Dieser graue Geist
haben Sie sicher nichts dagegen, wenn ich die Cardassianer in die Brig meines Schiffes verfrachte«, sagte Macet. »Selbstverständlich steht es Lieutenant Ro frei, sie auch dort persönlich überwachen zu lassen, aber ich schätze, die hiesigen Einrichtungen sind mit dieser Anzahl überfordert.«
Kira hielt inne, sah ihn an. Er bemüht sich genauso sehr wie wir. »Ich werde es Lieutenant Ro mitteilen. Lassen Sie uns anfangen, okay?«
Nachdem sie die Ermittlungen in Gang gebracht hatte, ging Ro Quark befragen. Kira half der Sicherheit und den Medizinern so gut sie konnte. Sie brauchten jede helfende Hand, welchen Rang sie auch bekleidete. Außerdem war es erstaunlich, wie schnell ein drohender Blick der Kommandantin einen aufmüpfigen Militärangehörigen zur Kooperation brachte.
Ein fülliger, bewusstloser Cardassianer lag auf einem stöhnenden Schiffskameraden. Kira packte ihn an den Schultern, ein Sicherheitsoffizier nahm seine Beine, und gemeinsam hievten sie den Koloss beiseite, damit Macet den darunter Liegenden in Gewahrsam nehmen konnte.
Wie konnte es nur so weit kommen? , fragte sich Kira. Der Geruch von Schweiß und Blut schlug ihr allmählich auf den Magen. Eine Hand berührte sie an der Schulter, und als sie sich umdrehte, sah sie sich Counselor Matthias und Thriss gegenüber.
Wie Ro und einige andere sah Matthias aus, als sei sie soeben dem Bett entstiegen. Doch im Gegensatz zur barfüßigen Ro trug sie flauschige pinkfarbene Pantoffeln, was kaum eine Verbesserung war. Thriss war dankenswerterweise anständig gekleidet.
»Äh, Colonel«, begann Matthias mit rauer Stimme und unterbrach sich gähnend. »Ich habe zwar nur eine Ausbildung zur Arzthelferin im Kampfeinsatz, aber als ich den Notruf hörte, ahnte ich, dass Sie jede Hilfe gebrauchen können. Nun, hier bin ich.«
»Danke, Commander. Aber warum ist Thriss hier?«
Commander Matthias rieb sich die Augen. »Thriss ist ausgebildete Sanitäterin dritten Grades. Sie bereitet sich gerade auf ihr Studium vor.« Wieder gähnte Phillipa. »Sie arbeitete schon auf Betazed, nach der Befreiung. Situationen wie diese gehörten dort für sie zum Alltag.«
»Ich verbrachte zwei Monate in einem Krankenhaus der dortigen Hauptstadt«, führte Thriss aus und hielt Kira ihr Medikit zur Inspektion hin. Obwohl ihre Ausrüstung nichts zu wünschen übrig ließ, hatte Kira Bedenken.
Matthias schien ihre Skepsis zu bemerken. »Ich bin überzeugt, dass Thriss jede Aufgabe erfüllt, die Dr. Girani ihr überträgt. Hier helfen zu dürfen, kann sich auch positiv auf sie auswirken.«
»Also gut, melden Sie sich bei Girani«, wies Kira beide an. »Und vielen Dank.«
Matthias wartete, bis Thriss außer Hörweite war. Dann sagte sie: »Ich bleibe in ihrer Nähe, Colonel. Sobald ich das Gefühl habe, dass sie gehen sollte, geleite ich sie zu ihrer Unterkunft.«
»Sie wirkt wacher«, bemerkte Kira. »Sogar irgendwie fröhlicher.«
»Sie rechnet damit, beim nächsten Kontakt mit der Defiant auch von Ensign ch’Thane zu hören«, erklärte Matthias. »Sie liebt ihn, vermisst ihn. Nachrichten von ihm beruhigen sie.« Ein Gähnen später ging sie Thriss nach.
Kira war ihr für ihre Mühe dankbar. Sie alle überstanden den momentanen Wahnsinn nur, wenn sie aufeinander achtgaben. Ganz egal, von wo und wem wir abstammen, was wir früher verbrachen oder was uns heute belastet – ob wir gewinnen oder verlieren, liegt ganz allein an uns. Daran müssen wir einfach glauben! Sie sah es doch direkt vor sich: Vertreter diverser Vereinigungen und Spezies arbeiteten zusammen, um jenen zu helfen, die sich ihr Leid selbst eingebrockt hatten.
Irgendwo links von ihr stöhnte ein Cardassianer. Die Beule auf seiner Stirn hatte die Größe einer Jumja -Frucht. Kira ging auf ein Knie, nahm den Trikorder von ihrem Gürtel und scannte seinen Schädel auf Anzeichen einer Gehirnerschütterung. Doch der Mann zuckte vor ihr zurück. In seinen aufgerissenen Augen las sie Furcht und Misstrauen.
»Das wird schon wieder«, sagte sie beruhigend. »Ich hole Ihnen etwas gegen die Schmerzen.«
Ro bahnte sich einen Weg durch das Chaos und erreichte die Konsole an der Wand. Eine Zahleneingabe später hatte sie Zutritt zu Quarks Bar, und die Tür glitt gehorsam zur Seite. Morn saß schon wieder am Tresen, einen Krug in der Hand. Sie nickte ihm zu.
Was für eine Sauerei!
Zersplitterte Gläser und Karaffen, stinkender Käse und Fischsoßen auf den Sitzpolstern, zerknüllte Servietten, umgestürzte Tongo
Weitere Kostenlose Bücher