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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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trägste ooch! Und Ihr da«, schrie er, den Kopf erhebend. »Na, wo sind se denn? Wegjejangen! Na, und wir stehen da wie Nulpe! Det iss’en Sonntag, ick spinne, mit solche unsittliche Menschen soll man sich jar nich abjeben. Die haben keenen Anstand und keene Scham ...«
    Am kleinen verlorenen Waldsee war Stille und Frieden.
    Sie lehnte sitzend an einem Kieferstamm, er lag auf dem Rücken, den Kopf in ihrem Schoß, und sah in den Himmel. Langsam segelte über ihnen eine große weiße Wolke dahin, wattig und leicht, der Sonne entgegen, vor der sie zergehen würde.
    »So gut ...«, sagte er.
    »Ja, hier ist Friede.«
    »Da, wo du bist.«
    Sie lachte. »Nicht im Autobus, nicht bei Schönholzens!«
    »Red nicht davon, Friede. Sommer. Glück.«
    Sie beugte sich über ihn. »Bist du glücklich?«
    »Glücklich!«
    »Ganz und gar?«
    »Ganz und gar.«
    »Ohne eine Sorge?«
    »Sorgenlos!«
    »Und hast keinen Kummer mehr?«
    »Keinen Kummer mehr!«
    »Sieh mich an, Hannes, sieh mir in die Augen! – Keinen einzigen Kummer mehr?«
    »Nur glücklich ...«
    »Hannes ... auch von früher nichts?«
    »Was früher war, ist vorbei und vergessen.«
    »Ist es wirklich vergessen?«
    »Wirklich!«
    »Und kommt nicht wieder?«
    »Nicht wieder! – Oh, frag nicht mehr! Ich weiß, du möchtest wissen. Aber ich bin so glücklich. Nur du und ich und dann die weiße Wolke – ach, sie ist schon fort. Eben, als ich dich ansah, ist sie zergangen!«
Ein Wiedersehen
    Sie hatten einen weiten Fußmarsch gemacht, der sie ein Dutzend Kilometer von allen Schönholzens entfernte. Dann hatten sie in einer kleinen Wirtschaft gegessen – aber immer, wenn irgendein behäbiger Berliner hereingekommen war und ein bisschen laut geredet, »angegeben« hatte, wie es nun einmal die Art der Berliner ist, waren sie erschreckt zusammengefahren.
    »O Gott ...«
    »Nein, er ist es nicht.«
    »Ich dachte schon ...«
    »Denke bloß, wenn er uns ›bloßstellen‹ würde!«
    »Vor allen Leuten!«
    »Ins Lokal!«
    Und sie lachten, übermütig, befreit. Der Tag war doppelt so schön, seit Schönholzens ausgestanden waren. Doppelt schön waren jetzt Ruhe, Frieden, Beieinandersein.
    Dann waren sie weitergegangen.
    Allmählich waren sie aus den weniger besuchten Teilen des Forsts in belebtere Gebiete gekommen: auf den breiten Asphaltstraßen rollten in ununterbrochener Kette die Personenwagen, aus Gartenlokalen schmetterte Blasmusik, unter den Bäumen wuchs am häufigsten Stullenpapier. Überall gingen, saßen, schwatzten Leute. Frauen musterten sie mit prüfenden Blicken, ein leicht angeheiterter Kegelklub wollte sie durchaus mitnehmen: »Mächen, wa brauchen doch ’ne Könijin! Det siehste doch in! Det is doch klar, Mächen!«
    »Hier ist es aber gar nicht nett«, klagte sie.
    »Warte, wir sind gleich am Wasser.«
    Und nun standen sie am Wasser, das belebt war von Booten. Kleine Dampfer zogen schnaufend ihre Bahn. In der Ferne, wo der Flusslauf sich weitete, glänzten weiße Segel.
    Unwillkürlich suchte sein Blick das Lokal, in dem er früher manchmal gewesen. Da lag es, mit breiten Terrassen stieg es hinab zum Fluss, bunt leuchteten die bunten Pilze der Sonnenschirme herüber. Der Parkplatz stand voller Autos.
    »Wohin siehst du?«, fragte sie – er schwieg so still.
    »Ach, nichts! – Dorthin, da bin ich früher manchmal gewesen.«
    Einen Augenblick schwiegen sie. Verloren wehten Töne der Streichmusik herüber.
    Dann fragte sie vorsichtig: »Das ist ein sehr feines Lokal, nicht wahr, Hannes? Nur etwas für reiche Leute?«
    »Oh!«, antwortete er und versuchte zu lachen. »Eine Tasse Kaffee oder ein Stück Torte könnten wir dort auch erschwingen. – Aber wir wollen das gar nicht, nicht wahr? Ich denke, wir nehmen uns ein Boot und rudern ein bisschen!«
    »Das ist schön, Hannes«, sagte sie.
    Also stiegen sie in ein Boot, aber erst, als sie ein Stück vom Land entfernt waren und er fragte, nach welcher Seite sie wolle, sagte sie rasch: »Wenn es dir nichts ausmacht, Hannes, rudern wir einmal an dem Lokal vorüber. Es sieht so bunt und festlich aus, ich hätte es gern einmal von nahem gesehen.«
    »Gerne«, sagte er, obwohl es ihm nicht ganz recht war.
    Er sah das Lokal nicht, da er ruderte, saß er mit dem Rücken zum Ziel. Sie aber sah ihm entgegen, sie hielt mit dem Steuer direkt darauf zu. Sie wollte nahe an der letzten Terrasse vorüber, so steuerte sie das Boot dicht am Ufer entlang, an dem Schilfstreifen hin, der sich alle Augenblicke öffnete, für einen

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