Dieser Mann ist leider tot
Fußgänger, und die Fahrer der Korridorwagen mußten sich vorsehen, damit sie die Fußgänger nicht auf die Hörner nahmen oder niederwalzten. Aus diesem und mindestens einem weiteren Grund bremste er.
»Los, fahr schon vorbei!« sagte Griegs.
»Ich habe Angst, daß ich ihn anfahre.«
»Na, das wäre aber auch wirklich Pech für ihn, nicht wahr?« Griegs saß auf der Seite des Tunnels, auf der Bischof Marlin stand, und als Tyler zurückblickte, sah er, daß der Präsident den übergewichtigen Geistlichen mit mildem Unwillen beäugte. Davon abgesehen saß Nixon ungerührt da, die Knie zusammengedrückt, die verschränkten Hände auf die Knie gelegt. Arglos – aber in ihm glomm Ärger über jeden, der ihnen allzu auffällig in die Quere kam …
Auch Griegs erkannte den Bischof. Als Tyler das Wägelchen an dem Priester vorbeibugsierte, so daß dieser dem Agenten auf dem Rücksitz buchstäblich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, fragte Griegs: »Was, zum Teufel, suchen Sie denn hier unten, Allergnädigste Ehrwürden?«
Ohne Vorwarnung packte Seine Allergnädigste Ehrwürden Griegs bei den Jackenaufschlägen, trat einen Schritt beiseite und zog mit aller Kraft herüber, so daß der Agent mit der Stirn gegen die Wand schlug. Griegs erschlaffte. Als der Präsident dies sah, wollte er instinktiv in die Freiheit springen. Womöglich hoffte er, zurück in das Labyrinth der Kammern zu gelangen, wo er sich ein Versteck suchen könnte.
O nein, daraus wird nichts, dachte Tyler. Trotz aller Behendigkeit, die der Präsident soeben gezeigt hatte, konnte der Agent einen Zeigefinger in den Hosenaufschlag haken, so daß er der Länge nach über den Sitz flog. Tyler warf sich über die Lehne, um seinen Boss wieder auf seinen Platz zu zerren und dort festzuhalten. Bischof Marlin übernahm hastig das Steuer, beschleunigte wieder und fuhr unter flottem Geratter in die Richtung der Lagerkaverne, wo die anderen sie schon erwarteten.
Griegs lag bewußtlos hinter ihnen, aber der Präsident sträubte sich zu Tyler Robinsons Bestürzung und Verwunderung dermaßen wild, daß der Agent jeden Augenblick damit rechnete, einen Knochen knacken zu hören, bei sich selbst oder beim Präsidenten. Schlimmer noch, der Mann hatte die Kräfte von Legionen und die Zunge von fünfzig dreckschleudernden Blasphemikern. Wenn Bischof Marlin sie nicht bald ans Ziel brächte, würden sie vielleicht nie mehr hingelangen …
Vielleicht habe ich das verdient, dachte Tyler und unternahm den Versuch, seinen strampelnden Arbeitgeber in den Würgegriff zu nehmen. Schließlich bin ich ein Quisling, oder? Ein Benedict Arnold? Ein … ja, ein Judas?
»Festhalten!« schrie der Bischof. »Um Gottes willen, Tyler, lassen Sie nicht los! Wir sind fast da!«
25 Neunundvierzig Särge in der Abstellkaverne. Cal kann den Blick nicht von ihnen wenden – obschon das Exorzistenteam seit drei subjektiven Stunden versucht, den Geist des Bösen aus dem unversöhnlichen Präsidenten zu vertreiben.
Diese neunundvierzig Särge stehen in sieben Stapeln zu je sieben Särgen in der eisigen Kammer und tauchen immer wieder in Cals Augenwinkeln auf. Er weiß mit schrecklicher Gewißheit: Wenn dieser Kampf noch sehr viel länger dauert, ist Nixon frei, aber sie alle, die sie ihre Körper und Seelen zermartern, um seine ›Heilung‹ zuwege zu bringen, werden in diesen beschissenen Kisten landen.
Vielleicht sogar Kai, der schon einmal gestorben ist. Ja, vielleicht wird Kai schon bald Horsy Stouts verklärten Leib – in dem Philip K. Dicks auferstandene Essenz zum Mond mitgefahren ist – aller freien Beweglichkeit beraubt und als Transportmittel nutzlos finden. So gewalttätig und entmutigend ist der Kampf bisher gewesen, und dabei macht Kai sich sogar noch Vorwürfe wegen Romanenkos Selbstmord.
Gegen Bischof Marlins erzürnten Protest enthält die Kammer (neben den neunundvierzig Särgen, der Krankenbahre, auf der Nixon liegt, einem kleinen Tisch mit Kerzen, einem Weihwasserwedel, mehreren Kruzifixen, einem Kelch mit Weihwasser und dem Heiligen Sakrament) – jawohl, eine elektrische Kaffeemaschine.
Vor einer Stunde hat Kai darauf bestanden, daß Tyler die Maschine aus der Pantry in der B-Kuppel holte. Und Tyler hat diesen Auftrag nur erfüllen können, weil eine farbige Zeitlosigkeit – eine muskatellerfarbene Stasis – Von Braunville beherrscht. ›Einstweilen‹ sind nur die sieben erschöpften Exorzisten unter ihrem durchscheinenden Schirm immun gegen ihren
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