Dieser Mann ist leider tot
auch.
Vear Schüttelt den Kopf, was in dem fernsehhaften Kasten seines Helms nicht einfach ist. Du mußt aufhören, dir über diese Dinge den Kopf zu zerbrechen, Gordon, und mit deinem Gott kommunizieren. Dazu bist du hier herausgekommen.
Also steigt der Major weiter den ›Pfad‹ am zerklüfteten Hang der Kraterwand hinauf und findet einen kühlschrankgroßen Felsblock, der umgekippt ist; darauf kann er seinen Hintern ausruhen. So sitzt er dort und rezitiert aus dem Gedächtnis einen Psalm, und später das Gebet des Herrn: »Vater Unser, der Du bist im Himmel, geheiligt werde Dein …«
Er murmelt weiter und endet schließlich: »… und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.« Er fühlt sich ein wenig ruhiger, aber nicht viel. Und so geht er über zu Gebeten für seine Familie, seine Stadt, seinen Staat, seine Nation, den Planeten, den ganzen Kosmos. Obgleich Wunder ihn umgeben, schließen sich seine Augen, und er versinkt in eine Art Trance in der Kapelle seines Anzugs in der Kathedrale von Censorinus.
»Gib mir ein Zeichen Deiner Gegenwart«, flehte Air Force Major Gordon Vear. »Irgendein kleines Zeichen, daß Du mich hörst …«
Als er die Augen öffnete, bemerkte er eine Bewegung über sich am Ostrand des Kraters. Die Bewegung erschreckte ihn. Der Magen rutschte ihm in die Kniekehlen, und seine Kopfhaut kribbelte. Auf dem Mond hatte man keine Bewegung zu bemerken – es sei denn, sie rührte von menschlicher Aktivität in Von Braunville oder dem zufälligen Einschlag eines Meteoriten her, oder es wäre der Effekt eines raren Restvulkanismus.
In diesem Fall aber hatten Meteorite und Vulkanismus nichts damit zu tun; blinzelnd sah Vear durch seine verschmutzte Sichtscheibe, daß eine menschliche Gestalt von den Bastionen von Censorinus zu ihm – ja, auf die ganze Basis – herabschaute. Die Gestalt sah aus wie ein Kind oder ein Zwerg; ein schwarzes Kind, ein schwarzer Zwerg. Sie war umrahmt von den zerklüfteten Schründen lunaren Gesteins, dort oben auf der Kraterwand eingekeilt wie ein mittelalterlicher Soldat zwischen zwei Zinnen einer Burgmauer. Das verblüffendste an dieser Gestalt aber, verblüffender noch als ihre Größe oder Rasse, war der Umstand, daß sie keinen Schutz gegen das lunare Vakuum trug. Keinen Anzug. Kein PLSS. Ja, sie trug – . wenn Vears Augen ihn nicht täuschten – Bluejeans und ein weißes Hemd.
11 »Wieso sollte sie herkommen, um sich Breschnew-Bären zu kaufen?« fragte Cal Mr. Kemmings. »Das ist doch völliger Unsinn.«
»Das ist mir bekannt. Die gleiche Frage habe ich mir auf der Fahrt von der Stadt hierher auch schon gestellt.«
Cal war, seinem Wort getreu, nur wenige Minuten nach seinem Boss in der Tierhandlung eingetroffen, und seit einer halben Stunde putzte er die Scheiße aus den Welpen- und Kätzchenkäfigen und ersetzte die besudelten Zeitungslagen in einem halben Dutzend Rattan-Vogelkäfigen. Mr. K. war aufgeregt. Er war schon aufgeregt angekommen, nachdem er Grace Rinehart vor dem Salon entdeckt und in ihr augenblicklich die Kundin von gestern mit Cape, Sonnenbrille und aufgemotztem Reitdress wiedererkannt hatte. Irgend etwas ging hier vor sich … aber was?
Cal zählte die Tatsache, daß er der berühmten Filmschauspielerin und Amerikulturateurin ein Paar nackte Meerschweinchen verkauft hatte, zu seinen geringsten Sorgen. Heute zumindest. Gestern war ihm das Geheimnis der Identität dieser Frau ganz schön an die Nieren gegangen, zumal nachdem sie ihn gefragt hatte, ob er je mit dem Gesetz in Schwierigkeiten geraten sei; aber heute konnte er sich wegen der Gattin des Landwirtschaftsministers nicht allzu heftig den Kopf zerbrechen. Vielleicht hatte sie sich die Breschnew-Bären ausgesucht, um diejenigen, die in den Tierhandlungen angeboten wurden, mit denen, die ihr Bonzengatte Hiram züchtete, zu vergleichen – ob die gesünder oder weniger gesund aussahen oder sich auf sonst eine subtile Weise von den Berthelot-Meerschweinen unterschieden. Vielleicht hatte sie auch ein bißchen Jetset-Bargeld in die lokale Wirtschaft einfließen lassen wollen, und sei es mit einem unbedeutenden Kauf. Cal weigerte sich, Spekulationen darüber anzustellen. Schließlich hatte er eine dringendere Sorge: Gestern waren er und Lia von einem Toten besucht worden, der sich nicht erinnern konnte, daß er ein umstrittener amerikanischer Autor war oder gewesen war.
Endlich bemerkte Mr. K. Cals Stimmung. »Wie geht’s denn heute?« fragte er. »Besser?«
»Ja, Sir. Der
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