Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Erwägung zu ziehen, daß Lias bizarre Theorie zutraf, und schließlich betrachtete er sie nicht nur als zwingende, sondern als geradezu unausweichliche Erklärung.
    Kai – P.K. Dick – wollte, daß sie wußten: In all den unvorhersehbaren Prüfungen, die vor ihnen lagen, war er auf ihrer Seite. Sie konnten sich darauf verlassen, daß er – das heißt, seine verblassende Aura – ihren Kampf um Gerechtigkeit in einer Realität – in dieser Realität –, in der das Böse sich ausgebreitet hatte wie ein vielfingriger Ölteppich, stützte und förderte.
    Genau, dachte Cal sarkastisch: Lia und ich sind Agenten für Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit, und unser geheimer Verbündeter ist ein kaffeetrinkender, tabakschnupfender Geist, der nicht immer verhindern kann, daß er wieder nach Nirgendwo abdriftet, wenn er denn mal vorbeikommt.
    Was hatte Dick, in unzulänglicher Weise auf Emily Bonners verkrüppelten Körper projiziert, gestern abend im Pflegeheim noch gesagt? »Sie wissen besser als ich, warum ich Sie ausgesucht habe.« Aber ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht. Ich bin ein heimatloser Ranchhelfer aus Sangre de Cristo, und ich versorge Haustiere, obwohl ich Rinder hüten sollte, Kälber, die blöken, Fohlen, die bocken, Bullen, die Zäune einrennen.
    Das, Phil, ist die Realität, nach der ich Heimweh habe …
     
    Mittags, als Mr. Kemmings in die Stadt zu »Charlie Joseph’s« fuhr, um ein Chili-Hotdog zu essen, kam Le Boi Loan ins ›Pet Emporium‹. Cal war überrascht, ihn zu sehen. In den acht Wochen, die er jetzt im Einkaufszentrum war, hatte er den Vietnamesen niemals außerhalb der Grenzen von ›Gangway Books‹ gesehen. Lone Boy nahm seine Pflichten dort ernst, und er hatte anscheinend – seine Amerikulturation einmal beiseite – nicht viel Spaß daran, Schaufenster anzuschauen oder in den anderen Geschäften zu stöbern.
    Cal hatte sich ein ›Chicken MacFilet‹-Sandwich gekauft und kam damit in die Tierhandlung zurück. Als Lone Boy zögernd eintrat, saß Cal hinten im Laden auf einem leeren Welpenkäfig und machte Mittagspause. Der Vietnamese blieb in der vorderen Hälfte und beäugte einen riesigen grünen Papagei auf einer Stange neben der Kasse, spähte mit schiefem Kopf zu den Schlangen hinüber und betrachtete mit unverhohlener Bewunderung die energischen Hamster und Gerbils.
    Wie ein Kind in einem fremden Haus, fand Cal. Wenn man ihn jetzt drei Meter hoch senkrecht springen sehen wollte, brauchte man nur Buh! zu sagen. Cal klirrte mit dem Eis in seinem Becher, damit Lone Boy merkte, daß er nicht allein im Laden war.
    »Hallo, Calvin«, sagte Lone Boy. »Was hast du denn da?«
    Cal hob das Sandwich und dann den Pappbecher in die Höhe. »Bloß mein Mittagessen, Lone Boy. Was kann ich für dich tun?«
    »Gestern warst du ja völlig geplättet, weil dieser Dick tot ist. Dachte mir, ich sehe mal nach, wie du klarkommst.«
    Noch eine Überraschung. Cal war gerührt von Lone Boys verlegener Sorge. Für einen solchen Typen hätte er den Vietnamesen nie gehalten; normalerweise spielte Lone Boy den Abgebrühten, was Cal schon sehr früh – vielleicht zu unrecht – als Beweis für eine fundamentale Seichtheit in Charakter und Ambitionen aufgefaßt hatte. Heute jedoch hatte der abgebrühte Typ den Buchladen verlassen, um sich nach seiner Seelenverfassung zu erkundigen.
    »Mir geht’s gut, Lone Boy. Ich komme schon klar.«
    Lone Boy sah sich nervös im Laden um. »Ich habe deine ›Pouch House‹-Bestellung eingegeben, Calvin. Keine Sorge. Sobald die Bücher auf meiner Theke landen, bringe ich sie dir her.«
    »Das brauchst du nicht. Ich kann …«
    »Hey, ich will es so, okay? Ich sehe, was es dir bedeutet.«
    »Dumme Sentimentalitäten, Lone Boy. Ich verbinde diese Bücher mit Colorado, mit alten Freunden, einer ganz anderen Welt.«
    Unvermittelt schien Lone Boy das Interesse an der Sache zu verlieren. Angewidert rümpfte er die Nase. »Wie kriegst du hier nur dein Mittagessen runter, Calvin? Ich meine, du weißt schon … dieser Gestank.«
    Calvin lachte. »Das findest du schlimm? Dann solltest du mal bei über dreißig Grad auf einem Futterplatz für Rinder herumstehen.«
    »Ich würde kotzen. Ich muß es, weißt du – sauber haben, bevor mir schmeckt, was immer Tuyet mir gemacht hat.«
    Was konnte man darauf sagen? Cal fielen nur Banalitäten ein, und so hielt er lieber den Mund. Es war ein merkwürdiger Besuch. Jetzt, da er seine Rolle als Sympathiespender gespielt

Weitere Kostenlose Bücher