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Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Titel: Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane zu Salm
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Daniel, du wirst schon sehen, wo du bleibst, wenn du so egoistisch bist und nie in Freundschaften und in die Liebe investierst. Dann wirst du eines Tages alleine alt.
    Tja, Leute, ich habe halt für die Musik gelebt. Ich konnte nicht anders. Und dass ich von euch mehr genommen habe, als ich zurückgegeben habe, das tut mir leid. Aber ich habe kein schlechtes Gewissen. Und wie es aussieht, werde ich jetzt ja nicht alleine alt, weil ich gar nicht alt werde. Seht ihr, so kann’s halt auch kommen im Leben. Solange ich Musik hören und meinen iPod bedienen kann, ist das Warten auf das Ende einigermaßen erträglich. Und seit mein Nachbar weiß, dass ich unheilbar krank bin, beschwert er sich auch nicht mehr, dass es zu laut ist. Thomas läuft dann immer rüber und sagt ihm, was Sache ist. Früher hat der Nachbar mich mehrmals angezeigt und die Polizei geschickt, weil wir zu laut waren. Jetzt kommt er sogar manchmal rüber, und wir reden. Würde ich nicht im Sterben liegen, wären wir nie ins Gespräch gekommen. Alles hat eben irgendwas Gutes, selbst das Ende.
    Daniel Fischer, 56 Jahre
    verstorben im April 201*

Wenn ich in meinem Leben noch mal etwas anders machen könnte, dann wäre es das: n iema ls mein Kind zu verlassen
    Ich habe ALS . Seit Mai 2010. Sie wissen nicht, was das ist? Die Krankheit heißt Amyotrophe Lateralsklerose. Es ist eine Muskelschwäche im ganzen Körper. Unheilbar. Bei mir kommen spastische Anfälle hinzu, in meinem Fall nimmt die Krankheit einen besonders aggressiven Verlauf. Schon länger kann ich nicht mehr sprechen. Glücklicherweise habe ich diesen Sprachcomputer vor mir, durch den ich jetzt mit Ihnen spreche. Überhaupt bin ich recht gut drauf. Ich lache viel, und das ist nicht nur pathologisch bedingt. Ich war auch vor der Krankheit ein fröhlicher Mensch. Und zufrieden mit meinem Leben.
    Ich bin 59 Jahre alt. Bis zuletzt habe ich als Chefassistentin und Prokuristin bei einer Reederei in Hamburg gearbeitet. Zeit meines Lebens habe ich gerne gearbeitet. Die Arbeit macht nicht nur große Freude, sondern sie kann einen auch mal retten, wenn es privat nicht so gut läuft. Vor allem mit Männern zu arbeiten finde ich spannend. Erstens können sie in der Regel weniger, und zweitens ist da kein Konkurrenzkampf im Spiel. Eine Zeit lang wollte ich sogar mal Kfz-Mechaniker werden, das hab ich dann aber doch nicht weiterverfolgt. An allen Arbeitsplätzen habe ich immer lange durchgehalten. Zum Beispiel war ich sechzehn Jahre lang bei der Modefirma Jil Sander, als Produktionsassistentin und in der Werbung. Das Durchhalten an sich ist ja inzwischen zu einer seltenen Tugend geworden. Ich finde es aber erstrebenswert. Überhaupt habe ich eine konservative Einstellung, und die ist gerade dann wichtig, wenn man mit jungen Menschen arbeitet.
    Meine Tochter ist jetzt achtundzwanzig, und ich bin stolz auf sie. Sie ist Hotelfachfrau, hat viel mit Geschäftsleuten zu tun und ist ehrgeizig wie ich! Drei Mal war ich verheiratet. Es gibt eben nur Lebensabschnittspartner. Mit meinem dritten Mann läuft es aber endlich gut. Haben Sie den Spruch gesehen, der über meinem Bett hängt? Lesen Sie mal. » Liebe besteht nicht darin, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in die gleiche Richtung blickt. Antoine de Saint-Exupéry«.
    Rainer ist dreizehn Jahre älter als ich. Wir haben uns vor vielen Jahren in einer Wellnessklinik kennengelernt. Und jetzt leidet er sehr unter der Situation, weil er nicht helfen kann. Mein zweiter Mann war ein pathologischer Glücksspieler. Er ist der Vater meiner Tochter. Das Schlimmste war, dass sie nach der Trennung bei ihm bleiben wollte. Ja, das war die schlimmste Zeit in meinem Leben. Sie war erst zehn.
    Wenn ich in meinem Leben noch mal etwas anders machen könnte, dann wäre es das: niemals mein Kind zu verlassen. Und niemals unter dreißig zu heiraten. Denn bis dahin versteht man einfach zu wenig vom Leben. Ich bin so froh, dass meine Tochter und ich ein sehr gutes Verhältnis haben, trotz allem, was mit ihrem Vater passiert ist. Sie kommt einmal im Monat zu Besuch, und wir genießen die gemeinsame Zeit, die uns noch bleibt.
    Jetzt ist übrigens die schönste Zeit in meinem Leben. Ich muss mich um nichts mehr kümmern. Und ich habe einen tollen Pfleger, Andi. Gerade gestern hat er das Examen zum Altenpfleger bestanden. Er ist ein wunderbarer Mensch. Wir waren sogar gemeinsam in San Francisco letzten Sommer. Ohne ihn gehe ich nirgendwohin. Seine Mutter hatte dieselbe

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