Diese glühende Leidenschaft …
nie. Ja, sie erlaubte sich schon seit Jahren nicht mehr, überhaupt an ihn zu denken. Wenn sich einmal ein Gedanke an ihn einschleichen wollte, wehrte sie sich sogleich dagegen. Denn sie hatte längst erkannt, dass sie nur halbwegs normal weiterleben konnte, wenn die Vergangenheit mit Quinn für sie tabu blieb.
All das war Evie jetzt natürlich nicht bewusst, als er vor ihr stand und sie ausfragte. Das Wechselbad ihrer Gefühle versetzte sie in hellen Aufruhr. Sie ahnte, dass nicht nur ihr Herz in Gefahr war, sondern auch die Zukunft ihres Bruders.
Fast flehte sie Quinn an: „Bitte, keine Fragen mehr. Sag mir, was du herausgefunden hast.“
Er musterte sie unentschlossen, aber dann nickte er. „Wie es aussieht, war nur eine einzige Person für den Diebstahl verantwortlich. Das heißt, der Täter hat, wie auch immer, den Code für den Safe geknackt und die Diamanten geraubt.“
Die Angst, die Evie die ganze Zeit zu verdrängen versucht hatte, überwältigte sie schlagartig. Ihr wurde schlecht, und sie musste sich setzen. Schweigend hörte sie Quinn weiter zu. „Die Leute vom FBI glauben, dass der Täter bei der Catering-Firma angeheuert hat, wahrscheinlich schon vor Wochen.“
Er hatte tunlichst vermieden, Corbins Namen zu nennen. Aber Evie wusste schon, wen Quinn meinte. Sie wussten es beide.
„Der Täter war also schon den ganzen Nachmittag bei den Vorbereitungen für das Buffet dabei“, fuhr er fort. „So ist er ja auch ins Gebäude gekommen. Er brauchte aber einen Komplizen, der Bescheid wusste und das Sicherheitssystem für kurze Zeit lahmlegen konnte, damit er selbst in den Wartungsschacht klettern konnte. Von dort aus ist er dann in Derek Messinas Büro gekommen. Am Samstag war ja auf der gesamten Büroetage kein Personal.“
Eigentlich hatte Evie wissen wollen, wieso sich das hochgelobte Sicherheitssystem so einfach überlisten ließ, aber dann schwieg sie lieber. Die Frage hätte Quinn gegenüber vielleicht vorwurfsvoll geklungen, und ihn traf ja wirklich keine Schuld.
„Er muss den Safe schon geöffnet und die Diamanten herausgenommen haben, bevor die Gäste eintrafen“, erklärte er weiter. „Der Wartungsschacht ist schmal und staubig. Aber der Täter hatte alles sorgfältig geplant. Er kehrte erst zu seinen Kellnerkollegen zurück, nachdem er sich gewaschen und umgezogen hatte. Kurz darauf ist er dann im Trubel der ankommenden Gäste untergetaucht, um das Gebäude mit der Beute zu verlassen.“
Evie klammerte sich noch an eine letzte Kleinigkeit. „Aber so ein Wartungsschacht ist sehr eng. Mein Bruder ist groß und kräftig.“
„Das mag sein, er ist aber auch nicht dick.“
Plötzlich sprang sie auf. „Woher willst du das wissen? Du hast Corbin doch seit der Schulzeit nicht mehr gesehen. Er könnte zugenommen haben.“
„Hat er aber nicht.“ Quinn blätterte in dem Ordner, den er bei sich trug, und zeigte ihr ein Schwarz-Weiß-Foto. „Das ist eine Aufnahme der Videokamera im Cateringbereich.“
Obwohl die Qualität schlecht war, erkannte Evie ihren Bruder. Die weiße Kellnerjacke, die er trug, saß sehr locker, und es war deutlich zu sehen, dass er die Schultern nicht ausfüllte.
Danach ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl fallen. „Oh, Corbin, was hast du nur getan?“
Quinn setzte sich neben sie und fasste ihre Hand. „Du hast damit nichts zu tun. Das muss er ganz allein verantworten.“
Es war wie eine Ironie des Schicksals, dass Quinn das jetzt erklärte. Normalerweise war Evie als Sozialarbeiterin diejenige, die so etwas sagte. Wie oft hatte sie Menschen in Schwierigkeiten schon gepredigt, dass sie ihre Entscheidungen selbst getroffen hatten und für ihr Tun verantwortlich waren. Sie konnte ihnen nur Hilfe dabei anbieten, ihre Fehler einzusehen.
Aber hier handelte es sich um Evies kleinen Bruder, den sie stets in Schutz genommen hatte, seit sie fünf Jahre alt war. Sie versuchte, ihn auch jetzt noch zu verteidigen.
„Du hast erwähnt, dass ihm andere Leute geholfen haben müssen. Was ist denn mit denen, die das Sicherheitssystem lahmgelegt und die Kameras ausgeschaltet haben?“
„Was mit denen ist?“
„Sie tragen doch auch Verantwortung, nicht wahr?“, rief Evie aufgebracht. „Wenn du Corbin zuerst findest, könntest du dann nicht mit ihm reden? Du solltest ihn davon überzeugen, dass er sich als Kronzeuge zur Verfügung stellt oder etwas in der Art.“
Quinn schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass das geht.“
„Aber natürlich! Das hört man
Weitere Kostenlose Bücher