Dienerin zweier Herren
Das muss ja ein Vermögen gekostet haben! Das Kleid ist ein Traum. Wie aus einem Märchen.»
Als Juliane schließlich fertig gestylt vor ihnen stand, wussten Antonino und Domenico, dass sie alles richtig geplant hatten. Domenico gab ihr ein Zeichen, dass sie sich vor ihnen drehen sollte und Juliane folgte lächelnd seinem Wunsch. Das Kleid war zweiteilig. Das Oberteil war korsettähnlich geschnitten, schulterfrei mit V-förmigem Ausschnitt und aus fester Spitze genäht. Mit einem kleinen Schößchen überlappte es den Rockansatz und kaschierte dabei geschickt Julianes Problemzonen. Schulterpartie und Dekolleté aber bestanden aus einem fast durchsichtigen, mit einem feinen Muster durchwirkten Einsatz. Der knöchellange Rock war leicht glockig konzipiert, aus mehrlagigem, seidig schimmerndem Stoff. Antonino und Domenico hatten sich für Champagner als Farbton entschieden. Weiß erschien ihnen für diesen Anlass zu übertrieben. Schließlich war Juliane kein junges unbescholtenes Mädchen mehr und diese Farbe harmonierte zudem sehr gut mit ihrer vom Sommer leicht gebräunten Haut.
«Wow! Schon alleine um dich in diesem Aufzug zu sehen, lohnt es sich, dich heute zu heiraten!» Antonino strahlte über das ganze Gesicht. Er und Domenico waren schon seit über einer Stunde fertig gekleidet, beide in einem eleganten schwarzen Anzug. Antonino mit weinroter Fliege und dazu passender Rose im Knopfloch, Domenico mit silberner Fliege und weißer Rose.
Julianes Haare waren hochgesteckt und die Stylistin hatte ihr anstelle eines Schleiers kleine blassgelbe Rosenköpfe darin festgesteckt. Der Brautstrauß aus denselben Blüten, gemischt mit altrosafarbenen, zitterte in Julianes Händen, so aufgeregt war sie.
Natürlich war Domenicos Audi dem Anlass gemäß mit einem üppigen Blumenbouquet geschmückt. Als sie vor der Kirche vorfuhren, wurden sie bereits von den geladenen Festgästen erwartet. Obwohl die Zwillinge sich bemüht hatten, die Gästeliste einzuschränken, waren es über hundert Personen geworden. Juliane hatte nur wenige Freunde notiert, darunter Bea, die nach wie vor keine feste Beziehung hatte und auf Juliane ein wenig neidisch war.
Während Antonino vorausging, um Juliane am Altar zu erwarten und mit dem Pfarrer zu sprechen, begrüßten Domenico und Juliane die Gäste und baten sie, in die Kirche vorauszugehen. Nur ein Mann blieb stehen, als die Menge sich allmählich auflöste.
«Vati!»
Der Mann kam langsam auf Juliane zu, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und antwortete, während er sie aufmerksam musterte. «Du siehst großartig aus, meine Kleine.» Er lächelte.
Juliane hatte ihren Vater seit Jahren nicht gesehen. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen, als sie zehn Jahre alt gewesen war, und ihr Vater war bald darauf in eine andere Stadt gezogen. Julianes Mutter war vor drei Jahren bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Zwar telefonierten Juliane und ihr Vater von Zeit zu Zeit, trotzdem waren sie einander etwas fremd. Dennoch hatte Juliane ihn auf ihre Gästeliste gesetzt, aber nicht hinterfragt, ob er kommen würde. Sie hatte Angst vor einem Nein.
Ihr Vater reichte ihr seinen Arm. Juliane sah Domenico an und er nickte zustimmend, dann ging er hinein. Juliane war davon ausgegangen, dass er sie zum Altar begleiten würde. Sie hängte sich bei ihrem Vater ein und drückte seinen Arm.
«Du siehst glücklich aus, Kleines.»
Auch nach all den Jahren hatte er es sich nicht abgewöhnt, sie auf diese Weise anzureden. Juliane hatte es stets gehasst, aber das spielte an diesem Tag keine Rolle. Sie freute sich, dass er gekommen war.
«Ja», erwiderte sie und lächelte. «Ich habe auch allen Grund zum Glücklichsein. Gehen wir?»
Er nickte. Während sie langsam zur einsetzenden Orgelmusik den Gang zum Altar entlangschritten, sprach er leise weiter. «Ich habe deine beiden Männer bereits vor zwei Tagen kennen gelernt. Du scheinst eine gute Wahl getroffen zu haben. Aber ist es nicht ein bisschen anstrengend, zwei Geliebte zu haben?»
Auf Julianes Wangen bildeten sich heiße Flecken. Sie sah ihn verdutzt von der Seite an. «Sie haben es dir erzählt? Und du bist nicht schockiert?»
«Mein liebes Kind, ich habe schon so vieles erlebt, mich schockiert nichts mehr. Hauptsache, du bist glücklich!»
Sie nickte schmunzelnd. «Ja, sehr. Ich bin sehr glücklich.»
«Du wirkst auch so.»
Den restlichen Weg zum Altar sprachen sie nichts mehr und Juliane nahm ihren Platz neben Antonino ein. Sie war sehr
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