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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hatte. Frank Wilkonson war über irgend etwas ernsthaft beunruhigt, oder
vielleicht war besessen ein besserer Ausdruck für seinen Zustand. Er war
bereit, achthundert Dollar zu zahlen, um zu verhindern, daß man genauer
untersuchte, was er am Sonntag in San Francisco getan hatte; er hatte zweimal
Streit mit dem Sohn seines Arbeitgebers gehabt; er hatte sich seiner Frau
entfremdet. Nach Janes Worten war er seit einem bestimmten Zeitpunkt im
vergangenen Jahr in diesem Zustand.
    Wie hatte Jane Wilkonson es doch
formuliert? »Er wurde letztes Jahr etwa um die gleiche Zeit so...« Nun wünschte
ich, ich hätte genauer nachgefragt.
    Ich machte mir keine Sorgen, daß Jane
ihrem Ehemann von unserem Gespräch berichten könnte. Nach dem, was sie mir über
ihre Ehe erzählt hatte, würde sie wohl warten, ob Frank meinen Besuch im
Ranchbüro erwähnt. Und das würde er sicherlich nicht tun — nicht nachdem er so
bemüht gewesen war zu verhindern, daß man der angeblichen
Versicherungsangelegenheit weiter nachging. Wenn Jane erkannte, daß er die
Sache nicht erwähnen wollte, würde sie unser Gespräch zusammen mit den anderen
wichtigen Dingen, über die in ihrer Ehe nicht gesprochen wurde, für sich
behalten.
    Es war kurz nach fünf, Zeit für die
Rückfahrt nach San Francisco. Deshalb fuhr ich an Walts Taverne in Tres Pinos
vorbei, wo ich ursprünglich ein Bier hatte trinken wollen. Erst als ich
Hollister erreichte, entschloß ich mich, an diesem Abend nicht mehr in die
Stadt zurückzukehren; es gab einfach keinen Grund dafür. Ich hatte keinerlei
Pläne fürs Wochenende, keine Verpflichtungen. An der Abzweigung der Bundesstraße
25 nach Nordwesten in Richtung Highway 101 entdeckte ich ein Best Western Motel
mit dem Namen San Benito Inn. Kurz entschlossen legte ich eine Rechtskurve hin —
was den Fahrer des Lieferwagens hinter mir in Rage versetzte — , fuhr zur
Rezeption und nahm mir ein Zimmer. Es wird Zeit, darüber nachzudenken, was ich
machen wollte, sagte ich mir.
    Glücklicherweise habe ich immer eine
Tasche mit dem Nötigsten, Zahnbürste, Kosmetika und Klamotten zum Wechseln, im
Auto — für den Fall, daß ein Auftrag überraschend eine kurze Reise notwendig
macht. Ich trug die Tasche in das Zimmer im ersten Stock und stellte sie auf
den Kofferständer. Dann legte ich mich auf das Bett und starrte die
Rauhputzdecke an.
    Ich war nach Hollister gekommen, weil
ich spürte, daß Rudy Goldrings Gründe für die Beschattung von Frank Wilkonson
mehr mit seinem Tod zu tun hatten, als Ben Gallagher und die Polizei von San
Francisco glauben wollten. Ich hatte angenommen, daß weitere Informationen über
Wilkonson mir helfen könnten, diese Gründe herauszufinden. Aber ich war nur auf
zusammenhanglose Tatsachen gestoßen. Einzeln besehen, bedeuteten sie gar
nichts. Ich mußte noch mehr herausfinden.
    Laß das jetzt einmal, sagte ich mir.
Komm zum Kern der Sache, nämlich warum du dich überhaupt damit befaßt.
    Ich hatte keinen Auftrag mehr. Meine
Verpflichtung Rudy Goldring gegenüber war mit seinem Tod erloschen. Die Kanzlei
hatte ihm gegenüber zwar noch eine gewisse Verantwortung, weil sein
Rechtsanwalt vermutlich zum Testamentsvollstrecker ernannt worden war. Aber das
hatte nichts mit mir oder meiner Arbeit zu tun. Warum verhielt ich mich also
so, als ob es sich bei der Sache um eine laufende Untersuchung handelte?
    Langeweile, weil ich momentan einfach
zuviel freie Zeit hatte? Neugierde, weil ich diese ungeklärten Fälle nicht mag?
Engagement für die Wahrheit, weil das so meine Art ist? Wenn man in einen
Mordfall verstrickt ist, so sagte ich mir, ist es am besten, die Sache der
Polizei zu übergeben. Dies ist nicht nur der beste, sondern auch der einzig legale Weg. Aber es war nie meine Stärke gewesen, Formalitäten zu beachten oder
unnötige Risiken zu vermeiden. Und mir war langweilig. Ich hatte zuviel
Zeit. Ich war neugierig, und diese ungeklärten Tatsachen machten mich
verrückt. Außerdem hatte ich immer unter diesem etwas naiven — und vermutlich
unnormalen — Zwang gelitten, die Wahrheit erfahren zu müssen.
    Ich setzte mich auf, griff nach dem
Telefon und wählte die Nummer von Alissa Hernandez’ Büro in San Francisco. Sie
hatte schon Feierabend gemacht für heute. Ich versuchte, sie zu Hause zu
erreichen; ihr Anrufbeantworter forderte mich auf, meinen Namen und meine
Telefonnummer zu hinterlassen, damit sie mich zurückrufen konnte. Ich wollte
nicht, daß sie meinetwegen ein Ferngespräch

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