Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
Vom Netzwerk:
sie. Fürchtete sie. Doch wenn es um Shar ging, fanden sie vermutlich nie einen Kompromiss. Charivretha akzeptierte Thriss, weil diese genetisch zu Shar passte, aber sie machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie Anichent bevorzugte, Dizhei bewunderte. Die bedingungslose Unterstützung, die Thriss Shar bei all seinen Entscheidungen schenkte, war Charivretha ein Dorn im Auge. Insbesondere, wenn diese dem entgegenliefen, was sie als Shars Prioritäten betrachtete. Für Charivretha definierte sich das Leben über die Pflicht. Über Pflicht und Verpflichtung. Thriss hatte sich geweigert, ihren Einfluss auf Shar zu nutzen, um ihn zum Gehorsam gegenüber Charivrethas Wünschen zu drängen, und seitdem wuchsen die Mauern zwischen ihr und ihrer Zhadi . Aber das kümmerte Thriss nicht. Sie liebte Shar zu sehr, um ihn unglücklich sehen zu können, auch wenn sie dafür ihr eigenes Glück opfern musste. Und sie neigte ohnehin dazu, nicht zu tun, was man von ihr verlangte.
    Charivretha dahingegen war darauf spezialisiert, anderen Anweisungen zu geben. Sie hatte es zu ihrem Beruf gemacht. »Persönliche Logbücher sind passwortgeschützt.« Charivretha packte Thriss am Kinn und hob ihren Kopf, als wäre sie ein Kind.
    »Ich kenne seine Passwörter«, sagte Thriss. Sie hielt ihrem Blick stand, zauderte nicht.
    »Du hast seine Passwörter gestohlen«, warf Anichent anklagend ein.
    Dizhei legte ihm die Hand um die Hüfte, wollte ihn beruhigen.
    »Ich stehle nicht, Anichent«, blaffte Thriss zurück und entriss sich Charivrethas Griff. »Ich weiß einfach viel über Shar. Seit er fünfzehn war, benutzt er dasselbe Passwort für seine privaten Dateien. Würde er nicht wollen, dass ich sie öffne, hätte er es geändert. Da dem nicht so ist, kann ich tun, was immer ich will. Mit seinem Segen.« Thriss stritt sich ungern mit Anichent, wusste sie doch, wie sehr Shar ihn mochte. Auch das war ein Weg, ihre Liebe für Shar zu beweisen. Leider entsprachen genetische Übereinstimmungen nicht immer charakterlichen. Konnten sich zwei Wesen überhaupt weniger ähneln, als sie und Anichent es taten? Sie waren wie Feuer und Eis.
    Die Antennen auf seinem Kopf zuckten, und seine Augen wurden dunkler. »Du benimmst dich, als hättest nur du seinen Segen, nicht Dizhei und ich. Wer sagt, dass ich Shars Passwort nicht ebenfalls kenne?«
    Warum sucht er nur immer Streit? »Sieh dir die Aufzeichnungen an. Mir ist es egal.«
    »Ich respektiere meinen ch’te zu sehr, um ihm das Recht auf private Gedanken zu rauben«, gab Anichent zurück.
    Sie fuhr sich durchs Haar. »Oder fürchtest du, diese Gedanken drehen sich nicht um dich?«
    Charivretha hieß ihnen beiden, zu schweigen, und schickte Anichent kurzerhand nach nebenan, wo er die aktuelle Speisekarte des Quark’s prüfen sollte. Thriss entsprach ihrem Wunsch nach Frieden gern. Ein Streit mehr, und ihr Tag würde mit Kopfschmerzen enden. Dabei sehnte sie sich so sehr nach erholsamem Schlaf. Sie trat zum Bett und ließ sich darauffallen. Dizhei strich ihr übers Haar, massierte ihr die Schultern.
    Charivretha jedoch nahm ihren Platz vor der Konsole ein, schaltete Shars Logbucheinträge ab und begann, ihre Abendpläne zu beschreiben.
    Thriss verkniff sich eine Beschwerde. Charivretha meinte es gut, doch sie neigte dazu, Dinge reparieren zu wollen, die sich mit der Zeit auch von selbst einrenkten. Der Gedanke an einen Abend in gespielter Freude … Nur damit Anichent und Dizhei keinen Grund mehr hatten, unzufrieden mit ihr, Thriss, zu sein … Vor allem Anichent! »Ich muss Bewerbungen schreiben«, nannte sie die erstbeste Entschuldigung, die ihr einfiel. »Und du weißt, was ich von Holo-suiten halte.«
    Bevor Charivretha reagieren konnte, legte Dizhei sanft den Kopf in Thriss’ Schoß, ergriff ihre Hand und streichelte den Handrücken mit dem Daumen.
    Na klar, Schuldgefühle funktionieren natürlich auch , dachte Thriss.
    »Wir könnten den Palast von Zhevaza besuchen oder Sagenfiguren spielen«, schlug Dizhei vor. »Du fechtest doch gerne. Oder wir gehen an deinen Lieblingsort. Du liebst Casperia Prime. Du hast mir selbst gesagt, die Zeit, die du dort mit Shar beim Klettern verbrachtest, sei seit Jahren dein schönster Urlaub gewesen!«
    Es ergab sich gelegentlich, dass sich nur zwei oder drei Bündnispartner gemeinsam aufmachten. Thriss und Shar waren einmal zusammen verreist – in der Zeit zwischen seinem Akademieabschluss und seinem Kriegseinsatz. Thriss hegte die Erinnerung daran. Sie gehörte nur

Weitere Kostenlose Bücher