Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
Gegend und haute den Lukas. Nach zwei Stunden bekam ich Hunger, und wir setzten uns ins Restaurant. Eine Frau rief durch die Lautsprecher, dass Christians Geburtstagsfeier jetzt beginnen würde und dass seine Freunde zu den Tischen drei und vier in den zweiten Stock kommen sollten. Ich tunkte meine Pommes in den Ketchup. Ich fühlte mich erschöpft, aber ich ließ mir nichts anmerken.
Die Nacht im Krankenhaus hatte ihre Spuren hinterlassen, aber der beste Weg war immer noch, in den Angriff überzugehen, Spaß haben, Dinge erleben, Pommes essen.
»Darf ich gleich eine Runde Gokart fahren?«
»Netter Versuch«, lachte Lars, und ich grinste schelmisch zurück. Am Tisch neben uns saßen zwei Jungs, vielleicht zwölf oder dreizehn, und ich überlegte, wie es wohl wäre, einen besten Freund in meinem Alter zu haben. Vielleicht jemanden, der, wie ich, auch nicht so lange durchhält. Es ist ja keine große Leistung, eine geile Zeit zu haben, wenn dir nichts fehlt; wenn du vor lauter Vorfreude auf den bevorstehenden Tag jubelnd aus dem Bett springst; wenn du jemanden hast, mit dem du deine Träume teilen kannst. Ich musste mich heute dazu zwingen. Es ist nicht so einfach, die Schönheit in der Welt zu erkennen, wenn du permanent von einem Monster verfolgt wirst. Trotzdem weiß ich, dass es keinen anderen Weg gibt. Ich darf mich nicht aufgeben, und deshalb muss ich mein Glück, an Tagen wie diesen, erzwingen. Manchmal, wenn ich wegen meinen Krankheiten gewisse Sachen nicht machen darf, wie Gokart-Fahren zum Beispiel, schließen Lars und ich die Augen und stellen es uns einfach vor.
»Was siehst du?«, frage ich ihn dann, und er beschreibt es mir bis ins kleinste Detail. Er erzählt immer so schön. Und wenn ich tief im Traumland versunken bin, fühlt es sich an, als ob ich es wirklich erleben würde. Ein bisschen. Auf dem Weg zum Ausgang kamen wir wieder beim elektronischen Bullen vorbei.
»Bruderherz, tust du mir einen Gefallen?«
»Klaro.«
»Ich darf ja leider nicht, also musst du jetzt ran. Reite den verdammten Bullen für mich!«
Als ich aufwachte, war es schon dunkel. Ich stolperte etwas tapsig durch die Wohnung, schaute ins Gästezimmer, das leer war, und ging weiter ins Wohnzimmer. Mama und Papa lagen auf dem Sofa und guckten Supertalent .
»Wo ist Lars?«, fragte ich.
»Der ist doch bei seinem Date«, lachte Mama.
»Ach, stimmt.«
Ich rieb mir den Sand aus den Augen. Ich hatte den ganzen Nachmittag verschlafen. Rocky sah mich an und lief schnurrend an mir vorbei. Ich stand eine ganze Weile planlos im Wohnzimmer herum, bevor ich mich zu Mama unter die Decke kuschelte und mir den Kopf kraulen ließ. Um fünf Minuten vor neun klingelte es an der Tür. Lars war zurück.
»Und?«, fragten wir alle.
Sogar Papa wollte wissen, wie es gelaufen war. Lars setzte sich zu uns und begann zu erzählen. Irgendwann sagte er: »Sie saß mir in diesem Restaurant gegenüber, schaute mir plötzlich tief in die Augen und säuselte: Weißt du, Lars. Ich stehe nicht auf schöne Männer. Ich stehe auf Charakterköpfe, auf echte Typen. Mir ist fast die Kinnlade auf den Tisch gefallen, als ich das gehört habe. Das war dann auch mein Zeichen zu gehen.«
Mama und Papa lachten.
»Stellt euch mal vor, ich hätte zu ihr gesagt: Weißt du, Nina. Ich stehe nicht auf hübsche Mädchen. So einen Spruch kannst du doch nicht bringen, schon gar nicht beim ersten Date.«
Jetzt verstand ich, was Lars meinte. Das war wirklich etwas ungeschickt. Man muss den Mädchen immer sagen, dass sie hübsch sind. Das gefällt ihnen nämlich. Ich finde, man sollte ohnehin versuchen, so oft wie möglich freundlich zu sein, zu lächeln und Komplimente zu verteilen. Wenn du jemanden siehst, der einen schönen Pulli trägt, dann sag es ihm ruhig. Und wenn man jemanden richtig lieb hat, sollte man es auch immer laut aussprechen. Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Mädchen darüber geärgert hat, wenn man zu ihr sagt, dass sie schöne Haare habe. Für Jungs gilt das übrigens auch. Ich liebe es, Komplimente zu bekommen. Das mag doch jeder, weil es sich im Herzen so schön anfühlt.
»Hast du ihr eine rote Rose mitgebracht, wie ich dir gesagt habe?«, fragte ich Lars.
Er sagte: »Nee.«
»Hast du ihr gesagt, dass sie schöne Augen hat?«
»Auch nicht.«
»Hast du von den Sternen erzählt.«
»Hahaha.«
»Und hast du sie gefragt, ob du ihre … du weißt schon … anfassen darfst?«
Mama und Papa begann zu lachen, und Lars schüttelte zum vierten
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