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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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streckte ihm
die Hand hin. Sein Händedruck war schlaff, als ob er es nicht gewohnt war,
jemandem — oder zumindest einer Frau — die Hand zu schütteln. »Was kann ich für
Sie tun?« fragte er. Stärker als bei seiner Frau hörte man bei ihm den
texanischen Akzent heraus.
    »Ich überprüfe einen Fall von
Fahrerflucht«, begann ich und wiederholte meine nun schon oft erzählte
Geschichte. Wilkonson hörte zu und warf seiner Sekretärin nervöse Seitenblicke
zu. Als ich fertig war, wartete er mit seiner Antwort, bis sie den Wohnwagen
verlassen hatte.
    »Ihr Zeuge hat meine Autonummer aufgeschrieben?«
fragte er.
    »Ja.«
    »Um welche Zeit am Sonntag ist das
passiert?«
    »Gegen fünf.«
    »Aha.« Er blickte auf seinen
Schreibtisch und begann, einen Stapel von Ausdrucken geradezurichten. Als er
mich ansah, las ich Verwunderung in seinen Augen. »Ich war am Wharf,
Miss Hernandez, das kann ich nicht leugnen. Und ich muß zugeben, ich habe
gewendet. Aber ich könnte beschwören, daß ich kein anderes Auto angefahren habe
— ich hätte den Aufprall spüren müssen.«
    »Der Zeuge sagte, Sie schienen wütend
gewesen zu sein. Vielleicht haben Sie es nicht gemerkt... ?«
    »Nein«, sagte er fest, »ich bin mir
sicher, daß ich es gemerkt hätte.« Ich spürte, wie seine Anspannung wuchs, wie
er dagegen ankämpfte, genau wie am Sonntag.
    »Nun«, sagte ich, »vielleicht hat sich
der Zeuge getäuscht. Er hat vielleicht nur geglaubt, daß Sie das andere Auto
angefahren haben, denn man hat auch keine grünen Farbspuren entdeckt. Meine
Theorie ist, daß der Wagen schon früher angefahren worden war und Ihr...
Fahrmanöver seine Aufmerksamkeit erregte. Ich werde mir diesen Fall wohl
genauer ansehen müssen, als ich erwartet hatte.«
    Was ich gesagt hatte, schien ihn nicht
zu erleichtern. »Wieviel würde die Reparatur kosten?«
    Ich wählte eine Zahl, von der ich
annahm, daß sie ihm hoch erscheinen würde. »Mindestens achthundert Dollar.«
    Seine Lippen zuckten, aber er sagte:
»Ich werde selbstverständlich dafür aufkommen. Ich gebe Ihnen gleich einen
Scheck.«
    »Wollen Sie nicht mit Ihrer
Versicherung sprechen? Sie müßte doch für die Reparatur zahlen...?«
    »Nein. Ich möchte nicht, daß man meinen
Beitrag erhöht... Außerdem haben wir eine Gemeinschaftspolice für die
Angestellten der Ranch, und ein Vorfall wie dieser — daß man ein Auto in einem
Wutanfall anfährt und dann flüchtet — würde meinem Ruf schaden.«
    »Ich verstehe. Und glauben Sie mir, Mr.
Wilkonson, ich kann mir vorstellen, wie so ein Unfall passiert; sonntags ist in
Fisherman’s Wharf die Hölle los. Ich nehme an, Sie haben mit der Familie einen
Ausflug gemacht?«
    »Hm, ja.«
    »Und diese Familienausflüge sind
nervig: Die Kinder jammern, weil sie nicht ins Wachsmuseum dürfen; Ihre Frau
hat in jedem Laden am Ghirardelli Square etwas gekauft; Sie wollen ein Bier,
aber die Restaurants sind zu teuer und überfüllt; die Bettler und die
Straßenhändler... Oh, ja, ich kann mir vorstellen, was Sie durchgemacht haben.«
    »Das ist richtig. Ich hasse San
Francisco sowieso. Ich fahre nur hin, wenn es gar nicht anders geht.«
    »Tatsächlich.«
    »Ja. Wollen Sie nun einen Scheck für
die Reparatur des Schadens?«
    »Sind Sie wirklich sicher, daß ich die
Angelegenheit nicht noch genauer prüfen soll? Vielleicht war es gar nicht Ihre
Schuld.«
    »Nein, ich möchte die Sache aus der
Welt schaffen. Sie wissen, wie das ist.«
    Das wußte ich allerdings. »Nun, dann
mache ich meinen Bericht, und dann wird sich jemand von der Schadensabwicklung
mit Ihnen in Verbindung setzen. Ich brauche jetzt noch kein Geld.«
    »Danke, Miss Hemandez. Sie haben sehr
viel Verständnis gezeigt.« Er war höflich, aber ich spürte den Zorn, der unter
seiner freundlichen Oberfläche brodelte. Er war nicht zwangsläufig gegen mich
gerichtet. Doch während ich diesem Mann gefolgt war, hatte ich mich gut genug
in seine Psyche eingefühlt, um zu wissen, daß er diesen Zorn kaum beherrschte
und jeden Augenblick wie eine Schrotflinte losgehen konnte. Ich dankte ihm für
seine Kooperationsbereitschaft und machte mich schleunigst aus dem Staub.
    Als ich das Auto erreichte, wurde ich
in meiner Entscheidung bestätigt. Aus dem Wohnwagen kam ein krachendes Geräusch
und ein lautes Klirren, so als ob Wilkonson etwas gegen eines der Fenster
geworfen hätte.
     
     
     

11
     
    Während ich langsam aus dem Tal
hinausfuhr, dachte ich darüber nach, was ich bei der Burning Oak Ranch

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