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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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Alles dreht sich nur um dich. Jeder fragt: Wie geht es deinem Sohn? Und kaum jemand fragt: Debbie, wie geht es dir? Ich glaube, dass sie ab und zu auch gerne mal im Mittelpunkt stehen möchte. Und dann, in solchen Augenblicken wie eben, ergreift sie ihre Chance, um uns z.B. zu zeigen, wie toll sie stricken kann. Das ist etwas, das läuft im Unterbewusstsein ab. Ich glaube, deine Mama wünscht sich ganz tief in ihrem Herzen ein kleines bisschen mehr Anerkennung für das, was sie leistet. Du darfst nicht vergessen, mein Kleiner, dass sie seit fünfzehn Jahren keine einzige durchschlafene Nacht mehr wegen dir hat. Natürlich kannst du nichts dafür, und das sagt auch niemand, aber manchmal hat deine Mama einfach keine Kraft mehr, und wenn sie dann gewisse Dinge sagt, dann meint sie das nicht so. Sie hat dich unendlich lieb und würde für dich alles stehen und liegen lassen. Das weißt du auch.«
    Ich sagte: »Aber wieso redet sie dann ständig auf Englisch mit mir? Ich habe ihr schon hundertfach erklärt, dass ich das nicht leiden kann. Ich wohne jetzt in Deutschland, und da braucht man kein Englisch.«
    »Vielleicht möchte sie einfach nur, dass du es nicht verlernst?«
    »Dann verrate mir bitte, warum sie nur dann mit mir Englisch spricht, wenn sie sauer auf mich ist?«
    Lars lachte und sagte: »Yo bitch, shut the fuck up!«
    Ich musste kichern, weil ich das verstehen konnte.
    »Alter, ich hab ’ne coole Idee. Was hältst du davon, wenn wir deine Mama morgen Abend einfach mal für ihr phantastisches Essen loben? Komm, wir machen ihr ein paar schöne Komplimente, damit sie sich besser fühlt. Okay?«
    »Okay«, sagte ich halb abwesend, denn auf einmal tauchten die Worte vor meinem Auge auf, die Mama im Restaurant gesagt hatte, und ich sprang aufgeregt vom Sofa auf, um mich besser freuen zu können.
    »Kommst du mich wirklich ab sofort jede Woche besuchen?«
    Lars nickte, und ich drehte mich so lange im Kreis, bis ich Sterne sah und erschöpft zurück in seine Arme sank.

7
    Als wir am nächsten Tag vom Hospiz nach Hause kamen, lag endlich mein neues Handy in der Post, worauf ich schon die ganze Woche sehnsüchtig gewartet hatte. Mein erster Gedanke war: Wie geil! Wie geil! Wie geil! Wenn ich damit in der Schule über den Pausenhof laufe, finden mich bestimmt alle supercool.
    Ich schmiss meine Tasche achtlos in die Ecke, setzte mich auf den Boden und packte das Paket aus.
    »Was is’n das?«, fragte Lars neugierig.
    »Mein BlackBerry«, erklärte ich ihm. »Das habe ich mir jedes Mal gewünscht, wenn …«
    »… und heute kam der Weihnachtsmann?«, unterbrach er mich lachend. »Ein bisschen früher als sonst, hmm?«
    »Ähh, was? Ja, ist doch egal.«
    »Und von wem hast du das bekommen?«
    »Ähh, von Mama«, sagte ich, während ich schon die Einzelteile zusammensetzte.
    »Komm, bedanke dich schnell bei ihr. Darüber freut sie sich.«
    »Ja, gleich. Ich muss erst den Akku einsetzen. Warte, wie herum gehört das?«
    Im nächsten Augenblick kam Mama in mein Zimmer geschlichen. Sie blieb, ohne etwas zu sagen, neben Lars stehen. Ich drehte mich zu ihr um. Sie sah traurig aus.
    Ich sagte: »Danke, Mama.«
    »Das war für deinen Namenstag«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Ich hatte gehofft, es dir gestern im Restaurant schon geben zu können, aber man kann nicht alles haben im Leben.«
    Dann ging sie in die Küche zurück.
    »Mama, Mama«, rief ich schnell. »Komm mal. Ich muss dir noch was sagen. Bitte. Bitte.«
    »Nein, jetzt nicht«, rief sie zurück.
    »Warum nicht?«
    Sie antwortete nicht, rief aber leise nach Lars. Er ging in die Küche, schloss die Tür hinter sich, und ich blieb alleine in meinem Zimmer zurück. Normalerweise hätte ich sie jetzt heimlich belauscht, aber es gab Wichtigeres zu tun. Endlich war es da. Endlich, endlich, endlich. Ich war überglücklich und fühlte mich damit wie der König von Blankenese.

    Im Hospiz hatte ich meinen Betreuerinnen heute gezeigt, wie man einen Bauernzopf flechtet. Zuerst waren sie etwas skeptisch, aber als Steffi sich bereit erklärte, als erstes Versuchskaninchen zur Verfügung zu stehen, und Annika sah, wie gut mir das gelang, waren alle ganz begeistert. Sie wollte wissen, wer mir das beigebracht hatte, und ich erklärte ihr, dass ich fast jeden Tag mit Anna übte. Sogar Franzi kam neugierig aus ihrem Büro geschlendert, um uns zuzugucken. Alle waren stolz auf mich. Ich überlegte, Mama davon zu erzählen, aber dann ließ ich es doch bleiben, obwohl es mir auf

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