Diener des Boesen
Machenschaften in England in Kenntnis gesetzt, seit dieser von seiner unerlaubten Reise durch Europa zurückgekehrt war, doch nun erzählte er ihm noch einmal in allen Einzelheiten, was sich zugetragen hatte.
Als er fertig war, saß Bertrand mit blassem Gesicht und verkrampften Händen auf seinem Schemel. »Nevilles Verhalten ist wahrhaft ungeheuerlich!«, sagte er.
Thorseby nickte zustimmend.
»Ich habe schon immer gewusst, dass er irgendwann Unheil anrichten würde«, fuhr Bertrand fort, »aber das…«
Thorseby schüttelte langsam den Kopf.
»Derart unverhohlen Unzucht zu treiben… und dann sein Mönchsgewand abzulegen und sich wie ein weltlicher Herr zu verhalten… solchen Ungehorsam an den Tag zu legen!«
Thorseby seufzte und blickte zu Boden.
»Und jetzt genießt er auch noch den Schutz des Herzogs von Lancaster?«
Thorseby nickte und seufzte noch einmal. »Und den von Lancasters Sohn, dem Herzog von Hereford. Neville besitzt mächtige Verbündete.«
»Ungeheuerlich!«, murmelte Bertrand noch einmal und bedauerte, dass er jemals auch nur einen Finger gerührt hatte, um Thomas Neville zu helfen. Was für einem Teufel hatte er hier in seinem Kloster Unterschlupf gewährt? Hatte Nevilles abstoßendes Verhalten womöglich innerhalb dieser Mauern Spuren hinterlassen, die den empfänglichen Geist eines Novizen anstecken könnten?
»Ihr versteht sicher, warum ich einen Weg finden muss, ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen«, sagte Thorseby.
»Natürlich! Natürlich! Wir können nicht zulassen, dass ein solches Verhalten ungestraft bleibt.«
»Wenn die Versammlung vorbei ist«, sagte Thorseby »will ich nach Norden reisen, vielleicht nach Nürnberg…«
»Ah!« Bertrands Miene hellte sich auf. »Ich habe getan, worum Ihr mich gebeten habt, mein Freund, und ich glaube, Ihr werdet mit den Ergebnissen zufrieden sein.«
Thorseby zog die Augenbrauen hoch und wagte es kaum, zu hoffen.
Bertrand öffnete einen kleinen Beutel auf seinem Schreibtisch und holte einen Brief daraus hervor. »Prior Guillaume in Nürnberg ist ebenso wie wir der Meinung, dass Neville für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden muss. Er hat keine Mühen gescheut und Nachforschungen angestellt. Hier.« Bertrand reichte Thorseby den Brief. »Guillaume hat zwei Männer ausfindig gemacht, die Euch von großem Nutzen sein können. Er kann arrangieren, dass sie sich nach den Weihnachtsfeierlichkeiten in Nürnberg mit Euch treffen: ein Koch aus einer Taverne in Karlsberg und ein Söldner, der mit Neville von Florenz nach Nürnberg gereist ist. Sie können offenbar ein paar höchst interessante Dinge über ihn berichten. Guillaume hielt es für das Beste, wenn Ihr selbst mit ihnen sprecht.«
Thorseby überflog Guillaumes Brief und mit jeder Zeile, die er las, schlug sein Herz höher. Guillaume hatte nicht sehr viel geschrieben, doch das wenige, das in dem Brief stand…
Mit leuchtenden Augen blickte Thorseby Bertrand an. »Mein Freund«, sagte er, »ich glaube, ich bin Euch zu größter Dankbarkeit verpflichtet.«
TEIL DREI
Lieben möcht’ ich
Ohne sein Schwert ist der Kämpe nur Schau,
Und was bleibt dem Gatten ohne die Hausfrau?
Thomas Tusser,
Fünfhundert Ratschläge für einen guten Haushalt
Kapitel Eins
Das Fest des heiligen Apostel Thomas
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Mittwoch, 21. Dezember 1379)
– I –
Kenilworth war eine alte Burg mit einer wenig rühmlichen Geschichte. Nicht nur hatte sie im dreizehnten Jahrhundert den Rebellen Simon de Montfort beherbergt, der Heinrich III. vom Thron gestürzt hatte, in jüngster Zeit war der Vater Eduard III. von seiner Gemahlin Isabella und ihrem Geliebten Roger Mortimer in der Burg eingesperrt und des Throns beraubt worden. Eduard III. hatte Mortimer daraufhin wegen seiner Kühnheit hinrichten lassen und seine Mutter Isabella des Landes verwiesen. Die Burg und die dazugehörigen Ländereien hatte er derweil der Obhut seines vierten Sohnes, Johann von Gent, dem Herzog von Lancaster, übergeben.
Lancaster hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um die Burg von den Gespenstern der Vergangenheit zu befreien. Als sie in seinen Besitz gelangt war, war sie eine unbezwingbare, dunkle und abweisende Festung gewesen, doch Lancaster hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um sie in einen wohnlichen Ort zu verwandeln – auch wenn sie weiterhin eine uneinnehmbare Festung blieb. Baumeister hatten die
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