Diese Sehnsucht in meinem Herzen
ertragen.
„Nate?“ sagte Josey, trat noch einen Schritt auf ihn zu und schlang die Arme um seine Taille. Nate versteifte sich, aber Josey ließ ihn nicht los, drückte ihn nur noch fester an sich. Er atmete ihren Duft nach Zimt und Sommerluft ein, während Josey ihm mit der Hand sanft über den Rücken fuhr, als wollte sie ein kleines Kind beruhigen. Dabei rieben sich ihre Brüste an seinem Oberkörper.
Nate erwiderte die Umarmung nicht, aber er lehnte sich gegen Josey, bloß einen kurzen Moment lang. Einen stillen, süßen Moment lang.
Und dann war es wieder vorbei.
Indem er einen Schritt zurücktrat, löste Nate sich aus ihrer Umarmung. Josey seufzte. „Ich hab dich noch nie so aufgewühlt erlebt, wenn sich die Geschworenen zur Beratung zurückgezogen haben.“
„Ja, aber diesmal“, entgegnete er und gab sich sichtlich Mühe, seine Stimme ruhig zu halten, „diesmal ist es anders. Es ist ganz anders.“
Josey betrachtete ihn lange Zeit, bevor sie wieder etwas sagte. „Ich weiß“, begann sie vorsichtig. „Diesmal geht es um ein Kind.“
Offenbar wartete sie auf eine Antwort. Doch Nate brachte nur ein heiseres Flüstern über die Lippen: „Du hast ja keine Ahnung…“ Dann drehte er sich zur Seite, um seinen leeren Blick gegen die Wand zu richten. Nun konnte ihm Josey nicht mehr in die Augen sehen.
„Nate, du machst dich ja vollkommen fertig, soll das jetzt immer so weitergehen?“ Auf einmal klang ihre Stimme hart, wahrscheinlich vor Angst.
Dann schluckte Josey, und ihre nächsten Worte waren schon etwas sanfter. „Ich weiß ja, dass du das Mädchen beschützen willst, aber es gibt außer dir noch ganz viele Menschen, die ihm helfen werden, jetzt, wo alles raus ist.“ Josey legte Nate die Hand auf die Schulter. „Es ist nicht dein Problem, es geht hier nicht um dich.
Du brauchst unbedingt Abstand.“
„Du klingst schon wie Jeffers“, erwiderte Nate tonlos und wandte sich immer noch nicht zu ihr um.
„Und? Ist das so verkehrt?“
„Nein“, sagte Nate. „Ihr habt ja völlig Recht. Ich wünschte nur…“
In diesem Moment ertönte ein aggressives Klingeln, und Nate fuhr zusammen. Es klingelte noch einmal, dann erst begriff er, dass es das Telefon war. Schnell nahm er den Hörer auf. „Ja?“
Gleich darauf war das Gespräch auch schon wieder vorbei. Nate legte auf und ließ sich auf den nächsten Sessel sinken, Josey setzte sich zu seinen Füßen und tippte ihm mit dem Zeigefinger aufs Knie. „Sind die Geschworenen fertig?“
„Äh… ja“, antwortete er und war in Gedanken schon dabei, seine nächsten Schritte zu planen. „Ich muss mir schnell ein Taxi rufen.“
Erneut griff er nach dem Hörer, und während er seine Adresse durchgab, band Josey ihm den offenen Schnürsenkel wieder zu. „Geh jetzt“, sagte sie bloß. „Und tu, was du tun musst. Du weißt ja, wo du mich finden kannst.“
Sie hatte den letzten Satz noch nicht zu Ende gebracht, da war er schon zur Tür hinaus.
Josey stemmte sich gegen die schwere Tür und hoffte, dass niemand im Gerichtssaal sie bemerken würde. So leise wie möglich stahl sie sich in den Raum und rutschte in die hinterste Bank. Dann ließ sie den Blick durch den überfüllten Saal schweifen, bis ihre Augen schließlich auf einem Anzugrücken ein Stück weiter vorne ruhten. Selbst wenn sie nicht gewusst hätte, dass Nate heute sein dunkelblaues Jackett trug, hätte sie ihn trotzdem sofort an seiner Statur und der aufrechten Haltung erkannt.
Als er losgefahren war, hatte sie ihm zwar angedeutet, dass sie zu Hause sein würde, aber als sie dann die Stufen zu ihrer Wohnung hinaufstieg, hatte sie auf einmal diesen Drang gespürt, bei der Urteilsverkündung dabei zu sein. Gerade weil dieser Fall für Nate offenbar eine ganz besondere Bedeutung hatte.
In diesem Moment kamen die Geschworenen in den Raum. Nate wandte den Kopf, um sie dabei zu beobachten, wie sie ihre Plätze einnahmen, so dass Josey nun sein Profil sah. Und selbst aus dieser Entfernung erkannte sie seine Anspannung. Er sah aus, als ginge es bei dieser Entscheidung um Leben und Tod.
Und als stünde seine eigene Zukunft dabei auf dem Spiel.
„Sind die Geschworenen zu einer Entscheidung gekommen?“ fragte die Richterin.
„Ja, Euer Ehren“, erwiderte die Sprecherin.
Die Richterin stand auf und bückte sich, um den zusammengefalteten Zettel mit dem Urteil an den Protokollführer weiterzureichen, einen dünnen Mann mit Brille.
Der faltete das Papier wieder auseinander,
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