Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
traurig
gemacht habe.«
    Sie schüttelte den Kopf und rieb die Hände
schnell an ihren dicken, nackten Schenkeln. »Das ist nicht Ihre Schuld. Wenn
jemand daran schuld ist, dann ich. Es hat mir sogar ganz gutgetan zu reden.«
Dann nahm sie ihre Zigaretten, stand auf und trat aus der Laube.
    Ich schlüpfte unter den tiefhängenden
Weinranken durch. Von dem Hügel, auf dem die Laube stand, konnte man die Weite
des sonnenverbrannten Weidelandes und die Straße, die sich wie ein graues Band
darüber schlängelte, sehen. Das rote Ziegeldach des Johnstone-Hauses war zu
sehen, und auch die Friedhofsbäume vor dem Eingang.
    Jane drehte sich zu mir, ihr Gesicht
hatte einen besorgten Ausdruck, so als ob sie mich aufgeregt hatte und nicht
ich sie. »Sie haben mich nicht traurig gemacht«, sagte sie. »Nicht wirklich.«
Dann ging ihr Blick zu dem fernen Ranchhaus zurück, und ein Gefühl, das ich
nicht recht zu deuten wußte, zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.
    »Das hier ist ein trauriger Ort, das
ist alles«, fügte sie hinzu.
     
    Bevor ich wegfuhr, erklärte Jane mir
noch den Weg zum Büro, wo ich ihren Mann finden würde. Es lag ein paar
Kilometer entfernt, auf der Straße nach Paicines und Tres Pinos, direkt am
Nordtor der Ranch. Mitten auf einem Kiesparkplatz standen ein paar blaue und
weiße Wohnwagen umgeben von Autos und Lastern. Wilkonsons Ranchero stand in der
Nähe des ersten Wohnwagens, und ich parkte den MG daneben.
    Ich klopfte an die geschlossene
Jalousie der Wohnwagentür, und eine weibliche Stimme bat mich einzutreten.
Innen war es kühl; eine Klimaanlage summte laut. Eine junge Frau saß hinter
einem L-förmigen Schreibtisch mit einem Stapel Akten und einem
Textverarbeitungsgerät. Der Wohnwagen war ein langer Raum mit drei weiteren
Schreibtischen, Aktenständern und einem Kopiergerät. Eine Karte der Ranch, mit
vielfarbigen Nadeln bespickt, nahm eine ganze Wand ein. Zwei der Schreibtische
waren nicht besetzt, am dritten saß Frank Wilkonson, direkt unterhalb der
Landkarte. Er war am Telefon. Seine Füße, die in Stiefeln steckten, hatte er
auf den Rand des Schreibtisches gelegt, sein Drehstuhl war nach hinten gekippt.
Er schaute mich an, aber er schien mich nicht wiederzuerkennen.
    Die junge Frau — ein stupsnäsiger
Teenager mit sandfarbenem Haar — guckte erwartungsvoll. Ich gab ihr eine von
Alissas Karten und sagte ihr, daß ich mit ihrem Chef sprechen wolle. Sie
drückte die Lippen nervös aufeinander — vermutlich wegen des Besuchs, den
Wilkonson früher von den Männern des Sheriffs erhalten hatte — und brachte ihm
die Karte.
    Ich hatte eine Art Geräteschuppen
erwartet und war überrascht, ein Büro vorzufinden, das wie der kaufmännische
Bereich eines kleinen Herstellungsbetriebs aussah. Natürlich, dachte ich, war
eine Rinderranch im Grunde nichts anderes: ein kleiner Herstellungsbetrieb — in
diesem Fall von Steaks, Bratenfleisch und Hamburgern.
    Der Teenager besprach sich mit
Wilkonson. Er schaute die Karte an, schüttelte den Kopf und deutete auf den
Telefonhörer. Sie kam zurück und sagte, daß Mr. Wilkonson etwas länger
bräuchte. Ob ich einen Termin ausmachen wollte? Nein, antwortete ich, ich sei
die ganze Strecke von San Francisco hergekommen, und es wäre unpraktisch, den
Weg noch einmal zu machen. Würde sie ihm bitte ausrichten, daß ich nur ein paar
Minuten seiner Zeit in Anspruch nehmen würde? Sie sagte ihm das, und er sprach
noch eine halbe Minute weiter und hängte dann auf.
    Wilkonson erhob sich und steckte sein
rotkariertes Cowboyhemd in seine ausgebleichten Jeans. Er bewegte sich locker
und lässig, er machte einen gelasseneren Eindruck als bei seinem Besuch in San
Francisco. Ich verspürte eine eigenartige Überheblichkeit, die sich immer
einstellt, wenn ich einem Menschen, den ich beschattet habe, gegenüberstehe.
Ich wußte eine ganze Menge über Wilkonson, und das gab mir ein Gefühl von
Macht.
    Bevor er mit mir sprach, sagte er zu
seiner Sekretärin: »Es ist schon fast fünf, Ginny. Du kannst deine Sachen für
heute zusammenpacken.«
    Ginny warf mir einen Blick zu, so als
ob sie Angst hätte, ihren Chef meinen Krallen zu überlassen. Dann schaute sie
auf die Uhr — es war erst gegen halb fünf — , und die Freude über den frühen Feierabend
siegte über ihre Beschützerinstinkte. »Danke, Frank«, sagte sie und räumte
ihren Schreibtisch auf.
    Wilkonson schaute auf die Karte in
seiner Hand. »Miss Hernandez, richtig? Allstate?«
    »Ja. Mr. Wilkonson?« Ich

Weitere Kostenlose Bücher