Dieser graue Geist
Shakaar. Bitten Sie ihn, ins Geschehen einzugreifen.«
Kira schüttelte den Kopf. »Sie wissen nicht, was Sie da sagen.«
Macet stand auf. »Sie sahen selbst, was los ist. Ministerin Asarem interessiert sich nicht für Friedensverhandlungen. Sie will Rache.«
»Woher soll ich wissen, ob der heutige Zwischenfall typisch für die Verhandlungen ist?«, gab sie zurück.
»Lesen Sie die Protokolle«, drängte Macet. »Fragen Sie mich, Lang, irgendjemanden aus unserer Delegation. Mit Sicherheit steht Ihnen auch die bajoranische zur Verfügung, wenn Sie sie bitten. Betrachten Sie die Beweislage. Sind Sie danach noch der Meinung, alle Parteien verhielten sich angemessen – oder wir Cardassianer verfolgten niedere Absichten –, dann tun Sie bitte, was immer Ihnen Ihr Gewissen rät. Von mir aus gehen Sie. Aber falls die Fakten meine Einschätzung bestätigen, bitte ich Sie, unser Anliegen Premierminister Shakaar vorzutragen.«
Kira wälzte den Wunsch in Gedanken hin und her, suchte nach Löchern in Macets Argumentation. Nach etwas, das der gemeinsamen Zukunft Bajors und Cardassias gefährlich werden konnte. Sie fand nichts. »Ich werde mir die Protokolle ansehen. Dann schauen wir weiter.«
»Überzeugte Anhänger Ihrer Propheten glauben, mit jeder Handlung Instrument ihrer Gottheiten zu sein, richtig?«, fragte er.
»Sofern diese zum Wohle Bajors geschehen, ja.«
»Angenommen, ein Friede zwischen unseren Völkern wäre gut für Bajor – glauben Sie nicht, in diesem Fall von den Propheten geleitet zu werden?«
In seinen Augen sah sie eine Integrität, wie sie selbst Dukat nie überzeugend hatte vorspielen können. »Wenn Sie mich so gut kennen, wie Sie behaupten, kennen Sie auch die Antwort auf diese Frage.«
»Darauf verlasse ich mich«, sagte Macet leise.
Im Innern der Ausstellung befand sich kein Sicherheitsbeamter, und das wunderte Kira. Eigentlich hätte sie über seine Abberufung informiert werden müssen, denn das Gelände stand unter ständiger Bewachung. Auch draußen auf der Promenade regte sich nichts. Eine angespannte Stille lag über allem. Ohne Macet eines weiteren Gedankens zu würdigen, trat Kira zur Tür der Galerie, als sie ein plötzlicher Lärm innehalten ließ – eine wütende Kakofonie aus Schreien und Geschepper, brechenden Knochen und zerberstendem Glas.
Eine Traube aus Leibern strömte aus dem Quark’s. Manche hielten Gegenstände aus dem Schankraum in Händen, die sie als Waffen benutzten. Eine Gruppe Cardassianer ging mit Tischbeinen auf mit Flaschen und Stühlen ausgestattete Bajoraner los. Ein verlassener Marktkarren voller Räucherstäbchen, Kristalle und Kerzen fiel um, verteilte seine Ware auf dem Boden und brachte zwei der Kämpfenden zum Stolpern. Sie lagen auf dem Rücken, bevor ihre Fäuste den Gegner berührt hatten. Barhocker flogen durch die Luft, die nach vergossenen Schnäpsen und hopfenhaltigem Erdenbier roch.
Kira berührte ihren Kommunikator. »Kira an Ro.«
»Ich weiß, Colonel. Quark hat mich informiert. Ich bin unterwegs.« Sie klang atemlos. Vermutlich rannte sie gerade aus ihrem Quartier. »Bis wir die Lage im Griff haben, lasse ich die Promenade sperren, ausgenommen für Sicherheits- und Rettungsdienst. Und natürlich für Sie. Mein kompletter Stab ist wieder im Dienst, auch die Krankenstation ist bereits informiert – aber wenn Sie mich fragen, haben wir ein ernstes Problem.«
»Das sehe ich ähnlich. Beeilen Sie sich, Lieutenant. Kira Ende.« Mit gezücktem Phaser näherte sie sich dem Geschehen. Das mussten über sechzig Kämpfende sein! Kira drehte sich um, wollte Macet um Hilfe bitten, doch der Cardassianer war bereits in die Menge gestürmt und zerrte seine Männer von ihren Gegnern fort. Im Meer der Leiber verlor sie ihn schnell aus den Augen. Stattdessen sah sie die unverkennbaren Uniformfarben des bajoranischen Militärs in der Meute – und erkannte voller Wut, dass ihr der Sicherheitsdienst kaum helfen würde, den Tumult zu beenden. Unsere eigenen Leute …
Kira sah sich um und suchte nach einer Position, von der aus sie dem Treiben am Effizientesten ein Ende machen konnte. Sie sah Arme, blutverschmierte Uniformen, grotesk verbogene Gliedmaßen … Wo zum Donnerwetter blieb Dr. Tarses mit seinen Medizinern? Doch dann erkannte sie ihn. Simon behandelte bereits einen verwundeten Cardassianer und wurde nun seinerseits von einem erzürnten Bajoraner angegriffen. Der Mann schlug auf ihn ein, bis Sergeant Shul auftauchte und ihm Handschellen anlegte.
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