Diese alte Sehnsucht Roman
angesehen, den Tommy und er geschrieben hatten. Harve, der ein wenig schwerhörig war, saß neben Griffin und stellte, obwohl seine Frau ihm mehrmals sagte, er solle still sein, andauernd laute Zwischenfragen. Jedes Mal, wenn eine der Figuren einen guten Satz sagte, fragte Harve: »Ist das von dir ?«, als hätte er bis dahin angenommen, dass die Schauspieler sich ihre Texte selbst ausdachten, so wie man von einem Zimmermann erwartete, dass er seinen eigenen Hammer mitbrachte. Griffin antwortete, ja, diese Zeile hätten Tommy oder er geschrieben. »Und was ist mit dem Boot?«, fragte Harve, als im Hintergrund ein Motorboot vorbeifuhr, das einen Wasserskifahrer zog. »Das stand nicht in deinem Buch? Was macht es dann da?« Mit anderen Worten: Wie konnte unabsichtlich ein echtes Boot in etwas auftauchen, das laut Griffin ein reines Fantasiegebilde war?
Seine eigenen Eltern wussten wenigstens, dass Filme Drehbücher brauchten. Leider war die Herstellung dieser Bücher in ihren Augen »kein echtes Schreiben«, ein eigenartiger Standpunkt, wie er fand, für Leute, die selbst nur Akademisches produzierten. Einmal beging er den Fehler, zu erzählen, wie viel Tommy und er für die schnelle Überarbeitung eines Horrorfilms bekommen würden, was Anlass für einen ausführlichen Vortrag über Amerikas Werteverlust war, infolge dessen Krankenschwestern auf der Intensivstation weniger verdienten als ein Supermarktmetzger. Was die Schwestern betraf, gab Griffin ihnen recht, aber darüber hinaus schienen seine Eltern zu finden, die exorbitanten Honorare, die er und Tommy für schlechte Filme kassierten, seien schuld daran, dass Gelehrte für ihre mit Jargon durchsetzten Zeitschriftenbeiträge und in Universitätsverlagen publizierten Bücher angemessen bezahlt wurden. Und das warf die naheliegende Frage Nummer zwei auf: Warum dachte er über Harve und Jill, die wirklich verstehen wollten, wie er sein Geld verdiente, verächtlicher als über die eigenen Eltern, die seines Wissens nicht einen einzigen Film gesehen hatten, an dessen Entstehung er irgendwie beteiligt gewesen war? War stures, auf eine Quasi-Moral gegründetes Desinteresse etwa bewundernswerter als hingerissene Schwerfälligkeit?
Der Große Truro-Traum. So nannte Griffin in den darauf folgenden Jahren scherzhaft die Zukunft, die Joy und er sich in den Flitterwochen ausgedacht hatten. Damals waren sie bis über beide Ohren verliebt und berauscht vom Sex, und es schien, als würden sie in allen Dingen übereinstimmen und den Rest des Lebens damit verbringen, aufgeregt den angefangenen Satz des anderen zu Ende zu sprechen. Nein, es lag nicht nur an Liebe und Sex. Sie hatten tatsächlich übereingestimmt. Sie wollten Kinder – gut, vielleicht nicht sofort, aber irgendwann. Und wenn sie Kinder hatten, brauchten sie natürlich auch ein Haus, und an dem, das Joy sich erträumte, war nichts auszusetzen. Und was machte es schon, dass Griffin selbst überrascht gewesen war, als er versuchsweise gesagt hatte, er wolle seine Talente lieber für würdigere, realere Dinge nutzen? Anfangs hatte es sich vielleicht wie eine Lüge angefühlt, aber je länger er darüber nachdachte, desto mehr fragte er sich, ob diese Lüge nicht letztlich der Ausdruck einer tieferen, unbewussten Wahrheit war. Immerhin hatte er sich unter anderem deshalb auf das Drehbuchschreiben verlegt, weil er seinen Eltern und ihren unerträglichen Ansprüchen eine Nase drehen wollte. Aber was war mit ihm selbst? Was wollte Griffin selbst denn wirklich? Nachdem er Joy gesagt hatte, er wolle eines Tages einen Roman schreiben, hatte er festgestellt, dass das stimmte. Auch ein Umzug zurück an die Ostküste erschien ihm sinnvoll. Warum in L.A. leben, wenn man nicht in der Filmindustrie arbeitete?
Okay, vielleicht hätte er der Große Küste-von-Maine-Traum heißen sollen, und vielleicht hatte Griffin sich zu Beginn ihrer Ehe durch seine überlegenen rhetorischen Fähigkeiten einen Vorteil verschafft, anstatt großzügiger auf Joys Wünsche einzugehen. Gut, der zeitliche Rahmen war immer ein Streitpunkt gewesen, und er musste zugeben, dass Joy überaus geduldig gewesen war. Doch wenn man den ursprünglichen Traum betrachtete, wie er es in letzter Zeit tat, fiel einem auf, dass Joy nicht viel Grund zur Klage hatte. Schließlich hatte sie alles bekommen, was sie gewollt hatte, oder nicht? Sie hatten Laura. Er hatte aufgehört, Drehbücher zu schreiben. Sie waren in den Osten gezogen. Sie hatte ihr Haus bekommen.
Aber
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