Dieser graue Geist
verstrichen, in denen der Führungsstab seinen schlafenden Captain einfach nur beobachtete. Dann wisperte Meltoh, der Erste Offizier: »Das ist der Moment, in dem wir gehen. Sie zuerst, Commander.«
Schnell begab sich Vaughn zum Ausgang. Mit einem Mal freute er sich auf repliziertes Essen und sein Kissenlager auf dem Fußboden – ohne Kopfmasseurin.
»Ein Kissen ist ein Bett«, beharrte Tenmei.
Julian betrachtete sie skeptisch und beschloss, dass sie es ernst meinte. »In Ordnung. Dann werfe ich mal einen Blick drauf und schätze seinen Wert.«
Ohne aufzustehen, griff sie hinter sich und nahm das Kissen, das am Fußende ihres Schlafsacks lag. »Können Sie in unserer aktuellen Lage tatsächlich den Preis eines fremden Kissens beurteilen?«, fragte sie und warf es ihm zu. »Und überhaupt: Wenn Cassini seine Pantoffeln verwetten kann …«
»Die sind selbstheizend!«, protestierte Cassini. Er lag im Schlafsack eine Reihe unter und zwei Spalten neben Tenmei – wohin er sich aufgrund seiner eklatanten Niederlage in der letzten Runde hatte zurückziehen müssen.
»… darf ich auch mein Kissen einsetzen«, beendete Tenmei ihren Satz.
Da Kommerzexperte Nog anderweitig gebraucht wurde, war es an Julian, den Einsätzen der Besatzungsmitglieder einen Wert zuzuschreiben. Obwohl auch er Poker mochte – die ganzen statistischen Wahrscheinlichkeiten und Strategien machten das Spiel sehr unterhaltsam –, ließen ihn seine Begleiter nicht mitspielen. Es sei unmöglich, ihn zu besiegen, fanden sie, und niemand von ihnen wollte ihn immer gewinnen sehen. Entweder teilte er aus, oder er sah nur zu. »Nehmen Sie’s, oder lassen Sie’s«, hatte Tenmei ihm gesagt.
Das war unfair. Immerhin war es keine Absicht, dass Julian jeden Wettbewerb gewann, an dem er teilnahm – es geschah einfach. Während der ersten Woche im Gamma-Quadranten hatte der Maschinenraum einen Casino-Abend in der Messe abgehalten. Julian gewann jedes Spiel, das kein reines Glücksspiel war. Seitdem galt es als ungeschriebenes Gesetz, den genetisch aufgewerteten Mediziner entweder mit besonderen Auflagen zu bedenken oder ganz aus dem Spiel zu nehmen. Niemand hatte etwas gegen seine Fähigkeiten, aber es wollte auch niemand gegen ihn antreten. Deshalb gab er in diesem Pokerturnier das Haus. Er saß im Schneidersitz auf dem Boden zwischen Chao und Lankford, die, wie ihm die Blicke in ihre Blätter verraten hatten, sich Gordimer sehr bald in der Loser-Lounge anschließen würden. Chao mochte Tenmeis Bluff noch durchschauen – Prynn hatte unmöglich mehr als einen Drilling auf der Hand –, aber er bezweifelte es.
Auf der Defiant setzten die Besatzungsmitglieder meist, was immer sie bei sich hatten und nicht in der Replikatordatenbank fanden. Einmal hatte Ezri ihn sogar gebeten, ihr Kukalaka zu leihen, so sicher war sie sich gewesen, nachdem sie ihre letzte Tüte Jumja -Kaubonbons an Bowers hatte abtreten müssen. Aufgrund des aktuellen Mangels an Privatbesitz mussten sie sogar noch kreativer sein.
Gordimer hatte seinen Schlafplatz – den dunkelsten, abgelegen-sten im ganzen Raum – als Einsatz gewählt und Bashir hatte schon allein dafür ins Spiel einsteigen wollen. Chao setzte ein Gerät, das den REM-Schlaf intensivierende Frequenzwellen absonderte. Nach einer verlorenen Runde hatte Rahim Leishmans Süßwarenvorrat geplündert und argumentiert, Nog lasse seinen Ingenieuren ohnehin keine Zeit, diesen in ihren Pausen zu verspeisen. Tenmei selbst setzte ein seidenes Nachthemd, auf das Chao und Lankford scharf waren. Bowers, Sieger der vorherigen Runde, besaß momentan den besten Schlafplatz, das REM-Gerät, Leishmans Knabbereien und Prynns Nachthemd. Falls Julian ihr Kissen nicht akzeptierte, war Tenmei aus dem Spiel.
Also drückte und streichelte er es, wog es im Schoß und hob es schnüffelnd zur Nase. »Ah, Lavendel. Sehr schön.«
»Danke, Doktor«, sagte Prynn hoffnungsvoll.
Niemand unterstellte ihr, dass ihr Status als Vaughns Tochter ihr eine Sonderbehandlung einbrächte. Sie ahnten wohl, dass Julian jeden für eine derartige Bemerkung zu niederen Krankenpflegerdiensten verdonnern würde.
»In Ordnung«, sagte Bashir und drückte das Kissen erneut. »Das Haus akzeptiert Ensign Tenmeis Kissen als Raise . Lieutenant Bowers?«
»Ich steige aus.« Seufzend warf Bowers seine Karten von sich.
Tenmei kicherte zufrieden und nahm sich ihren Gewinn. Cassini kroch aus seinem Schlafsack, nahm sich ihr Blatt und warf einen Blick darauf. »Zwei Pärchen?
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