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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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vor dem Haus Soid an Land geht, warum schicken Sie es nicht nach Fnoral zurück?«
    Jeshoh hatte sie angeschaut, als sei ihr ein zweiter Kopf gewachsen. »Weil etwas mit ihnen nicht stimmt, wenn sie nicht von selbst ihre Heimat finden. Zeugt es nicht von Mitgefühl, dass die Häuser auch jene annehmen, die nicht die ihren sind, anstatt sie zurück ins Meer zu werfen oder zu töten? Vor tausend Jahren war genau dies nämlich noch üblich. Die Häuser erschlugen jedes Jungwesen, das nicht zu ihnen gehörte. Seitdem sind wir einen langen Weg gegangen, Lieutenant.«
    Wirklich? Nun, während sie dem Yrythny-Diener beim Beseitigen der Essensreste in einen Recycler zusah, kam Ezri nicht umhin, Je-shohs Einschätzung dieses Weges infrage zu stellen.
    Keren gab keinerlei Auskunft über ihr Ziel. Sie passierten die Universität, das Zentrum für Gesundheitswissenschaften und das Aquaria, bevor sie an einem nahezu verlassenen Bürokomplex ankamen. Namensschilder der Mieter suchte Shar vergebens. Selbst das unscheinbare Foyer – beigefarbene Sitzmöbel, blassgrüne Teppiche und weiße Vasen voller Blumen – ließ nicht auf die Ausrichtung der hier ansässigen Unternehmen schließen. Eine fleckenhäutige Yrythny kam ihnen grüßend entgegen und ergriff Keren bei den Ellbogen. »Herein, Abgeordnete, herein. Welche Freude, Sie zu sehen. Ihre Anwesenheit ist uns ein Segen.«
    »Mresen.« Keren nickte gönnerhaft und ergriff ihrerseits die Arme ihrer Gastgeberin. Dann deutete sie auf Shar. »Mein Begleiter, Ensign Thirishar ch’Thane.«
    Shar begrüßte Mresen auf traditionelle Art. Ihr mit Juwelen verzierter Rock und die mehrfarbigen Zöpfe wiesen sie als hochrangige Hausstämmige aus. Kommt selten vor, dass Hausstämmige eine der Wanderer so höflich behandeln , dachte Shar überrascht, selbst unter Kerens Kollegen. Ein Blick in Kerens Gesicht verriet ihm, dass sie seine Verwirrung erwartet hatte.
    »Kann ich Ihnen ein Getränk anbieten? Setzen Sie sich bitte.« Mresen eilte zu einem Schrank und entnahm ihm ein Tablett. Auf ein Schnalzen ihrer Zunge hin erschien ein schlanker, noch edler gekleideter Yrythny mit Körben voller Saatkeksen und Pollenaufstrich. Mresen goss nach Koriander duftendes Wasser in die Fingerschalen, als Keren sie stoppte.
    »Ensign ch’Thane ist hier, um unsere Verlorenen zu besuchen«, sagte sie und biss in einen Keks.
    Mresen stieß die Zunge an die Zähne. Die Hautlappen unter ihrem Kinn wogten, wodurch es so aussah, als wollte sie sich entschuldigen. »Selbstverständlich. Sie kennen den Weg ja.« Abermals ergriff sie Kerens Arm. »Danke, Abgeordnete. Für die Ehre, die Sie uns erweisen.«
    »Sie ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte Keren und verneigte sich.
    Sobald sie Mresen verlassen hatten, platzte es aus Shar heraus. »Sie ist hausstämmig!«
    »Das ist sie. Aus dem Haus Soid, genau gesagt. Ihr Gehilfe entstammt dem Haus Yclen.«
    »Und doch …«
    »Es gibt Dinge im Leben eines Yrythny, in denen sogar Hausstämmige und Wanderer übereinstimmen. Da wären wir also …« Eine Tür glitt zischend auf und gab den Blick auf ein Arboretum frei, an dessen Wänden Wasser über Fischtreppen spülte. Shar und Keren erklommen eine mit Teppich ausgelegte Rampe und erreichten eine vom Boden bis zur Decke reichende Fensterfront. Davor saßen Kranke in schwebenden Stühlen und sahen auf Vanìmel hinunter. Shar konnte auch Biobetten ausmachen, alle belegt. Pflegekräfte huschten geschäftig umher, trugen Tabletts voller Medizin und Nahrung. Keren sah in die Gesichter der Kranken, als suche sie jemanden.
    »Witan!«, rief sie schließlich und rieb ihre Wange am ausdünnenden Haupthaar eines Yrythny. Danach setzte sie sich neben ihn, als wollte auch sie die Aussicht genießen. »Gibt’s heute Stürme am Archipel?«
    Die bettlägerige, krumme Gestalt drehte den Kopf zu ihr und murmelte etwas Unverständliches. Ihr locker sitzendes Patientengewand verbarg den Knochenstumpf nicht, der sich dort befand, wo eigentlich ihr Arm sein sollte. Witans Beine lagen reglos auf der Matratze. Überall im Raum sah Shar ähnlich zugerichtete Yrythny auf Sesseln und in Betten. Manchen fehlten ein Arm oder Bein, andere lagen in Biobetten und wurden von Sensoren und Maschinen am Leben erhalten. Soweit er wusste, entsprach die Technik der Yrythny noch nicht dem Standard innerhalb der Föderation. Dennoch wunderte ihn, warum niemand die Leiden dieser Personen operativ linderte. Ein VISOR, der Daten an optische Nerven weitergab,

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