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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zwei Gestalten
herauskommen. Sie stiegen den Hang zu meinem Versteck hoch. Ich zog mich
zurück, als sie an dem Schutthaufen vorbeigingen.
    Der eine war der Mann, den ich vorhin
gesehen hatte, der andere war älter, schwerer und hatte weißes Haar. Sie trugen
Rupfensäcke wie die Obdachlosen, die hinter meinem früheren Wohnhaus die
Mülltonnen durchkämmten. Ich wartete, bis ich mir sicher war, daß sie
verschwunden waren; dann streckte ich den Kopf aus meinem Versteck und
betrachtete die Mühle.
    Als ich vor ein paar Tagen dort gewesen
war, hatte ich festgestellt, daß drei Menschen da lebten. Das flackernde Licht,
das ich gesehen hatte, deutete darauf hin, daß einer noch drinnen war — wahrscheinlich
der, den ich sehen wollte. Auf jeden Fall konnte ich mit einem einzelnen fertig
werden.
    Ich griff in meine Tasche und holte
meine .38er heraus. Dann kroch ich durch die Öffnung im Schutt und glitt den
Abhang zum Eingang der Windmühle hinunter.
     
     
     

21
     
    Der fensterlose Innenraum der Mühle
wurde nur von der Kerze in dem roten Glasbehälter erleuchtet; der blutige
Widerschein lag auf den acht geneigten Wänden; ein Windstoß fuhr durch die Tür
herein und ließ die Strahlen über der Oberfläche aus rauhem Gestein erzittern.
    Ich ließ die Tür offen — als Notausgang
— und stand mit dem Rücken zu ihr, den Revolver in der Hand. Eine neuerliche
kalte Böe schlug die Tür gegen die Wand und fegte durch das Loch, wo einst die
Treppe gewesen war, nach oben. Das Geräusch, mit dem die Tür gegen die Wand
schlug, war ohrenbetäubend; als das Echo langsam erstarb, hörte ich das
Gekreisch der Vögel, die in den oberen Stockwerken nisteten, und das Flattern
ihrer Flügel, als sie durch die Fenster davonflogen.
    Zuerst dachte ich, daß niemand in der
Mühle wäre. Dann kam ein überraschtes, fragendes Grunzen vom hinteren Teil des
Raumes, wo die Kerze auf dem Boden stand. Mit verengten Augen spähte ich dort
hinüber. Im Lichtschein sah ich einen Mann, der auf einem Nest aus Decken lag.
Er versuchte sich aufzurichten. Es war Bob Choteau.
    »Hm?« fragte er nochmals. Das war Frage
und Protest zugleich. Ich ging ein paar Schritte nach vorne; den Revolver hielt
ich mit beiden Händen vor mich. Choteaus Haar und Bart waren ungekämmt und
verwahrlost; seine Augen hatten einen unbestimmten, glasigen Ausdruck — die
Augen eines Menschen, der entweder betrunken ist oder unter Drogenwirkung
steht.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis er
seinen Blick auf mich richten konnte, und dann vergingen noch einige weitere,
bis er reagierte.
    »Oh!« Dieses Mal klang es eher wie ein
Knurren. Er kämpfte sich in eine hockende Stellung empor.
    Ich hob den Revolver höher. »Regen Sie
sich nicht auf, Bob«, sagte ich. »Ich bin nicht gekommen, um Sie zu verhaften.«
    Er verharrte einen Augenblick
regungslos und fiel dann wieder auf den Boden zurück.
    »Erinnern Sie sich noch an mich, Bob?«
fragte ich. »Ich habe vor zwei Wochen Rudy Goldring besucht. Sie haben mich
hereingelassen.«
    Er schüttelte den Kopf, als ob er
hoffte, dadurch klarer denken zu können und hob eine Hand an die Augen.
    »Sind Sie in Ordnung?«
    Nach einer Weile sagte er: »Nur
betrunken. Red hatte etwas Gin übrig von... er hatte etwas Gin. Dachte, ich
wüßte es nicht, aber ich hab’ ihn getrunken, als er unterwegs war. Bin Gin
nicht gewöhnt.« Er nahm die Hand von den Augen. Sie waren immer noch glasig,
aber nun sah er besorgt aus. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. »Red wird
mich umbringen, wenn er merkt, daß ich den ganzen Gin getrunken habe.«
    »Red ist der Kerl, der gerade mit dem
weißhaarigen Mann weggegangen ist?«
    »Sie waren hier? Na ja, wahrscheinlich.
Red ist mein Freund, ich kenne ihn von der Zeit als... seit langem. Hat mir
geholfen, mich vor den Bullen zu verstecken, hier einzuziehen. Und ich habe
seinen Gin gestohlen. Wie tief kann man sinken.«
    Choteau zog die Knie an die Brust,
legte die Arme um sich und begann hin und her zu schaukeln. Ich wußte nicht, ob
er sich vor Red fürchtete oder sich schämte oder nur in Selbstmitleid badete.
»Ich gebe Ihnen etwas Geld, dann können Sie Red den Gin ersetzen«, sagte ich.
    »Warum tun Sie das?«
    »Sie haben Informationen, die ich
brauche. Ich gebe Ihnen zehn Dollar, wenn Sie meine Fragen beantworten.«
    »Was für Fragen?«
    »Fangen wir doch gleich an: In der
Nacht von Samstag auf Sonntag, gegen ein Uhr morgens ist ein Mann
hierhergekommen. Was ist mit ihm passiert?«
    Choteau winkte

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