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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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darüber auf, dass das Rindfleisch in dem Restaurant schon ausverkauft war, obwohl sie auf dem Bürgersteig mit einem Schild dafür Werbung machten. Lars aß einen großen Salat mit bunten Blumen, ganz ohne Fleisch, und Papa witzelte, dass sein Teller nach Hasenfutter aussah. Das war so lustig, dass wir alle wieder lachten. Ich hatte dann aber Mitleid und teilte wenigstens meine Pommes mit Lars. Er durfte sie sogar durch meine Soße tunken. Normalerweise mag ich das nicht so, aber bei meinem neuen großen Bruder machte ich eine Ausnahme.
    Auf dem Rückweg fragte ich Mama, was sie sich von mir zu Weihnachten wünschte. Ich wollte ihr nämlich einen Massagegutschein schenken, weil sie ständig über Rückenschmerzen und Verspannungen klagte. Ich hatte mir das gut gemerkt, aber sie meinte sofort, dass sie den nicht haben wolle. Ich drehte mich zu ihr um, so dass alle stehen blieben.
    »Aber was wünschst du dir dann?«, fragte ich.
    »Zwei Wochen Urlaub mit Martin in Südafrika – ohne dich. Du kommst zu Lars nach Berlin.«
    Lars, der direkt neben mir lief, schaute zu mir runter und legte seinen Arm um meine Schultern. Wir spazierten wieder weiter. Ich hatte den Eindruck, dass er von Tag zu Tag trauriger wurde. Dann überlegte ich, wie Mama das gemeint haben könnte. Ob sie wirklich so gemein wäre, ohne mich nach Südafrika zu fliegen. Nein, das würde sie mir niemals antun. Sicher hatte sie nur Spaß gemacht. Es wäre schon schön, träumte ich vor mich hin, mal wieder meine alten Nachbarn zu sehen und Milo, meinen Hund. Da ich aber nicht mehr fliegen darf, müsste ich mit dem Schiff übers Meer fahren, und das würde viel zu lange dauern. Nein, ich wollte nicht länger darüber nachdenken.
    Zu Hause hatten wir uns alle wieder lieb, und ich hielt Mama mein Strickzeug vor die Nase. Ich sollte es eigentlich im Hospiz lassen, aber ich hatte Annika versprochen, es am nächsten Tag wieder mitzubringen. Ich wollte es unbedingt Mama zeigen, damit sie stolz auf mich sein konnte.
    »Schau mal Mama, das habe ich heute gemacht. Das wird ein Schal.«
    Mama nahm es mir aus der Hand, begutachtete es kritisch und fing an zu lachen.
    »Was soll das denn sein?«, sagte sie und zog ihre Augenbrauen nach oben. »Das ist ja gar nicht richtig gestrickt, überall Laufmaschen.«
    Dann zog sie alles auf und begann selbst zu stricken.
    »Mama, was machst du denn da?«
    »Deine Fehler ausbessern.«
    »Aber Mama, ich habe das doch heute erst gelernt.«
    »Du hast trotzdem alles falsch gemacht.«
    Lars klatschte plötzlich in die Hände und sprang vom Sofa auf. »Komm Daniel, alter Schimpanse, lass uns mal in dein Zimmer gehen und da ein bisschen abhängen.«
    »Hey, ich bin kein Schimpanse«, rief ich ihm hinterher. »Bist selbst ein Affenkopf.«
    Wir ließen Mama mit dem Strickzeug alleine und setzten uns auf mein Sofa.
    »Warte«, sagte ich und stand wieder auf. »Muss erst die Tür abschließen.«
    »Bist du traurig wegen eben?«
    »Was meinst du?«
    »Über die Reaktion deiner Mama.«
    »Ja, schon, aber scheiß drauf. Wer braucht die schon?«
    »Du brauchst sie.«
    »Scheiß drauf!«
    »Deine Mama hat dich ganz doll megamäßig lieb, aber sie kann es eben nicht immer so zeigen, wie du es gerne hättest, weißt du?«
    Ich holte Anna aus dem Schrank, setzte mich wieder zu Lars und kämmte ihr schön gleichmäßig durch die Haare.
    »Aber warum kann sie nicht sagen: Das hast du gut gemacht, Daniel.«
    »Das kann sie bestimmt, aber vielleicht denkt sie in solchen Momenten ganz einfach nicht daran. Das heißt nicht, dass sie nicht stolz auf dich ist. Sie meint das nicht böse.«
    »Aber warum bin ich dann so traurig? Ich möchte so sehr, dass sie stolz auf mich ist, so wie die anderen Mamas auf ihre Kinder.«
    »Ach, komm mal her«, sagte Lars und zog mich an sich. Ich konnte Anna nicht weiter kämmen und legte eine Pause ein. Dann ließ er mich wieder los. Ich kümmerte mich um Annas Haare, und Lars sagte: »Weißt du, was ich glaube?«
    Ich schaute auf den Boden und schüttelte mit dem Kopf.
    »Ich glaube, in solchen Momenten wie gerade eben, ist deine Mama eifersüchtig auf dich.«
    »Häh?«, kam es aus mir raus, und viele Fragezeichen flogen durch meinen Kopf.
    »Pass auf! Ich erklär’s dir. Das ist jetzt vielleicht nicht einfach für dich, aber ich glaube, dass du es verstehst, wenn du dich mal ganz kurz konzentrierst, okay?«
    »Okay.«
    »Versuch, dich mal in die Lage deiner Mutter hineinzuversetzen. Sie widmet dir ihr ganzes Leben.

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