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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Margaret durch meine Nachlässigkeit widerfahren ist. Ich wusste, dass Richard sich bei erstbester Gelegenheit an ihr vergreifen würde, aber ich habe mir eingeredet, dass es das Wagnis wert sei, wenn ich dafür die Schatulle in meinen Besitz bringen könnte. Aber wie wir wissen, war es nicht die richtige Schatulle. Und sie war es erst recht nicht wert, dass Margaret so sehr leiden musste… Ach, gütiger Himmel, Hal, ich habe geglaubt, ihr Leiden würde mich nicht berühren, bis ich ihr Blut gesehen habe!«
    »Aber Tom, Margaret muss geopfert werden, wenn die Menschheit gerettet werden soll… oder etwa nicht? Hast du mir nicht gesagt, dass sie die Versuchung ist, der du widerstehen musst? Vergib mir, vielleicht habe ich dich falsch verstanden…«
    Neville holte tief Luft. »Nein, du hast mich richtig verstanden, Hal. Sie ist die Versuchung, und wenn ich mich für sie entscheide anstatt für meine göttliche Mission, dann ist die Menschheit verloren.«
    »Was wirst du also tun? Ach, mein Freund, ich beneide dich nicht um diese Entscheidung.«
    »Ich weiß zumindest, was ich nicht tun werde«, sagte Neville. »Ich werde nicht mehr länger nach der Schatulle suchen, denn meine Suche danach hat bisher nur Schmerz und Leid verursacht. Der heilige Michael hat gesagt, dass sie irgendwann von selbst zu mir finden wird, und damit werde ich mich zufriedengeben. Hal, Richard hat mich zum Narren gehalten, und dabei ist Margaret zu Schaden gekommen. Er hat mich zu dem Glauben verführt, diese wertlose Schatulle sei die, die ich suche… und ich bin ihm auf den Leim gegangen.«
    »Aber…«
    »Dadurch fühle ich mich Gott oder dem heiligen Michael gegenüber jedoch nicht weniger verpflichtet, Hal.«
    Bolingbroke musste ein Lächeln unterdrücken.
    »Der heilige Michael hat mir einmal gesagt«, fuhr Neville fort, »dass mein Weg mir zwar manchmal seltsam vorkommen wird, ich jedoch nicht an ihm zweifeln darf.«
    Dieser fromme Narr hat sich seine eigene Grube gegraben, dachte Bolingbroke.
    »Meine Aufgabe ist es, den englischen Hof von den Dämonen zu befreien, Hal. Mir ist ebenso wie dir daran gelegen, Richard vom Thron zu stürzen. Wenn das erst einmal geschehen ist…«
    »Dann wird alles gut.«
    »Ja, dann wird alles gut, und ich werde im Besitz der Schatulle und der Geheimnisse der Engel sein.«
    »Aber dann wartet da noch die große Schlacht zwischen Gott und den Dämonen auf uns.«
    Nevilles Gesicht verlor ein wenig von seiner Entschlossenheit. »Ja.«
    »Margaret«, erinnerte Bolingbroke ihn sanft. »Du musst dich entscheiden, was du tun willst, denn so wie jetzt kann es nicht weitergehen. Deine Trauer lenkt dich von deinem eigentlichen Auftrag ab.«
    Neville zögerte einen Moment, ehe er antwortete. »Hal«, sagte er schließlich, »wenn ich sie liebe, heißt das doch nicht auch zwangsläufig, dass ich ihr meine Seele schenken muss, nicht wahr?«
    »Nein. Obwohl du sicher irgendwann vor diese Entscheidung gestellt wirst. Wenn du sie liebst, wird es dir nur umso schwerer fallen, die richtige Wahl zu treffen.«
    Seltsamerweise verspürte Neville Erleichterung. Er musste Margaret irgendwann widerstehen, doch bis dahin konnte er sie durchaus lieben und ihr ein wenig Trost spenden, bevor sie schließlich geopfert wurde… oder etwa nicht?

Kapitel Zwei
     
    In der Stunde vor Mitternacht am Fest
    des heiligen Apostel Thomas
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Mittwoch, 21. Dezember 1379)
     
    – II –
     
     
     
    Neville regte sich und erwachte aus einem unruhigen Schlaf.
    Im Gemach war es leise, wenn auch nicht vollkommen still. Ein Zischen und Summen ging von den Kohlen im Kamin aus, und die Fenster klapperten, wenn der Winterwind daran rüttelte.
    Er öffnete die Augen, rührte sich jedoch nicht.
    Er war allein im Bett. Zwar konnte er die Stelle neben sich nicht sehen, wo eigentlich Margaret liegen sollte, weil er ihr den Rücken zugewandt hatte, doch er konnte spüren, dass das Bett leer war.
    War der Tag schon furchtbar für ihn gewesen, so würde die Nacht noch weitaus schlimmer werden.
    Er unterdrückte ein Seufzen und wünschte sich, er könnte die Leere in seinem Inneren vertreiben. Er hatte diese Leere schon zweimal in seinem Leben gespürt: mit fünf Jahren, als seine Eltern gestorben waren, und an dem Tag, als Alice sich umgebracht hatte. Als seine Geliebte Alice sich umgebracht hatte, weil er das Kind, das sie erwartete, nicht als sein eigenes anerkennen wollte. Er hatte Alice ihrem Schicksal

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