Dieser graue Geist
doch, kann selbst Ratsmitglied zh’Thane Ihre Abschiebung nicht mehr verhindern.«
Weniger als einen Meter voneinander entfernt standen sie sich gegenüber, von Angesicht zu Angesicht. Vergebens suchte Ro in den Zügen der Andorianerin nach Spuren des Zorns, dessen Zeugin sie in der Bar geworden war. Thriss wirkte reumütig, zumindest für den Moment. Aber was, wenn die Einsamkeit sie später überwältigte oder zh’Thane etwas Falsches sagte? Was dann?
»Wie kann ich Sie nur überzeugen?«, flehte Thriss. »Reicht Ihnen die Gewissheit nicht, dass es mich fast auffrisst, zu wissen, dass ich Anichent verletzt habe? Ich verspreche, mich fortan zusammenzureißen, mich in der Öffentlichkeit zu benehmen. Und falls ich dieses Versprechen breche, ergebe ich mich freiwillig in Ihre Obhut und lasse mich nach Andor deportieren. Reicht das nicht?«
»Schon. Falls ich Ihren Versprechungen glauben würde.«
»Nur fürs Protokoll, Lieutenant: Ich bin ebenfalls der Ansicht, Sie können sie gehen lassen.«
Zwei Köpfe drehten sich gleichzeitig um, als die neue Stimme erklang. Wie lang Commander Matthias bereits in der Ecke stand und zuhörte, vermochte Ro nicht einmal zu erahnen. Ich muss ganz schön konzentriert gewesen sein, wenn mir schon eine aufgleitende Tür entgeht … Ihretwegen konnte Matthias die beunruhigende Unterhaltung ruhig gehört haben, die Thriss angeleiert hatte. Schließlich belegte sie Thriss’ inneres Ungleichgewicht aufs Deutlichste. Doch in Matthias’ ausdruckslosem Gesicht fand sich kein Hinweis darauf, was der Counselor dachte. So verschlossen Matthias schien, so offen war Thriss. Bei den Worten ihrer Therapeutin hatte die Andorianerin sich sichtlich entspannt und so tief durchgeatmet wie ein Taucher, der an die Wasseroberfläche kam. Zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs zuckten ihre Antennen nicht länger.
»Nur zu, deaktivieren Sie das Kraftfeld«, sagte Matthias.
Was? Ro fragte sich, was sie damit zu erreichen glaubte. Doch von dem Counselor kam nur das übliche Alles-wird-gut-Nicken.
Sobald das Feld verblasst war, betrat Matthias die Zelle und trat zu Thriss, die sich nicht von der Stelle rührte. So weit, so gut , befand Ro.
Die Therapeutin redete ruhig auf Thriss ein, doch Ro verstand kaum ein Wort, bis Matthias die Andorianerin aufforderte, ihr Gefängnis zu verlassen. Thriss gehorchte, und mit ihr in der Mitte zogen die drei Frauen ins Hauptbüro weiter.
Matthias wartete, bis die anderen Platz genommen hatten. Dann wandte sie sich an Ro. »Thriss ist sich bewusst, dass sie in Ihre Obhut zurückkehrt, sobald es Anzeichen für ein Problem gibt, ihr Verhalten ihren Partnern oder Ratsmitglied zh’Thane Sorgen bereitet oder ein Eingreifen der Stationssicherheit aus anderen Gründen nötig wird. Ab morgen wird sie sich täglich mit mir treffen, bis ich der Ansicht bin, dass wir die Probleme, die zum Ausbruch im Quark’s führten, bereinigt haben. Sind Ihnen beiden diese Bedingungen recht?«
Thriss und Ro sahen sich kurz an, dann bejahte Ro. Thriss senkte den Blick; ihre Antennen bogen sich leicht nach unten. Doch sie nickte.
»Ich habe mir erlaubt, Dizhei zu kontaktieren, Lieutenant Ro. Sie sollte bald hier sein.«
»Wie …«, brachte Thriss hervor, »wie geht es Anichent?«
Matthias berührte sie am Knie. »Dr. Tarses hat ihn heute Morgen entlassen«, antwortete sie sanft. »Ihm geht’s gut. Er würde Dizhei begleiten, wenn er nicht so erschöpft wäre.«
Tränen rannen über Thriss’ Antlitz. »Ich muss … es irgendwie wiedergutmachen. Was ich getan habe, ist furchtbar …« Sie beugte sich vor, vergrub das Gesicht in den Händen.
Ro sah durchs Türfenster und fand Dizhei. Sie kam gerade über den Zugang vom Habitatring auf die Promenade.
Nervös umklammerte Thriss die Falten ihres Kleides und tippte mit dem Fuß auf. »Kann ich ein Glas Saft haben?«, bat sie leise.
Während Ro zum Replikator ging, beugte sich Matthias vor und legte die Hand auf Thriss’ Sitz. »Ich habe mit ihnen gesprochen«, sagte sie ruhig. »Es geht ihnen gut, und sie lieben Sie. Thriss?«
»Ich liebe sie auch, aber …«
Bevor sie den Satz beenden konnte, trat Dizhei ein. Obwohl sie höflich grüßte, konnten ihre guten Manieren die angespannten Antennen und das schwache Lächeln nicht verbergen. Seit dem gestrigen Abend war sie auffällig blass geworden.
Ro reichte Thriss den Saft, den diese gierig trank; sie wirkte erleichtert, ihren Händen eine Beschäftigung geben zu können. »Thriss
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