Dieser graue Geist
der Dax, die die Mechanismen des Geistes studiert hatte. Der Dax, der es nun oblag, diese Situation zu retten. Nicht Curzon. Nicht Lela. Nicht Jadzia. Ezri.
Sie atmete tief ein, ließ sich von ihren Atemzügen stützen, dehnte die Nackenmuskeln. Wie war das noch im Unterricht über Krisenmanagement gewesen? Stellen Sie einen Kontakt zwischen sich und dem Täter her. Konzentrieren Sie sich auf die Bedürfnisse des Täters. Nun, die Zeit, die sie mit Jeshoh verbracht hatte, mochte sich tatsächlich als Vorteil erweisen. Verantwortung, Loyalität, Integrität – das treibt ihn an. Appelliere an diesen Teil von ihm.
Ezri erhob sich. »Ich weiß, was Sie fürchten. Dass wir nicht rechtzeitig am Treffpunkt ankommen. Trotzdem sollten wir uns vielleicht eine kleine Auszeit gönnen, etwas essen. Es ist spät, und wir haben das Buffet in Perian verpasst. Haben Sie nicht auch Hunger?«
Er wandte sich an Keren. »Bist du hungrig? Lieutenant Dax könnte dir etwas bringen.«
»Durstig«, antwortete sie. »Etwas zu trinken.«
Er sorgt sich mehr um ihr Wohl als um sein eigenes. Da muss ich ansetzen. »Wasser, Keren? Fruchtsaft?«
»Wasser reicht völlig«, sagte sie.
»Shar, übernehmen Sie das Steuer.« Ezri ging, replizierte Kerens Getränk und reichte es ihr. »Sie sehen müde aus. Setzen Sie sich doch auf den Sessel des Kopiloten.« Sie hielt inne. »Falls Sie nichts dagegen haben, Jeshoh.«
Er nickte, das Gesicht ein Bild der Fürsorge.
Ezri nahm Kerens alten Platz ein. »Und Sie sind sicher, dass Sie nichts möchten, Jeshoh?«
»Sorgen Sie einfach dafür, dass Ensign ch’Thane uns zum Treffpunkt befördert«, antwortete er. Ihre Gesprächsversuche schienen an ihm abzuprallen.
Doch Ezri gab nicht auf. »Keren ist erschöpft«, flüsterte sie so leise, dass nur er sie hören konnte. »Der Tag hat sie ganz schön geschafft.«
»Er wird bald zu Ende sein.«
Zeit, ihn an seinem Plan zweifeln zu lassen. »Darauf würde ich nicht wetten. Sie kennen Verhandlungen so gut wie ich, Vizerat. Die können sich ewig hinziehen.« Sie zuckte mit den Achseln und sah zu ihm. Jeshoh schien zuzuhören. »Oder Ihr Kontaktmann entscheidet sich in letzter Minute um. Vielleicht, weil die Cheka plötzlich mehr verlangen. Und die Frage, wie wir zurück nach Vanìmel kommen sollen, ist noch immer unbeantwortet. Unter Umständen steht uns eine lange Flucht bevor.«
»Wir schaffen das schon«, sagte er trotzig. Seine Finger spielten mit der Waffe.
»Wenn Sie fliehen müssen, gelangen die Cheka-Waffen nie zum Untergrund.«
Jeshoh zögerte. »Wir werden einen Weg finden.«
»Und Keren? Hat sie es etwa verdient, nie nach Vanìmel zurückkehren zu dürfen?«
»Wir wären frei. Zusammen.«
»Und für wie lange? Bis mein Kommandant und die Defiant zu Ihnen aufschließen? Bis die Sagan in eine Netzfalle der Cheka gerät? Bis das yrythnysche Militär Sie aufspürt?«
»Sobald wir fertig sind, setze ich Sie und Shar irgendwo ab, wo Ihr Kommandant Sie findet.«
Ezri sah zu Keren. Die Frau war leichenblass und stützte das Kinn in die Hände. Er muss doch sehen, welchen Preis sein Handeln von ihr verlangt. »Oh, um mich mache ich mir keine Sorgen. Shar geht es ganz ähnlich. Aber was wird aus Keren? Schauen Sie nur, was diese Situation ihr abverlangt. Der ganze Stress … Obwohl sie doch bald in den fruchtbaren Zyklus kommt.«
»Es wird weitere geben. Wenn alles nach Plan verläuft, gehen Keren und ich im nächsten Jahr gemeinsam in die Wasser – und zwar nicht im Verborgenen.«
»Vorausgesetzt, Sie leben so lange«, murmelte Ezri.
»Wie bitte?«
»Nichts, nichts.« Sie schaute auf die Steuerkonsole und fragte sich, wie viel Zeit ihr für einen Alternativplan blieb. Falls sie Jeshoh nicht überzeugen konnte, würde sie Gewalt anwenden. Bei gleichbleibendem Kurs und konstanter Geschwindigkeit hatte sie vermutlich noch zehn Minuten, bis ein Eingreifen unumgänglich wurde.
»Sprechen Sie«, drängte Jeshoh.
Na, wenigstens hört er zu. »Die Chancen, dass Keren dieses Abenteuer, zu dem Sie sie zwingen, überlebt, stehen schlecht. Die Sagan wird nicht ewig fliegen, sie braucht Energie. Ohne Energie fallen die Replikatoren aus, die Lebenserhaltung … Das Leben auf der Flucht, das Sie für Keren gewählt haben, birgt Entbehrungen. Aber Sie werden es schon irgendwie meistern, richtig?« Sie hob die Schultern und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
Für einen langen Augenblick sah er sie schweigend an. Dann stand er auf und trat zu Shar, hielt
Weitere Kostenlose Bücher