Diese Nacht darf niemals enden
einem Blick, den er manchmal auch mir schenkt. Für mich blieb also nur noch ein Rätsel zu lösen: Warum ihr beide nicht zusammen seid. Dieses Rätsel haben Sie, ma chère “, sie sah wieder zu Alexa, „vor knapp drei Stunden für mich gelöst, als Sie von meiner Schwiegertochter sprachen.“ Vorwurfsvoll schaute sie Guy an. „Wie konntest du ihr nur verheimlichen, dass Louisa glücklich mit einem anderen Mann verheiratet ist? Du hättest alle Probleme sofort lösen können.“
„ Maman , so einfach war es nicht“, erwiderte er gepresst.
Madame de Rochemont winkte ab. „Liebe ist immer einfach. Nur die Männer glauben irrtümlicherweise, sie wäre es nicht. Stimmen Sie da nicht zu, ma chère, Alexa?“
„Manchmal können auch Frauen sich irren, Madame – so wie ich.“
„Ich bin sicher, Guy hat Ihnen Grund dazu gegeben. Aber jetzt sehe ich zu meiner großen Erleichterung, dass alle Probleme gelöst sind. Ah …“, ihre Stimme wurde heller, „das nenne ich perfektes Timing.“
Als Guy und Alexa sich umdrehten, um zu sehen, was diesen begeisterten Ausruf ausgelöst hatte, erblasste Guy, und Alexa riss die Augen auf.
Vom Château her näherte sich eine Prozession. Allen voran ging ein Lakai in samtener Uniform, der ein großes silbernes Tablett trug. Darauf standen eine Flasche Champagner in einem Eiskübel aus Silber und drei Kristallflöten. Ihm folgten drei weitere Diener, die Tabletts mit Canapés und Hors d’œuvres trugen. Dieser Vorhut schloss sich das restliche Dienstpersonal an, ein gutes Dutzend Leute in den verschiedensten Uniformen, die einen Tisch und drei Stühle zu der Dreiergruppe brachten. Sobald diese aufgestellt waren, wurde der Champagner entkorkt und die Flöten gefüllt.
Das Personal stellte sich in Reih und Glied auf, alle hielten den Blick diskret geradeaus gerichtet. Doch Guy ahnte, dass sie alle vor Neugier umkamen, schließlich wussten sie, dass sie in Alexa ihre neue Schlossherrin vor sich hatten.
Mit bewunderungswürdiger Haltung bedankte er sich bei allen, und ebenso geordnet, wie es gekommen war, zog das Personal auch wieder ab.
„Entschuldige“, wandte Guy sich sofort an Alexa. Die Verlegenheit über das übertriebene Schauspiel war ihm überdeutlich anzusehen.
„Ich denke, deine Entschuldigung ist völlig unnötig“, meinte seine Mutter erheitert. „Alexa ist mit dem Konzept einer fête champêtre durchaus vertraut. Ich habe ihr bereits meine Schwäche für das Rokoko gestanden, und ich freue mich schon jetzt darauf, all die Gemälde mit ihr zu besprechen, die hier im Schloss hängen. Es ist immer so viel aufschlussreicher, sie mit dem Auge des professionellen Künstlers zu betrachten. Aber das kommt später, vor uns liegen schließlich viele Jahre, in denen Sie der Sammlung eigene Gemälde hinzufügen können. Guy ist viel zu sehr ein Kunstbanause, als dass auf seinen Geschmack Rücksicht genommen werden müsste. Ich habe es auch nie getan.“
Mit diesem liebevollen Kommentar schritt sie voran zum Tisch. „Kommt“, ordnete sie an und ließ sich hoheitsvoll am Kopfende nieder.
Guy hielt Alexa den Stuhl und reichte den beiden Frauen die gefüllten Gläser, bevor er sich selbst setzte. Alexa fühlte sich benommen von dem Glück, das sie erfüllte. Sie meinte, auf einem schillernden Regenbogen direkt ins Paradies gefahren zu sein. Jeder Versuch, sachlich und nüchtern zu denken, scheiterte grandios. Und so tat sie das Einzige, was sie tun konnte – dem Beispiel von Guy und seiner Mutter folgen und ihr Glas anzuheben.
„Auf euch“, brachte Madame de Rochemont den Toast aus, und ihre Augen strahlten voller Herzlichkeit. „Stoßen wir an auf eure Liebe und auf eure lange und glückliche Ehe.“
Alexa und Guy stießen mit ihr an und tranken von dem Champagner, dem die untergehende Sonne die Farbe von geschmolzenem Gold verlieh. So golden wie ihr Glück und die gemeinsame Zukunft, die vor ihnen lag.
EPILOG
„Nicht bewegen. Bleib genau so, wie du jetzt bist.“
Guy lehnte sich gegen den sonnenwarmen Felsen zurück und verharrte vollkommen reglos. Die Anweisung bereitete ihm keine Schwierigkeiten. Nichts auf der Welt konnte ihm mehr Schwierigkeiten bereiten. Entspannt glitt sein Blick über das unglaubliche Alpenpanorama. Manche Gipfel trugen noch eine glitzernde weiße Schneekappe, selbst jetzt im Hochsommer. Die tiefer liegenden Hänge schimmerten in dunklem Grün, die Wälder zogen sich hinunter bis ins Tal.
Hier oben auf den Hügeln wanderten Alexa
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