Dieses heiß ersehnte Glueck
sie, als sie wieder auf trockenem Boden standen. »Da kannst du ganz beruhigt sein. Dein kostbarer Stanford-Name ist von mir nicht beschmutzt worden. Und jetzt entschuldige mich einen Moment, weil ich dieses kostbare Kleidungsstück deiner Verlobten noch einmal waschen muß.«
Wesleys Mund wurde schmal. »Darüber habt ihr euch so lange unterhalten? Über Kim?«
Sie warf ihm Kims nasse Unterhose gegen die Stiefel. »Du magst es vielleicht nicht glauben; aber Menschen meines Standes haben zuweilen Wichtigeres zu tun, als sich über die besseren Leute zu unterhalten.«
»Ich hatte nicht den Eindruck, daß ihr beide euch unterhalten habt, als ich hierherkam. Eure Kleider waren naß. Habt ihr zusammen gebadet? Hast du dich wieder von ihm ausziehen lassen?« Er faßte sie bei den Schultern und zog sie an sich. »Und hat dir sein Kuß so gut geschmeckt wie meiner?« flüsterte er.
Sie hätte ihm zu gern gesagt, daß sie gar nichts dabei empfände, aber sie war ihm hilflos ausgeliefert. Sobald seine Lippen nur ihren Mund berührten, vergaß sie ihren Haß und die ganze Welt um sicher her.
Als er sie endlich wieder losließ, waren ihre Knie so weich wie Wachs. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
»Ich hatte nicht das Gefühl, daß Justins Kuß dich so beeindruckt hätte«, hörte sie Wesley sagen und riß die Augen auf.
Sie durfte sich das nicht gefallen lassen. Sie mußte ihm dieses überhebliche, selbstgefällige Lächeln aus dem Gesicht wischen! Ohne lange zu überlegen, wandte sie dafür einen Trick an, den ihr Bruder sie gelehrt hatte. Sie rammte ihr Knie zwischen Wesleys Schenkel.
Nun knickten ihm die Beine ein, während Leah zu seinem Pferd rannte, sich rasch auf dessen Rücken schwang und es zum Lager zurücklenkte. Während sie unter den Bäumen dahintrabte, lachte sie laut bei dem Gedanken, daß er den weiten Weg zu Fuß zurücklegen mußte.
Doch ein paar Sekunden später hielt sie das Pferd an. Vielleicht hatte sie Wesley ernsthaft verletzt? Sie hatte ein Recht darauf, ihm böse zu sein; aber nicht das Recht, ihn zu verwunden.
Sie saß noch unschlüssig im Sattel, als Wesley plötzlich wie ein Stein von einem Baum herunterfiel, vor ihr im Sattel landete und ihr die Zügel entriß.
»Wie bist du so rasch auf diesen Baum . . .« stotterte sie.
Er gab ihr keine Antwort, sondern lenkte nur schweigend das Pferd zum Wasserfall zurück. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen und wagte auch nicht, ein Wort mit ihm zu sprechen. Würde er sie schlagen?
Am Fluß hielt er das Pferd an. »Steig ab und sammle die Wäsche ein«, befahl er mit stahlharter Stimme.
Leah gehorchte.
Dann nahm er ihr die nasse Wäsche ab und reichte ihr die Hand hinunter, um ihr wieder aufs Pferd zu helfen. Sie hatte Angst, ihm ins Gesicht zu sehen, aber auch Angst, seine Hand auszuschlagen; und als sie hinter ihm im Sattel saß, vermied sie es peinlichst, mit seinem Körper in Berührung zu kommen. Er sollte vergessen, daß sie überhaupt da war.
Einmal machte das Pferd unvermutet einen Sprung zur Seite. Leah konnte sich nur mit knapper Not vor einem Sturz retten.
»Wenn du es schon nicht ertragen kannst, mich anzufassen, dann halte dich wenigstens an diesem verdammten Sattel fest!« rief er grollend. Abermals gehorchte Leah ihm.
Schweigend legten sie den Rest des Weges zum Lager zurück. Wenn Leah bisher geglaubt hatte, Wes würde sie mit seinem Haß verfolgen, so spürte sie nun seinen Zorn wie ein glühend rotes Cape um seine Schultern — ein Cape, an dem sich jeder sofort die Finger verbrennen mußte, der es anzufassen wagte.
Sie würde sich hüten, noch einmal in seine Nähe zu kommen.
Kapitel 10
Zwei Tage darauf lernte sie die Greenwoods kennen: Hank, Sadie und ihre drei kleinen Jungen. Leah war es, die vorschlug, daß die Greenwoods sich ihrem Treck anschließen sollten. Denn in den letzten beiden Tagen war das Reisen mit Kim, Wes und Justin sehr unerfreulich gewesen. Wesley beobachtete Leah ständig mit finsteren, brütenden Augen, während Justin sie wie ein rohes Ei behandelte.
Leah fand, daß Justin seine Fürsorge übertrieb, während Kim das gespannte Verhältnis zwischen diesen dreien nicht zu bemerken schien und Wes immer mehr für sich in Beschlag nahm.
Die Greenwoods und ihre lauten, lebhaften Kinder waren genau das richtige Mittel, die vier von ihren internen Spannungen abzulenken. Es waren viele Reisende auf diesem Trail unterwegs, die nach Kentucky und sogar noch weiter in den Westen ziehen
Weitere Kostenlose Bücher