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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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…«
    »Nennen Sie mich Lia.«
    »… dann sind Sie vielleicht …« Die Schauspielerin verstummte. Ihr dämmerte, was gerade geschehen war. Sie lachte. »Ich wollte sagen, wenn Sie nicht einmal meinen Namen richtig hinbekommen, dann sind Sie vielleicht doch nicht diejenige, deren Hilfe ich brauche.«
    »Vielleicht nicht.« Lia ging weiter auf und ab. »Aber, Grace, ich begreife immer noch nicht, was ich tun soll. Oder weshalb Sie wollen, daß ich es tue.«
    »Wieso gehen Leute schon zu einem Kopfdoktor? Um sich den Kopf wieder gerade aufschrauben zu lassen, nehme ich an. Und warum zu Ihnen? Nun, ich habe kürzlich Ihren Mann kennengelernt, und Sie sind relativ nah, und ich hab’s satt, vor bärtigen Männern in Rollkragenpullovern mein Seelenleben auszubreiten. Sie haben sehr viel mehr Interesse an meinem Bankkonto und am unheiligen Mythos meines Sexuallebens – mit großem S – auf und hinter der Leinwand als an meinen Selbstzweifeln und an meinen immer wieder auftretenden Depressionen. Also dachte ich, vielleicht – nur vielleicht – kann eine Frau mit ähnlichem Hintergrund all den Glimmerstadt-Glimmer leichter durchschauen und sich auf eine Weise in mich hineinfühlen, wie es die Seelenklempner in den Rollkragenpullovern niemals können. Deshalb bin ich hier. Bitte nehmen Sie mich, ohne diese Neuigkeit an allen Ecken und Enden von Pine Mountain umherzuposaunen.«
    »Garantierte Vertraulichkeit ist eine Regel in meinem Beruf.«
    »Selbstverständlich, Lia. Selbstverständlich.«
    »Aber ich werde mich für jeden Aspekt Ihres Lebens interessieren – persönlich, finanziell, politisch, beruflich –, der möglicherweise zu den Problemen beiträgt, die Sie quälen. Nichts darf in unseren Gesprächen tabu sein, wenn ich Ihnen helfen soll, sich diesen Qualen zu stellen und sie zu beseitigen. Sind Sie damit einverstanden, Miss Rine … Grace?«
    »Selbstverständlich. Allerdings habe ich selbst auch ein paar Bedingungen.«
    Lia blieb stehen. Sie verschränkte die Hände hinter dem Rücken und starrte die Schauspielerin mit einer bangen Erwartungen, die an Verzweiflung grenzte. Was für Bedingungen? Und würde es ihrer professionellen Glaubwürdigkeit schaden, wenn sie ihnen zustimmte? Ich habe Kai als Klienten verloren, dachte sie, und wenn ich auch nicht übermäßig verrückt danach bin, eine überspannte, verwöhnte und unberechenbare Person anzunehmen, als die Grace Rinehart sich vermutlich erweisen wird, will ich die Gelegenheit, sie zu behandeln, auch nicht mit Füßen treten. Ich brauche diese Klientin.
    »Also schön«, sagte Lia müde. »Was für Bedingungen?«
    Grace lehnte sich bekräftigend vor. »Ich möchte mich woanders mit Ihnen treffen, nicht in dieser Praxis.«
    »Wo denn?« platzte Lia überrascht heraus.
    Grace wischte die Frage mit einer Handbewegung beiseite. »Zweitens bestehe ich darauf, daß Sie – für dieses Privileg werde ich bezahlen – jeweils einen vollen Tag in der Woche für mich reservieren. An diesem Tag werden Sie nicht nur meine persönliche Psychotherapeutin sein, sondern auch meine Begleiterin. Sie werden dahin gehen, wo ich hingehe, und werden mich befragen, während wir miteinander reisen.«
    Lia merkte, wie ihr das Blut zu Kopfe stieg. »Freundinnen sind miserable Psychiaterinnen, Grace, und der Versuch, ein Gespräch mit Ihnen zu führen, während wir auf dem Land umherfahren, hätte viel Ähnlichkeit mit dem Versuch, beim Rollschuhlaufen ein Sonett zu schreiben.«
    »Ich habe nicht ›Freundin‹ gesagt. Ich habe ›Begleiterin‹ gesagt, und …«
    »Ist diese Unterscheidung wichtig?«
    »… und es gibt keinen Ort, der Bekenntnissen so förderlich ist wie der Vordersitz eines teuren Wagens auf einer Spazierfahrt an einem schönen Frühlingstag.«
    »Der Vordersitz eines Wagens?«
    »Oder ein abgeschiedenes Fleckchen auf Berthelot Acres. Oder ein privates Zimmer im FAZ in Fort Benning. Oder vielleicht sogar meine Suite im ›Art, Film, and Photography Salon‹ in LaGrange.«
    »Aber warum?« protestierte Lia. »Psychologen machen normalerweise keine Hausbesuche. Aus dem einfachen Grunde, weil …«
    »Weil sie die Herrschaft in der Arzt-Patient-Beziehung behalten wollen.«
    »Das stimmt nicht. Wir wollen nur, daß unsere Klienten in möglichst vielen der stattfindenden Sitzungen echte Fortschritte machen. Deshalb treffen wir uns mit ihnen nicht in Spielkasinos voll einarmiger Banditen.«
    »Blödsinn, Lia. Alles, was Sie brauchen, ist ein bißchen Ungestörtheit und

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