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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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sonderlich groß. Als wir durch die Türe traten, klingelte es leise. Es roch süßlich, nach orientalischen Gewürzen und schwarzem Tee. Ich schaute an die Wände, die mit vielen schönen bunten Stoffen vollbehangen waren. Das gefiel mir. Trotzdem hatte ich ein bisschen Angst. Aus dem Hinterzimmer rief eine männliche Stimme: »Komme gleich.«
    Ich stellte mich dicht neben Lars. Ob es eine gute Idee war herzukommen? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sonst regelte ja Mama alles für mich. Zum ersten Mal hatte ich etwas auf eigene Faust organisiert, ohne Hilfe, aber als dieser fremde Mann mit dem grauen Bart plötzlich vor mir stand, bekam ich weiche Knie. Er sah uns an und lächelte freundlich. Ich atmete tief ein und sagte: »Hallo, ich bin Daniel. Also, ich bin, ich meine, wir hatten, ähh …«
    »Wir sind hier wegen des Praktikums«, sprang Lars für mich ein. »Sie hatten mit meinem kleinen Bruder bereits telefoniert. Es handelt sich um ein einwöchiges Schulpraktikum, und Daniel überlegt gerade, wo er es machen könnte. Deswegen sind wir hier.«
    »Wunderbar«, sprach der Mann mit dem türkischen Akzent. »Sieh dich ruhig um, Daniel. Darf ich euch einen Tee anbieten oder Gebäck?«
    Ich schüttelte mit dem Kopf, und Lars sagte: »Nein, danke. Sehr freundlich.«
    »Wenn du Fragen hast, immer raus damit.«
    Der Mann sah mich an, und ich bekam Angst, weil ich keine Fragen hatte und schnell wieder nach Hause wollte.
    »Vielen Dank für Ihre Zeit«, sagte Lars, nachdem wir uns etwas im Laden umgesehen hatten, und schüttelte die Hand des Besitzers, der mich freundlich anlächelte. »Wir haben ja Ihre Nummer. Und falls meinem Bruder später noch etwas einfallen sollte, darf er Sie sicher anrufen, oder?«
    »Aber natürlich. Auf Wiedersehen, Daniel. Bis bald hoffentlich.«
    »Auf Wiedersehen«, erwiderte ich leise.
    Auf dem Weg zum Auto sprachen wir kein Wort. Es stand ja auch gleich um die Ecke. Als ich wieder auf dem Beifahrersitz Platz nahm, und Lars für mich die Heizung anschaltete, sagte ich: »Lief doch ganz gut.«
    Lars brauchte dringend einen Espresso. Wir fuhren ins Café Bohne, und ich nutzte die Zeit, um Mama anzurufen. Sie war mit Papa schon zum Griechen gelaufen, weil ja Samstag war und Papa dort samstags Karten spielte. Ich glaube, Mama freute sich darüber, dass Lars gerade da war, um auf mich aufzupassen. Sie sagte: »Macht euch einen schönen Tag und bleibt solange weg, wie ihr wollt.«
    Ich hatte das Handy, wie immer, auf Lautsprecher gestellt, und Lars grinste schon verdächtig.
    »Du hast deine Mutter gehört. Wir können machen, was wir wollen. Worauf hast du Lust?«
    »Rabatz«, sagte ich und rieb mir die Hände.
    »Bitte?«
    »Das ist ein Spieleparadies, du Honk!«
    »Ist das nicht ein bisschen anstrengend nach gestern? Oder hast du schon vergessen, was passiert ist? Dein Herz, Krankenhaus …«
    »Ich scheiß aufs Krankenhaus!«, motzte ich. »Hast du nicht mal gesagt: So wie du jeden Augenblick erlebst, erlebst du dein ganzes Leben?«
    Lars schaute mich überrascht an.
    »Erstaunlich, was du dir merken kannst. Kaum zu glauben.«
    »Ich will jetzt Spaß haben. In diesem Augenblick. Nicht morgen. Auch nicht übermorgen. Komm schon!«
    »Okay, aber versprich mir, dass wir’s langsam angehen.«
    »Ja, versprochen.«
    »Schau mal«, sagte Lars und zeigte in den Himmel. »Die Sonne kommt sogar heraus. Heute ist wirklich kein guter Tag zu sterben.«
    »Siehst du!«, lachte ich. »Wenn selbst die Sonne auf unserer Seite ist, kann nichts Schlimmes passieren.«
    Im Spieleparadies war die Hölle los. Ein Mädchen, jünger als ich, ritt gerade auf dem elektronischen Bullen. Ich stellte mich an den Zaun neben die anderen Kinder und schaute ihr zu. Sie machte ihre Sache gut. Sehr gut sogar. Besser, als ich es je könnte, wenn ich dürfte. Aber ich darf ja nicht. Wegen meines Rückens. Als sie schließlich von dem immer wilder werdenden Bullen abgeworfen wurde und in den weichen Polstern landete, applaudierte ich. Ihre Freundinnen warteten schon auf der anderen Seite und nahmen sie in den Arm. Ich drehte mich um und lächelte. Auf mich wartete Lars. Ich fuhr mit der Eisenbahn, paddelte in einem Tretboot durch ein Wasserbecken, spielte an den Automaten, warf Basketbälle in einen Korb, versuchte auf einer Balancierstange mein Gleichgewicht zu halten, schaute anderen Kindern zu, wie sie die Riesenrutsche bezwangen, kletterte durch die Kletterwelt, ballerte mit einer Schaumstoffballkanone durch die

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