn zum Herzog von Irland.«
Aufruhr brach am Tisch los. Herzog von Irland? Viele Männer äußerten ihren Unmut, während andere sich mit dem neuen Günstling des Königs gut stellen wollten und ihm gratulierten, doch am lautesten beschwerte sich Gloucester.
Er sprang auf und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Augenblicklich herrschte Stille.
»Majestät«, rief Gloucester wütend, »diese Bevorzugung ist vollkommen unangemessen! Ihr habt diesem Mann damit so viel Macht verliehen, dass…«
»Zweifelt Ihr daran, dass mein Onkel Lancaster Böses im Schilde führt?« Richard war ebenfalls aufgesprungen, und Neville war sich sicher, dass Gloucester an diesem Tag sein eigenes Todesurteil unterschrieben hatte.
»Lancaster führt nichts Böses im Schilde!«, rief Gloucester. »Glaubt Ihr etwa, Ihr hättet so leicht auf
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