Dieser graue Geist
Begegnung von Bajoranern und Cardassianern auf gleicher Augenhöhe. Sie wollte nicht davon ablenken, und für viele Bajoraner – daran bestand kein Zweifel – war sie eine Ablenkung.
Wie sie wusste, hatte Shakaar Vizepremierministerin Asarem instruiert, sich im Nachhall dieses Empfangs mit den Cardassianern zu befassen, während er selbst weiter an den Gesprächen mit der Föderation teilnahm. Und obwohl sie sich bereits begegnet waren, kannte Kira Asarem hauptsächlich über ihren Ruf. Sie galt als harte Verhandlungspartnerin und verdankte ihre aktuelle Position ihrer kompromisslosen Einstellung gegenüber allen Themen mit Cardassianerbezug. In Shakaars Koalition stand ihre Partei für die Ansichten der älteren Bajoraner, die die Besatzungszeit noch kannten und zur Vorsicht mahnten. Gerüchten zufolge hatte Asarem im Stillen gegen Kiras Mitarbeit an Damars Widerstandsbemühungen zum Kriegsende protestiert. Asarems Meinung nach, sollte eine Bajoranerin von Kiras Stand die Cardassianer nicht beraten – ungeachtet dessen, dass dadurch das cardassianische Militär vom Würgegriff des Dominion befreit wurde. Denn im Falle auftretender Komplikationen wäre es ein Leichtes, diese Bajor anzulasten und den gerade erst geschlossenen Frieden zwischen beiden Völkern mittels Schuldzuweisungen zu gefährden.
Kira hatte Gul Macet seit seinem Besuch auf der Ops nicht gesehen und vermutet, er gehe Botschafterin Lang zur Hand. Seit er um Redezeit auf dem Empfang gebeten hatte, dachte sie besorgt daran, was er oder Lang wohl vorhatten. Vermutlich wird es nichts Schlimmeres als eine Nachricht von Alon Ghemor oder die Übergabe einer Plakette zu Ehren dieses »historischen Ereignisses« sein. Trotzdem blieb sie nervös. Bei Cardassianern konnte sie nicht anders.
Nein , verbesserte sie sich. Bei Macet kann ich nicht anders.
Gemurmel im Korridor signalisierte die Ankunft der ersten Gäste. Shakaars Stimme erhob sich über die Hintergrundgeräusche. Der Premierminister würde heute den Gastgeber spielen, entsprechend froh war Kira über sein pünktliches Eintreffen. Ihr lag nichts daran, seinen Posten füllen und seine Abwesenheit mit Small Talk überspielen zu müssen. Da Enkar den Premierminister begleitete und den Ablaufplan des Abends kannte, durfte Kira verschwinden, bis sie benötigt wurde. Der Saal war fertig, doch sie selbst hatte noch ein paar Posten auf der Liste, bevor ihr Arbeitstag ebenfalls abgehakt werden konnte. Unauffällig begab sie sich hinter den Vorhang des Bedienstetenlifts und berührte ihren Kommunikator. »Kira an Ensign Beyer.«
»Sprechen Sie, Colonel.«
»Melden Sie sich in der Empfangshalle, Ensign«, flüsterte sie. »Die Gäste treffen ein, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich mit ihnen anstellen soll.« Hoffentlich blieb sie noch ein paar Minuten ungestört.
»Bin unterwegs, Sir. Ich half Quark gerade bei einem Replikatorproblem …«
»Nerys! Warum versteckst du dich denn bloß?«
Überrascht trat sie zur Seite und lugte hinter dem Vorhang hervor. Shakaar war direkt vor ihr, die Arme ausgebreitet und ein überschwängliches Grinsen im Gesicht. So viel zum Thema ungestört.
»Komm raus«, fuhr er jovial fort. »Ich will dich einigen Personen vorstellen. Misch dich unters Volk. Dies ist auch dein Abend. Er gehört ganz Bajor!«
Damit drängte er sie an Enkar vorbei und zu einer attraktiven Dunkelhäutigen, die Kira aus den Nachrichten kannte.
»Vizepremierministerin Asarem, Sie erinnern sich sicher an Colonel Kira, Ihren Militärkontakt hier auf der Station? Ich weiß, dass Sie sich bereits begegnet sind, aber hier und heute arbeiten Sie erstmals zusammen. Sollten Sie in der Stimmung dazu sein: Kira ist eine Meisterin im Springball.«
Ministerin Asarem nickte höflich. Kira erwiderte die Geste. Dann sah sie zu den anderen Gästen. Musste sie noch jemanden begrüßen? Waren alte Freunde angekommen? Hinter Shakaar unterhielt sich ein Prylar, den sie als Yevirs Protegé kannte, mit einem der Handelsminister. Als hätte er ihren Blick gespürt, drehte er sich plötzlich um, sah zu ihr und runzelte die Stirn. Sofort wanderte sein Blick weiter, und er wandte ihr den Rücken zu.
In den ersten Tagen nach Yevirs Urteil hatte Kira noch geglaubt, sich nach und nach an die Folgen ihrer Befleckung gewöhnen zu können. Sie war schließlich gläubig und verstand das Verhalten ihres Volkes. Sie konnte ihm nicht übelnehmen, dass er den Anweisungen seiner religiösen Führer folgte. Doch jeder
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