Dieser Mann macht mich verrückt
höchstens zwanzig Sätze gewechselt.«
»In der Küche liegt mein BlackBerry. Schick ihm eine E-Mail.«
Er nahm seinen Fuß von der Stange. »Ist das nicht erbärmlich?«
»Immerhin bemühst du dich, Jack. Auch darauf kommt‘s an.«
Doch er wünschte sich mehr. Von Dean, von Riley. Von April. Er sehnte sich nach allem, was sie ihm früher so großzügig geschenkt hatte.
Behutsam strich er über ihre weiche Wange. »April ...«
Da schüttelte sie den Kopf und ging davon.
Dean fand die E-Mail über Rileys Gesang erst am nächsten Tag, es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass die Nachricht nicht von April, sondern von Jack stammte. Hastig überflog er sie, dann tippte er eine Antwort.
Find‘s doch selber raus.
Während er um das Haus herumging, dachte er an Blue. Das tat er immer öfter. So viele Frauen glaubten, sie müssten sich wie Pornostars benehmen, um ihn zu reizen. Das alles wirkte so falsch. Aber Blue schien nicht viele Pornos zu sehen. Sie war ein bisschen ungeschickt, total geerdet, impulsiv, amüsant. Und immer sie selbst - im Bett so unberechenbar wie außerhalb. Aber er traute ihr nicht. Und verdammt, er würde sich niemals auf sie verlassen.
An der Seitenwand der Veranda lehnte die Leiter. Er rückte sie zurecht, um das Dach zu überprüfen. In einem Monat würde er im Trainingslager erwartet, er hatte immer nur eine kurzfristige Affäre geplant. Gut so, denn Blue war von Natur aus eine Einzelgängerin . Nächste Woche wollte er mit ihr zu einem Reitstall fahren. Aber nur der Himmel mochte wissen, ob sie dann noch hier wäre. Eines Nachts würde er auf den Balkon klettern und sie nicht mehr antreffen.
Während er den Gürtel mit seinen Werkzeugen um die Taille schnallte und die Leiter hinaufstieg, gewann er eine wichtige Erkenntnis. Wenn sie ihm auch ihren Körper schenkte - alles andere enthielt sie ihm vor. Und das gefiel ihm nicht.
Zwei Abende später schlenderte Jack zum Teich, sah April barfuß am Ufer tanzen, und seine Nackenhaare sträubten sich. Nur das Rascheln des Schilfs und das Zirpen der Grillen begleiteten ihre anmutigen Schritte. Sie schwenkte ihre Arme durch die Luft, wie ein goldener Schleier umflatterte das Haar ihren Kopf. Und ihre Hüften, diese verführerischen Hüften, sandten ein sexuelles Telegramm aus - gib‘s mir, Baby ... gib‘s mir, Baby ...
Heiß und drängend schoss das Blut zwischen seine Schenkel. Obwohl keine Musik erklang, wirkte die Tänzerin verzaubert, überirdisch schön - und verrückt. April, mit den Augen einer Göttin und dem Schmollmund eines Kätzchens. In den Siebzigerjahren hatte dieses Mädchen die Rock and Roll-Götter beglückt. Diese zerstörerische Amazone, die am Wasserrand umherhüpfte, kannte er in- und auswendig. Ihre Exzesse, ihre wilden Forderungen, ihre sexuelle Kühnheit. Welch ein berauschendes Gift für einen dreiundzwanzigjährigen Jungen! Der existierte schon längst nicht mehr. Alle seine Wünsche hatte sie damals erfüllt. Jetzt würde sie nur noch ihrem eigenen Willen gehorchen.
Während sie sich in einem imaginären Rhythmus wiegte, reflektierte ein Kopfhörer das Licht, das aus der Hintertür des Cottages drang. Also bildete sie sich die Musik nicht ein, sie tanzte nach einem Song, der aus ihrem iPod tönte. Einfach nur eine Frau in mittleren Jahren, die ihre Beine schwang. Aber diese Erkenntnis brach den Bann keineswegs.
Ihre Hüften zuckten im Trommelwirbel des Finales, und ein letztes Mal schimmerte ihr Haar, dann sanken die Arme hinunter, und sie nahm den Kopfhörer ab. Lautlos kehrte Jack in den Wald zurück.
21
Bevor Blue das Haus verließ, betrachtete sie ihr vollendetes Werk. Auf diesem Porträt trug Nita ein eisblaues Ballkleid, für ein Tanzfest in den Fünfzigerjahren erstanden, und die toupierte Hochfrisur der Sechziger jähre, die ihre Diamantenohrringe, Marshalls Hochzeitsgeschenk aus den Siebzigerjahren, gut zur Geltung brachte.
Schlank und glamourös stand sie da, mit makellosem Teint und dramatischem Make-up. Blue hatte sie auf einer imaginären grandiosen Treppe postiert und zu ihren Füßen Tango, der nur eine untergeordnete Rolle in der Bildkomposition spielte. Das war Nitas Wunsch gewesen.
»Gar nicht so übel, wie ich dachte«, hatte sie gesagt, als sie zum ersten Mal vor das Gemälde trat, das an der golden gemusterten Tapete in der Halle hing. Wie das gemeint war, wusste Blue natürlich. Nita liebte das Porträt.
Blue freute sich, dass es ihr so perfekt gelungen war, Nitas Fantasiebild
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