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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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rezitiert: »›Manche saßen in Finsternis und Düsterkeit, Gefangene in Trübsal und in Eisen, denn sie hatten sich erhoben gegen die Worte Gottes und verschmäht den Rat des Allerhöchsten …‹«
    Gurr-gurgel, gurr-gurgel.
    Cal verschließt seine Sinne vor dem Psalm. Ritualistische Formeln – es sei denn, sie drehten sich um die Ranch-Arbeit – langweilen ihn zu Tode, und einmal hat er den modifizierten römischen Ritus heute schon gehört.
    Aber der Körper des Präsidenten spannt sich, wölbt sich wie eine Brücke empor zwischen Schulterblättern und Gesäß, und Cal und die anderen lehnen sich mit ihrem ganzen Gewicht über ihn, um ihn auf der Bahre festzuhalten.
    Bischof Marlins Stimme gewinnt an Autorität. »›Ich werfe dich hinaus, du unreiner Geist, und mit dir noch die geringste Versuchung des Feindes und jedes Phantom und die ganze diabolische Legion! Im Namen unseres Herrn Jesus Christus, hebe dich von hinnen und verschwinde aus diesem Geschöpf Gottes!‹«
    Erica Zola sagt: »Haltet ihn fest, Jungs. Diese Runde müssen wir noch schaffen, und vielleicht wird der Richard Nixon-Kern sich durchsetzen; dann können wir psychotherapeutisch statt rituell weitermachen.«
    »Verpiß dich!« sprudelt der Geist des Bösen hervor und krümmt den Rücken des Präsidenten. »’ne Boa soll dir in die Birne fahren, ’ne Mamba in die Möse.«
    Gurr-gurgel, gurr-gurgel …
    Da redet kein ›Geschöpf Gottes‹, begreift Cal, und sie sollen die Person lieben, die hier besessen ist von dem bösartigen Wesen, das Erica verhöhnt – aber bis jetzt hat Cal große Mühe, seinen rechtschaffenen Abscheu zu meistern. Die grollenden Flüche, die King Richard hier entweichen, sowie das schreckliche Gegurgel von Kais Kaffeemaschine und die desorientierenden Effekte der Mondgravitation haben ihn schon halb davon überzeugt, daß diese ganze Expedition seinem unbewußten Verstand entspringt.
    Genau. Dies ist ein Traum des Es. Ein Freud’scher Nachtmahr. Wenn Lia hier wäre, würde sie mich daraus aufwecken.
    Aber der Alptraum hält an, und während Nixons Körper sich unter ihm spannt, weiß Cal, daß Liebe ungefähr das letzte ist, was er über den Besitzenden oder über den Besessenen ausgießen wird.
    Aber wenigstens mache ich mit, tröstet er sich. Kai dagegen ist noch nicht näher als bis auf einen oder zwei Schritte an die Bahre herangekommen. Sein Abscheu ist sehr viel größer als meiner, und dabei ist er doch der Amnesiker, der wollte, daß wir die ›Erlösungsschaltung zuwegebringen‹.
    Gurr-gurgel, gurr-gurgel …
    Kaffee. Kai sitzt auf seinem verklärten Schinken und kocht sich eine Kanne schwarz-schwarzes, sirupdickes Moorwassergebräu. Hoffentlich geben Koffein und Zichorie seiner plasmischen Substanz genug Stärke, um ihn von diesem Schinken hochzubringen.
    Während der Bischof redet, tritt Nixon mit einem Bein zu und läßt Dolly rückwärts in einen Stapel Särge taumeln. Dann wirft er das freie Bein herum und hämmert Vear den Fuß in den Leib, so daß der Major seinen Griff lockert. Jetzt sucht auch der Kopf des Präsidenten sich von der Bahre zu erheben, und Cal muß sich mit beiden Beinen gegen den Boden stemmen und die Brust auf die Stirn des Mannes drücken. Woraufhin der Besessene eselhaft zu brüllen beginnt, ein unaufhörliches, unchristliches Brüllen, und Cal kann kaum glauben, daß dies aus einer menschlichen Kehle kommen soll.
    »Lieber Gott, wir haben es hier mit einem Fall von beinahe perfekter Besessenheit zu tun«, ruft Bischof Marlin. »Für gewöhnlich wollen meine Patienten geheilt werden. Aber in diesem Fall haben wir das Ritual ohne Nixons – des echten Nixons – Zustimmung unternommen, und so kann uns nun ein Krieg bevorstehen, der noch höllisch lange dauern kann – länger, als er schon gedauert hat.«
    Na toll, denkt Cal, beißt auf die Zähne und drückt. Einfach toll, Allergnädigste Ehrwürden.
    Er erinnert sich, daß die Exorzismusprozedur vor drei Stunden mit einem kurzen Austreibungsritual und einer fünfzehnminütigen Warteperiode begonnen hat, während der sie versucht haben, die Identität der besitzenden Dämonen zu ergründen. Dieses Stadium der Zeremonie nannte man ›Praetens‹, erklärte Bischof Marlin; sein einziger Zweck bestand darin, einen Betrug zu entlarven, falls etwa kein Geist von dem Patienten Besitz ergriffen hatte. Dieses Stadium dauerte vor allem deshalb nur eine Viertelstunde, weil Tylers Kampf mit Nixon im Korridor deutlich offenbart hatte, was

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