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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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vierten Klasse war. Da war ich also in deinem Alter. Nein, warte. Ich war jünger, viel jünger. Ich war zehn Jahre alt.«
    »Ich bin ja fünfzehn«, sagte ich.
    »Richtig. Also pass auf: Meine Mama ist bei uns ausgezogen, und plötzlich stand mein Papa ganz alleine da. Er musste sich um meinen Bruder kümmern und um mich. Er hatte bei der Bank einen hohen Kredit aufgenommen, um ein schönes Haus zu bauen, was jetzt natürlich viel zu groß für uns war. Dazu war ich als Kind oft krank und auch nicht so gut in der Schule. So weit alles mitbekommen?«
    »Ja.«
    »Die Situation war wirklich nicht einfach für meinen Papa, aber er hat alles hinbekommen. Von Montag bis Freitag hat er sich komplett zurückgenommen, damit es uns an nichts fehlte. Er hielt meine Hand, wenn ich mit 40° Fieber im Bett lag und keine Luft mehr bekam, und gab mir Nachhilfeunterricht, damit ich nicht sitzen blieb. An den Wochenenden habe ich dann meine Mama besucht und wurde von vorne bis hinten verwöhnt. Sie hat mir jeden Wunsch erfüllt, hat mir Frühstück ans Bett gebracht, all so was, und wenn ich neue Turnschuhe wollte, bekam ich sie einfach. Und eines Tages, als ich total sauer auf meinen Papa war, weil er mir nicht erlaubte, auf eine Party zu gehen, da sagte ich zu ihm: Ich hasse dich. Ich ziehe einfach zu Mama. Bei ihr ist es ohnehin viel cooler. «
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Gar nichts. Er hat mich nur angeguckt, einfach nur angeguckt. Kannst du dir vorstellen, wie schlimm das für ihn gewesen sein muss?«
    »Ja.«
    »Ich glaube, er hat auch geweint.«
    »Aber warum hast du das gesagt, wenn du deinen Papa doch lieb hast?«
    »Keine Ahnung, warum sagst du denn manche Sachen?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    »Na, denk mal drüber nach«, grinste mich Lars an und begann wieder, den Ball in die Luft zu werfen.
    »Aber ich komm nicht drauf«, sagte ich.
    »Weil wir Menschen sind.«
    »Das soll die Antwort sein?«
    »Ja, das ist die Antwort. Der liebe Gott hat uns mit Absicht nicht perfekt gemacht. Wir sagen manchmal Dinge, die wir nicht so meinen. Wichtig ist nur, das wir unsere Fehler erkennen und aus ihnen lernen.«
    »Aber woher soll ich das denn wissen? Ich bin noch nicht so groß wie du oder Mama oder Papa.«
    »Da mach dir mal keine Gedanken. Wir sind auch nicht schlauer als du. Wir denken es vielleicht, sind es aber nicht. Ganz im Gegenteil. Guck mal, wenn die Erwachsenen sich manchmal blöd benehmen, wenn sie doof zu einem sind oder gemeine Dinge tun, dann machen sie es fast nie wegen dir, sondern meistens wegen sich selbst. Du bist einfach nur gerade da und bekommst es deswegen ab. Wenn deine Mama nach der Arbeit gestresst ist, weil ganz viele Besucher ins Café kamen, und du, wie jeden Abend, deine Tabletten nicht nehmen willst, dann lässt sie an dir den Dampf ab, der sich den ganzen Tag bei ihr angestaut hat. Deswegen fragst du dich auch manchmal, weswegen du Ärger bekommst und gar nicht genau weißt, warum überhaupt. Das muss nicht zwangsläufig an dir liegen, wenn deine Eltern schlechte Laune haben.«
    Ich sagte: »Okay.«

    Lars war längst wieder in seinem Zimmer, aber ich lag immer noch regungslos in meinem Bett und hörte meinem Herzen beim Klopfen zu. Ich versuchte, meine Gedanken zu ignorieren, aber so sehr ich mich auch auf mein Herz konzentrierte, ich schaffte es nicht. Ich musste an Mama denken und die Dinge, die sie mir am Wohnzimmertisch gesagt hatte. Bin wirklich ich schuld daran, dass unsere alte Familie in Südafrika auseinandergebrochen ist? Bin ich schuld daran, dass wir heute keinen Kontakt mehr zu meinem richtigen Papa und meinem richtigen Bruder haben? Ist das alles nur passiert, weil ich so krank war? Wenn ich doch bloß nicht so … Es stimmt ja, was Mama und Papa sagen. Sie müssen tatsächlich ihr ganzes Leben nach mir ausrichten. Früher, als es mir noch nicht so schlecht ging, konnten wir wenigstens noch in den Urlaub fahren. Da gab es etwas, auf das wir uns gemeinsam freuen konnten. Seit diesem Jahr ist alles anders. Meine Kräfte lassen nach. Vor zwei Jahren waren wir zwar noch für zehn Tage auf der Insel Usedom, aber es regnete die ganze Zeit wie in Strömen, weswegen es kein schöner Urlaub war. Früher nahmen Mama und Papa mich mit in die Türkei, nach Griechenland und Bulgarien. Das waren schöne Urlaube voller Sonnenschein. Alles vorbei. Es blieben nur die Erinnerungen. Bevor ich schlafen ging, legte ich meiner Mama das BlackBerry auf ihr Bett. Ich wollte es nicht mehr haben. Sie

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