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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Stirn. »Schau, man kann entweder eine falsche Realitätssicht übernehmen oder eine, die mehr oder minder mit den Dingen übereinstimmt, wie sie wirklich sind.«
    »Wie sind die Dinge denn wirklich?« Sie grinste vorwitzig.
    »Hey, sei nicht überschlau. Arbeitest du nicht in einer Branche, die die geistige Gesundheit der Menschen danach abwägt, wie gut oder wie schlecht ihre Wahrnehmung der Welt mit irgendeinem objektiven Standard von Realität übereinstimmt? Nun, und in diesem Buch ist Moctons Darstellung der Welt und seiner überzogenen Rolle, die er in ihr spielt, eine Lüge, und Gipps unterschwellige Computerbotschaft ist ein Gegenmittel. Wenn die Bevölkerung in einen Haufen Zombies verwandelt ist, dann mußt du als erstes eine Attacke planen, die entgegengesetzt wirkt und die Menschen entzombifiziert. Du bekämpfst Feuer mit Feuer.«
    »Entzombifizieren?«
    »Verdammt, Lia!«
    »Okay, okay. Beruhige dich! Wie geht’s weiter?«
    »Hör zu, ich lese dir ein Stück vor.« Und er ließ die Photokopie in den Schoß fallen und las laut.
     
    Zweihundert Millionen Amerikaner, Kinder und Erwachsene gleichermaßen, begannen Harper Mocton der Gerechtigkeit zuzuträumen. Einige dieser Amerikaner träumten, daß den Präsidenten eine körperliche Vergeltung ereilte, die haargenau zu einer Untat paßte, die er entweder selbst begangen oder aber in Auftrag gegeben hatte. Wo er jemanden verstümmelt hatte, wurde er selbst verstümmelt. Wo er jemanden ermordet oder einen Mord befohlen hatte, wurde er selbst ermordet. Wo immer Mocton jemandem einen körperlichen Schaden zugefügt hatte, von dem man wußte, erlitt er ihn auch selbst.
    Manche Amerikaner träumten, daß Harper Mocton in Schleim und Gestank in einem Bundesgefängnis eingekerkert sei. Andere träumten ihn gefesselt auf einem Ameisenhügel mitten in der Prärie, daß die Haut sich von seiner Stirn schälte wie eine uralte rote Tapete. Einige wenige träumten Mocton auch angekettet an einen mannsgroßen Felsen im Asteroidengürtel, und wieder andere stellten sich vor, kosmische Gerechtigkeit habe ihn jenseits des Pluto-Orbit in ein Schwarzes Loch geschleust, und die fürchterlichen Gravitationskräfte dieses Lochs schleuderten nun den bösen Mann in eine Dimension des Schmerzes und der Dunkelheit, die jedem anderen lebenden Wesen unbekannt ist.
     
    »Das sind aber ein paar ziemlich sadistische Träumer, mit denen es der alte Harper sich hier verscherzt hat«, stellte Lia fest.
    »Warte. Das ist noch nicht alles.«
    »Es kommt noch mehr? Dick holt Mocton zurück aus der Versenkung am Grunde des Schwarzen Lochs?«
    »Er ist ja nicht wirklich auf den Grund eines Schwarzen Loches geschleudert worden, Lia. Ein paar Leute träumen nur, daß ihm das passiert, nachdem sie begonnen haben, Eric Gipps Computermessage zu befolgen.«
    »Oh. Na, weiter.«
     
    Aber die meisten Amerikaner träumten, daß keine körperliche Bestrafung diese Geißel der Neuzeit so sehr erniedrigen könne wie die nachdrückliche Erinnerung daran, daß sie endlich die Augenbinden abgenommen hätten und ihn als das sähen, was er wirklich war: Ein Manipulator, kein Magier. Ein Opportunist, kein Wohltäter. Sie wußte, er würde seine eigene Ermordung wie auch jede andere wirklich farbige Bestrafung nur als neuerliche Erweiterung der Legende von Harper Mocton betrachten. Und sie wußten, er würde keine Strafe ertragen können, die diese grandiose Legende untergrub. Und so träumten viele von denen, die Gipps Aufruf, Mocton der Gerechtigkeit zuzuträumen, befolgten, Situationen, in denen Mocton öffentlich gedemütigt wurde.
    Und schließlich, durch das schiere Gewicht ihrer Zahl, begannen die Träume wahr zu werden. Mocton konnte ihnen nicht mehr widerstehen. Er trat vor die Fernsehkameras, um zu sprechen, und die ersten Worte, die aus seinem Munde kamen, waren das Geständnis unrechtmäßiger Taten: »In meinem ersten Präsidentschaftswahlkampf bezichtigte ich meinen Gegner als Kinderschänder. In Wahrheit aber habe ich Kinder dafür bezahlt, daß sie auftraten und ihn verleumdeten.« Oder: »Von mir aus könnt ihr die Trottel sein, die mich gewählt haben, aber ich habe euch immer für eine verächtliche Bande von Schwänzen, Fotzen, Schwulen und Schwachsinnigen gehalten, ganz und gar unwürdig der Führerschaft, für die ich mir hier den Arsch aufreiße.«
     
    »Du liebe Güte«, sagte Lia. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein gewählter Staatsvertreter so etwas sagen soll.«
    »Natürlich

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