Dieses heiß ersehnte Glueck
dir die Mühe sparen. Was verlangst du von mir?«
»Ich möchte, daß du zu uns kommst.«
»Zu euch?« fragte sie bang.
»Du brauchst nicht so zu tun, als wärst du was Besseres! Ich habe ein heißes Eisen im Feuer. Ich werde noch ganz groß rauskommen!«
Leah stand stumm vor ihm und wartete, daß er ihr sein Vorhaben näher erklärte. Es hatte keinen Sinn, ihn noch einmal herauszufordern, zumal der Riese immer in ihrer Nähe stand.
»Ich möchte, daß du dich Revis, mir und den Jungs anschließt. Wir haben da eine Suppe am Kochen, was die Leute betrifft, die auf dem Wilderness Trail nach Westen reisen. Ich schätze, du bist auf dem gleichen Weg hierhergekommen und kennst dich mit den Gewohnheiten dieser Leute besser aus als wir. Und da du ein helles Köpfchen hast, kannst du für uns die Pläne machen.«
»Pläne?« flüsterte Leah, die allmählich begriff, was er von ihr wollte. Sie hatte natürlich von der Räuberbande gehört, die über Reisende herfiel und sie auf dem Trail nach Westen ausplünderte; aber der Stanford-Treck war von ihnen nicht belästigt worden. »Du gehörst zu diesen Räubern? Als Dieb willst du ganz groß herauskommen?«
»Ich will doch nicht immer als Dieb arbeiten«, erwiderte er im entrüsteten Ton. »Ich mache das nur, um Geld für einen Laden auf die Seite legen zu können — oder jedenfalls damit anzufangen, es auf die Seite zu legen, sobald ein paar kleine Schulden bezahlt sind.«
»Spielschulden, wie ich mir denken kann«, sagte sie. »Und du bildest dir ein, ich wäre bereit, mich einer verfluchten Bande von Dieben anzuschließen?«
»Nun werde nur nicht unverschämt zu deinem älteren Bruder, du kleine Hure. Wissen Ma und Pa überhaupt, daß du dich mit einem Standford in der Gegend herumtreibst?«
»Zu deiner Information: sowohl Ma wie Pa sind tot. Und ich habe dir schon einmal gesagt, daß ich mit Wesley Stanford verheiratet bin.«
»Oh, ja, und Bud hier kann fliegen! He! Wie kommt es, daß ihr getrennt geschlafen habt, wenn du noch mit diesem Stanford verheiratet bist?«
Leah blickte auf ihre Schuhe hinunter. »Das ist eine lange Geschichte«, murmelte sie.
»Es gibt nur eine Möglichkeit für eine Simmons, sich einen Stanford zu angeln: Du bist von ihm schwanger geworden, wie? Und nur die Stanfords kommen auf die Idee, daß sie eine schwangere Schlampe heiraten müßten ...« Abe schluckte. »Nun ja, Leah, ob verheiratet oder nicht, dieser Mann will dich nicht haben. Jeder, der ein bißchen Grips im Kopf hat — selbst Bud hier —, konnte das sehen. Warum versteckt er sich eigentlich mit dir im Wald, Leah?«
Abes Worte kamen ihren eigenen Empfindungen zu nahe. »Ich muß jetzt wieder gehen. Bald wird es hell. Wesley wird mich vermissen«, flüsterte Leah.
»Er wird dich bestimmt nicht vermissen. Er wird froh sein, eine Simmons loszusein, ob sie nun seine Frau ist oder nicht. Komm jetzt mit mir, Leah. Wir machen dich reich.«
»Reich!« fauchte Leah. »Reich mit dem gestohlenen Gut anderer Leute? Diese Leute, die auf dem Trail unterwegs sind, haben ihr Leben lang gearbeitet für das, was ihr ihnen wieder wegnehmt! Und du glaubst, ich werde dir dabei helfen? Du machst mich krank! Schlimmer als krank! Ich frage mich, ob ein solcher Abschaum wie du überhaupt zu leben verdient.«
»Du . . .«, fauchte Abe, ehe er sich auf sie stürzte.
Doch ein Schritt von Bud genügte, und er ließ sie wieder los.
Leah sah den Riesen erstaunt an, und während ihr Herz laut vor Angst und Empörung pochte, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und legte die Hand auf Buds nackten Unterarm. »Bud«, sagte sie mit einem Kloß in der Kehle, »würdest du mich zu meinem Mann zurückbringen? Ich weiß den Weg nicht.«
Stumm verschwand Bud zwischen den Bäumen.
»Versuche ja nicht, mich noch einmal zu belästigen, oder du bekommst es mit Wesley zu tun«, sagte Leah zu Abe, ehe sie Buds Schatten folgte.
Kaum war Leah wieder auf ihrem Lager und zog sich die Decken über den Leib, als Wesley aufzuwachen schien. Sie bemühte sich nach Kräften, ihm ihre Nervosität nicht zu zeigen; doch sie fuhr bei jedem Geräusch zusammen. Wesley machte ein paar Bemerkungen, ihre Angst vor Wäldern betreffend und sagte, sie habe von ihnen nichts zu befürchten.
»Die Menschen sind es, die gefährlich sind«, sagte er, während er sie forschend ansah. »Zum Beispiel diese beiden von heute nacht.«
»Was ist mit ihnen?« fragte sie nervös, beruhigte sich aber dann. »Sie waren doch nicht gefährlich,
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