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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Wein und fuhren dann in meinem MG zur
Kanzlei zurück. Hank hielt sich am Sitz fest und schaute angespannt auf den
Verkehr, wie immer, wenn ich am Steuer sitze.
     
    Als wir zur Tür hereinkamen, sagte Ted:
»Oh, warten Sie einen Moment — sie kommt gerade zurück«, und hielt mir den
Hörer seines Telefons hin.
    »Pech«, meinte Hank und ging zu seinem
Büro.
    Ich hatte auf der Rückfahrt geklagt,
daß ich versäumt hatte, im Restaurant noch auf die Toilette zu gehen.
    Ich ergriff den Hörer. »Sharon McCone.«
    »Sharon, hier ist Walt Griscom. Von der
Taverne...«
    »Walt. Wie geht es Ihnen?«
    »Ich habe gerade eine Nachricht im
Polizeifunk gehört. Da dachte ich an Sie und habe Ihre Karte hervorgekramt.
Frank Wilkonson ist tot.«
    Blitzartig wurde ich wieder nüchtern
und vergaß sogar mein Blasenproblem. Ich setzte mich auf Teds Schreibtisch.
»Wie? Wo?«
    »Wanderer haben heute früh in der Nähe
des San-Luis-Reservoirs seine Leiche entdeckt. Er wurde durch einen Kopfschuß
getötet. Er scheint woanders ermordet und dann zum Reservoir gebracht worden zu
sein.«
    »Wo ist das Reservoir?«
    »Im Stadtpark, etwa sechzig Kilometer
nordöstlich von hier.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wie lange er
schon tot ist?«
    »Nein, mehr weiß ich bisher auch nicht.
Offensichtlich wurde er seit einigen Tagen vermißt.«
    »Was ist mit der Tatwaffe?«
    »Am Tatort hat man keine Waffe
gefunden. Aber soviel ich im Radio gehört habe, würde ich sagen, ein kleines
Kaliber, vermutlich eine .22er.«
    Die typische Hausbesitzerwaffe. Auch
Rancher verwenden sie gerne für die Fuchsjagd. »Ist das alles, was Sie gehört
haben?«
    »Bis jetzt ja. Haben Sie vor, dorthin
zu fahren?«
    »Ich habe keine offizielle Befugnis.
Aber Sie...«
    »Miss McCone, ich bin pensioniert.«
    »Mr. Griscom, ich bin sicher, Sie haben
viele Freunde im Büro des Sheriffs. Und Sie betätigen sich offensichtlich immer
noch gern in Ihrem alten Beruf.«
    »Gut. Ich will sehen, was ich
rauskriege. Kann ich Sie unter dieser Nummer erreichen?«
    Ich dachte daran, wo ich Frank
Wilkonson das letzte Mal gesehen hatte. »Nein. Sind Sie in der Taverne?«
    »Bis zur Sperrstunde.«
    »Dann ruf ich Sie dort an.«
     
    An diesem Nachmittag um vier Uhr war
der westliche Abschnitt des Golden-Gate-Parks fast menschenleer, obgleich das
Wetter immer noch schön war. Ein paar verrückte Touristen betrachteten die
Murphy-Windmühle aus sicherer Entfernung. Sie hätten mich sowieso nicht
bemerkt. Ich hatte mich in dem Versteck verkrochen, das ich von Samstag auf
Sonntag schon benutzt hatte. Diesmal war ich passend angezogen, mit dunklen
Klamotten, die sich von dem alten Holz und dem rostigen Wellblech fast nicht
abhoben. Ich hatte belegte Brote, Obst und eine Thermoskanne mit starkem Kaffee
mitgebracht. Nach einer Weile bereute ich, mit Hank mittags Wein getrunken zu
haben; ich fühlte mich ausgedörrt und hatte einen leichten Kater.
    Das war unklug, McCone, tadelte ich
mich. In deinem Alter sollte man vernünftig und maßvoll leben. Was ist los mit
dir?
    Vernünftig und maßvoll zu sein ist
langweilig, antwortete mein aufmüpfiges Ich. Wein und Auberginen Parmigiana
sind mir allemal lieber als Heilwasser und Naturkost.
    Die Zeit verging langsam. Die Schatten
des Dickichts um mich herum wurden länger; das Schachbrettmuster von den
fehlenden Schindeln auf der Windmühle änderte sich im Wechsel des Lichtes
beständig. Das Brausen des Verkehrs auf dem Great Highway schwoll zur Stoßzeit
an. Gegen halb sechs tauchte auf dem Weg aus westlicher Richtung ein magerer
Mann mit schütteren roten Haaren und zerlumpter Kleidung auf. Er schaute sich
um, ging dann um die Windmühle herum und verschwand aus meinem Blickfeld. Ein
paar Sekunden später hörte ich, wie die Tür zur Windmühle geöffnet und wieder
geschlossen wurde.
    Ich trank Kaffee aus der Plastiktasse
der Thermoskanne, während ich weiter wartete. Ich wußte nicht genau, worauf ich
wartete, aber die Spannung in mir wuchs; ich hatte das Gefühl, daß bald etwas
passieren würde.
    Es wurde nun schnell dunkel. Vögel
begannen in die Fensteröffnungen der Windmühle zurückzufliegen. Die Temperatur
sank, es wurde kühl; die Luft schien feuchter zu werden und roch stark nach
Meer.
    Das Knarren der Tür unterbrach meine
Gedanken. Ich setzte meinen Kaffee ab, lehnte mich nach vorne und spähte in die
Dämmerung hinaus. Ein Lichtstreifen flackerte kurz über dem Eingang aus Beton
auf; bevor sich die Tür zur Mühle wieder schloß, sah ich

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