Dieses heiß ersehnte Glueck
ersten Stock.
Erschöpft, aber mit einer prickelnden Haut, die sich sehr lebendig anfühlte, fiel Leah in ihr Bett.
Am nächsten Morgen standen Nicole und Regan abermals an ihrem Bett. Leah stöhnte und zog sich die Zudecke über den Kopf.
»Oh, nein, Leah«, rief Regan lachend, »begrüße den neuen Tag mit einem Lächeln!« Sie zog ihr die Zudecke weg, doch diesmal ging Leah von allein nach unten in die Folterkammer.
»Darauf war ich schon immer gespannt«, sagte Nicole, als sie die Haube von Leahs schmutzigen Haaren zog. »Ich frage mich, was für eine Farbe sie wohl haben mögen.«
Leah saß auf einem harten Stuhl, während Nicole mit einer Borstenbürste ihren Skalp bearbeitete. Sie bürstete so kräftig, daß Leah die Tränen kamen.
»Schuppen«, murmelte Nicole, doch Leah wußte nicht einmal, was das Wort in diesem Zusammenhang bedeuten sollte.
Während Nicole bürstete, trug Regan eine Maismehl-Mixtur auf Leahs Gesicht auf. Als die Maske trocken war, begannen die beiden, ihr den Kopf zu waschen. Sie mußten das Haar viermal mit Shampoo behandeln, um das Fett und den Schmutz von Jahren herausspülen zu können.
»Ich möchte es zwar nicht beschwören«, sagte Nicole, »aber ich glaube, es hat einen rötlichen Schimmer.«
Selbst als das Haar noch naß war, fühlte sich Leahs Kopf schon viel leichter an als je zuvor; doch ehe Leah etwas sagen konnte, begann Nicole mit vollen Händen Mayonnaise auf den frischgewaschenen Haaren zu verteilen. Dann wurde Leahs Kopf in ein sehr heißes Handtuch gehüllt, und sie mußte allein in einem verdunkelten Raum sitzen, den Kopf in den Nacken zurückgebogen, eine geriebene rohe Kartoffel unter den Augen.
Wesley, dachte sie ununterbrochen. Ich bin wirklich und wahrhaftig deine Frau, und du verdienst das alles!
Abends wurde ihr Haar dann noch einmal gewaschen und mit Regenwasser ausgespült, das mit Zitronensaft, Essig und Rosmarin versetzt war. Nicole hatte alle Spiegel auf dem Weg von Wesleys Schlafzimmer zu den Kammern, wo sie Leah in die Mangel nahmen, verhängt. Leah hatte also keine Ahnung, wie sie aussah. Sie sank in ihr Bett und wußte nur, daß sie besser roch.
Leah erfuhr zu ihrem Schrecken, daß Nicole und Regan sogar von ihr erwarteten, daß sie täglich badete und die Unterwäsche wechselte. Sie meinte, wenn sie das einmal getan hatte, genügte es für ihr ganzes Leben; aber am dritten Tag wurde sie wieder in einen Zuber gesetzt. Die beiden waren entschlossen, Leahs Haut, die die Schwielen jahrelanger harter Arbeit trug, weich und geschmeidig zu machen. Also wurden ihre Ellenbogen und Knie fast bis auf das rohe Fleisch abgescheuert, dann mit Zitronensaft gebleicht und schließlich mit Erdbeerkrem massiert.
Und dabei gab es immer einen Vortrag. Nicole unterrichtete sie, wie sie ihr Haar und ihre Haut pflegen müsse, auch wenn sie einen ganzen Tag lang auf dem Feld hinter einem Gespann von Pferden hergegangen wäre. Da Leah nicht lesen konnte, mußte sie die Rezepte für Hautkrems, Gesichtsmasken, Haartinkturen und Shampoos auswendig lernen und immer wieder herbeten, bis sie die Rezepte sogar im Schlaf aufsagen konnte.
Nachdem Leah zwei Wochen lang in die Mangel genommen worden war, trat Nicole, die Hände auf Leahs saube-ren, weichen schimmernden Haaren, einen halben Schritt zurück. »Glaubst du, wir können sie jetzt vorzeigen?« fragte sie lächelnd.
»Warte«, erwiderte Regan lachen. »Zieh das an, Leah!« Sie hielt ihr einen dunkelgrünen Frisiermantel aus gesteppter Seide hin, der mit winzigen bunten Vögeln bestickt war.
»Das kann ich doch nicht. . .«, wehrte Leah ab, doch Nicoles Blick ließ sie verstummen. Sie legte das einfache Musselinkleid beiseite, das sie sonst immer trug, und schob die Arme in die Ärmel des Mantels. Sie rollte leicht die Augen, als sie die Seide auf der Haut fühlte. »Herrlich!«
»Und nun stell dich hierhin«, befahl Regan und schob Leah vor einen Wandspiegel, der mit einem Bettuch verhängt war.
Als Regan mit einer schwungvollen Handbewegung das Laken vom Spiegel entfernte, reagierte Leah nicht. Sie wußte nicht, wer die Person war, deren Spiegelbild sie sah. Sie drehte sich um, weil sie wissen wollte, wer da hinter ihr stand — doch das Spiegelbild drehte sich mit ihr. Da stand sie wieder still.
Die Frau in dem Spiegel war nicht nur hübsch — sie war eine Schönheit. Langes, üppiges kastanienrotes Haar floß über ihre Schultern den Rücken hinunter, und große, grüne leuchtende Augen blickten aus einem
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