"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
plötzlich fühlten wir uns wieder wie die B-Jugendspieler. Denn unser damaliger Trainer Mirko Slomka war dort wieder unser Chefcoach. Es war ein bisschen wie in den alten Zeiten. An diese denke ich gerne zurück, aber ich bin auch froh, dass Gerald und ich eine Zukunft haben. Denn wer seit dem zwölften Lebensjahr trotz dieses Berufs ständig Kontakt hält, der hat so eine Art seelisches Band geknüpft. Da ist mir um unsere Freundschaft nicht bange.
Erste Schultage
In die Schule ging es für meine Schwestern und mich schon zwei Wochen nach unserer Ankunft in Deutschland. Wir konnten fast kein Deutsch, aber es blieb uns keine andere Wahl, wir mussten uns der Herausforderung stellen. Meine kleine Schwester sollte die gleiche Grundschule wie mein kleiner Bruder besuchen, meine große Schwester kam auf die Hauptschule und mich steckte man in die sogenannte Orientierungsstufe der sechsten Klasse. Was für ein Sprung – ohne Deutschkenntnisse auf eine deutsche Schule!
Ich war komplett auf mich allein gestellt. Mein Vater fuhr zwar, einen Tag bevor es losging, mit mir die Strecke zur Schule mit der Straßenbahn einmal ab, kaufte die Fahrkarte und zählte mit mir die Stationen, doch es half nichts: Ich war einigermaßen verwirrt. Stellen Sie sich vor: Gerald Asamoah, gerade einmal zwei Wochen in Deutschland, fährt allein in eine deutsche Schule, obwohl er noch gar kein Deutsch kann, und ist zudem noch der einzige Schwarze in der neuen Klasse. Aber ich hatte keine andere Wahl: Da musste ich durch! Zu meinem Glück mussten einige andere Kinder aus unserer Gegend auch den langen Schulweg auf sich nehmen. Ich hängte mich dran, meisterte also dieses Handicap und wurde in der Schule mit wenig Tamtam von meiner Lehrerin meinen neuen Klassenkameraden vorgestellt. Diese nahmen mich erstaunlich gut auf. Ich bekam einen Platz neben Fabian Ernst zugewiesen, der zufälligerweise später auch mit mir Profifußballer geworden ist. Seitdem ist mir klar: Zufälle kann es im Leben nicht geben!
Im Unterricht habe ich das meiste nicht verstanden, wie auch? In der Folge bekam ich viel Förderunterricht und meine Lehrerin Frau Schlossauer unterstütze mich nach Kräften. Sie gab mir auch noch nebenbei Nachhilfe.
Nicht, dass alles Gold war, was glänzte: Natürlich hatte ich es in der Schule auch mit ein paar Idioten zu tun, die mich gerne hänselten. Ein paarmal habe ich mich mit denen, die mich provoziert haben, auch geprügelt.
Anfangs stand ich auf dem Schulhof oft allein herum und beobachtete die anderen Jungs, wie sie mit einem Tennisball Fußball spielten. Als Fabian Ernst mich dann aber einlud mitzuspielen, machte ich mit und hatte so schnell Fußballfreunde gefunden. Und so abgegriffen es auch klingen mag: Fußball und Spiel sind eine Art von Kommunikation, bei der egal ist, ob man Deutsch oder Englisch oder Twi spricht. Die Unterschiede verschwinden, wenn der Ball in das Tor soll.
Und noch ein anderes Schlüsselerlebnis ist mir in Erinnerung. Wir machten eines Tages von der Schule aus einen Ausflug ins Theater. Dort trat eine afrikanische Tanzgruppe auf, die sogar aus Ghana kam. Als diese auf der Bühne lostanzte, haben mich meine Mitschüler aufgefordert mitzumachen. Wahrscheinlich wollten sie sich kaputtlachen, wollten, dass der schwarze Junge sich beim Tanzen blamiert. Naiv wie ich war, bin ich aber sofort nach vorne und habe mitgetanzt, wie ich es aus Ghana kannte. Unglaublich, aber wahr, das war auf der Schule mein Durchbruch! Denn anders als vermutlich von einigen erwartet, brachte mir die Aktion einen gehörigen Respekt ein. Plötzlich war ich akzeptiert, jeder kannte mich und ich war regelrecht beliebt. Es ging sogar so weit, dass ich eine eigene Tanzgruppe leitete, die regelmäßig in der Schule Auftritte hatte. Mein Mut hatte mich also belohnt, ohne dass ich vorher darüber viel nachgedacht hatte. Eine Fähigkeit, die mir später als Fußballprofi noch gute Dienste leisten sollte.
3 Meine erste Schulklasse in Hannover. Ich habe mich unter meinen deutschen Freunden schnell sehr wohlgefühlt!
Ein komischer Kauz war ich schon auch manchmal. Während meine Schulkameraden meist Wurst auf dem Pausenbrot hatten, liebte ich einen anderen Belag: zwischen zwei Hälften Toastbrot musste Ei sein! Mann, das war mein Lieblingsessen, der pure Luxus. Ei, in Ghana nur an Feiertagen auf dem Tisch, sollte jetzt jeden Tag Bestandteil meines Pausenbrots sein. Meistens habe ich es schon auf dem Schulweg weggehauen. Dieses Verhalten
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