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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Hannes!«
    »Mit dir, Marie, kann sie doch so viel reden, wie sie will!«
    »Aber nur in deiner Gegenwart, Hannes, und das ist nicht sehr erbaulich. Wenn du mal drei Minuten nicht zu Worte kommst ...«
    »Ich höre immer drei Minuten!«
    »Weil wir von Kleidern oder Küchendingen reden ...«
    »Ach, diese elenden Kleider, diese langweiligen Kochfragen! Ich esse doch alles, und ich seh nie, was Hanne anhat.«
    »Da sagst du es selbst! Aber Hanne machen diese Dingedoch nun einmal Spaß. Soll sie darauf nun ganz deinetwegen verzichten?«
    »Ach, keine Bohne. Redet davon, soviel ihr wollt, ich hindere euch doch nicht!«
    »Nein, aber du sitzt dabei und schneidest wütende Gesichter, und wenn alles nichts hilft, wirfst du einen Stuhl um oder stellst sonst was Albernes an.«
    »Ich bin nie albern, bitte, Marie!«
    »Nein, natürlich nicht. Und Hanne möchte wirklich ganz gern mal ins Kino gehen, und Hanne tanzt auch sehr gerne. Hanne möchte auch einmal sonntags raus ins Grüne.«
    Sein Gesicht hat sich vollkommen verändert. Der ungeduldige, mürrische Ausdruck ist daraus verschwunden, jetzt drückt es Kummer und Bestürzung aus.
    »Hör mal, Marie«, sagt er leise, »ganz ehrlich: hat Hanne sich bei dir beklagt?«
    »Da solltest du Hanne besser kennen. Hanne wird sich nie beklagen – über dich bei andern, so etwas ist doch bei ihr ausgeschlossen!«
    Er fängt schon wieder an, sich zu beruhigen.
    »Also hast du dir allein alles ausgedacht, das mit dem Kino und dem Tanzen und den Ausflügen?«
    »Das habe ich mir nicht ausgedacht, das ist so! Ist denn Hanne ein anderer Mensch geworden, seit sie dich gernhat? Sie hat doch Gewohnheiten, Vorlieben ...«
    »Na schön«, sagt er. »Du bist ein gutes Mädchen, Marie! Ich werde der Hanne für Sonntag einen Ausflug vorschlagen. Ist’s nun in Ordnung, Marie?«
    »Aber nein!«, ruft sie verzweifelt. »Gar nicht! Was bist du doch für ein Mensch, Hannes! Ich sage dir, du sollst dich nicht so an sie klemmen, du sollst sie nicht so mit Beschlag belegen. Du musst lernen, auf eignen Beinen zu stehen. Dubist kein Kind mehr, du bist ein Mann. Denk doch, einmal könnte Hanne doch dessen müde werden, immerzu dein Kindermädchen zu sein! – Und du schlägst ihr einen Ausflug vor!«
    »Du hast selber von Ausflügen angefangen!«
    »Das war ein Beispiel, Hannes. Die kleine Nebensache neben der großen Hauptsache; ein wenig mehr Selbständigkeit, ein wenig mehr Freiheit. Das musst du doch verstehen, Hannes!«
    Er ist ernst geworden. »Doch«, sagt er nach einer Weile. »Ich versteh das schon. Entschuldige, wenn ich Quatsch geredet habe, Marie. Ich habe dich natürlich von Anfang an verstanden. Es ist nur, ich kann so schwer davon reden.«
    Er versinkt in ein überlegendes Schweigen. Sie wartet stumm.
    »Ich weiß gut«, fängt er nach einer Weile leise an und spielt, ohne sie anzusehen, mit den Garnröllchen auf der Maschine.
    »Ich weiß gut, dass ich alles falsch mache. Ich sehe, wie verkehrt ich es anfange. Ich muss ihr ja einmal lästig fallen. Das ist keine Liebe von Gleich zu Gleich, das ist fast so, wie eine Mutter ihr Kind betreuen muss, und ich bin kein Kind mehr, Marie, da hast du recht.«
    Sie sieht ihn gespannt an. Unwillkürlich nickt sie zu seinen Worten.
    »Ich sehe das alles«, fährt er langsam fort. »Hundertmal, tausendmal nehme ich mir vor, mich zu ändern, und kann es nicht. Sieh, Marie, die Hanne ist doch mein ein und alles, ich habe doch nie einen Menschen in meinem Leben so geliebt wie sie, ich habe vor ihr wahrscheinlich überhaupt nie jemanden richtig liebgehabt. Und da befällt mich eine schreckliche Angst, immer wieder, es könnte vorübergehen,plötzlich vorbei sein – ich könnte wieder lieblos dastehen in dieser Welt, und in dieser Angst klammere ich mich an sie, diese Angst macht mich so schwach.«
    Jetzt sieht er sie, fast um Hilfe flehend, an, und wieder nickt sie. Sie tut mehr, sie fasst nach der Hand, die ihr das Garn auf der Rolle völlig verwirrt hat, und streichelt sie.
    »Ich bin nirgends zu Haus gewesen«, fährt er fort. »Heute weiß ich es. Schon als Kind bin ich daheim nicht zu Haus gewesen. Ich war so anders. Dann bin ich in ein anderes Land gezogen, immer heimatlos. Nun ist sie meine Heimat geworden, aber meine Angst quält mich, dass ich auch in ihr nicht wurzeln kann, dass ich immer wurzellos sein werde, dass auch sie vorübergehen wird, müde, enttäuscht ... und dann bin ich ganz allein!«
    Sie sieht rasch zu ihm auf.
    »Wirst du es mir

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