Dieses heiß ersehnte Glueck
abtastete. Leah war froh und dankbar für diese Hilfe. Ihre Augen füllten sich mit Tränen der Wut und Ohnmacht.
»Nun überlaß ihn dem Jungen«, sagte Abe, packte Leah am Arm und zog sie in die Höhe. »Die Jungs verstehen sich auf so was. Wir beide haben jetzt wichtigere Dinge zu besprechen.«
»Ich rede kein Wort mit dir, wenn du nicht. . .«
»Willst du, daß ich ihm noch eine Kugel gebe? Mir scheint, du hast nichts in der Hand, um mir Bedingungen stellen zu können. Und Familiensinn hast du auch nicht. Das hast du bereits bewiesen. Ich weiß gar nicht, warum ich mir deinetwegen Gedanken mache und dir was Gutes tun will...«
»Du hast immer nur an dich selbst gedacht, Abe!«
Abe drehte sich um und sah sie wütend an. »Du sagst mir Bescheid, wenn du bereit bist, mir zuzuhören.«
»Niemals, ich ...« Ein Stöhnen von Wesley zwang sie, sich wieder neben ihm auf die Knie zu werfen.
»Leah«, flüsterte er mit flatternden Augenlidern. »Flüchte von hier! Rette dich!« Und dann fiel sein Kopf auf die Seite. »Nein!« schrie sie. »Er ist doch nicht.. .?« Sie sah zu Bud hinauf, der den Kopf schüttelte.
»Du kannst wählen, Missy«, sagte Abe. »Du hilfst mir, und darfst dich meinetwegen um deinen reichen Knaben kümmern; oder du weigerst dich, gibst mir weiterhin häßliche Namen, und ich lasse ihn hier an dieser Stelle verrotten. Wenn ich du wäre, würde ich mich rasch entschließen; denn es sieht so aus, als würde er bald verbluten.«
Leah brauchte nur zwei Sekunden für ihre Entscheidung. »Ich werde dir helfen«, flüsterte sie, die Hand auf Wesleys kalter Stirn. »Was muß ich tun?«
Kapitel 16
Leah blickte auf den schlafenden Wesley hinunter. Seine Wunde war inzwischen gesäubert worden, und sie war sich nun auch sicher, daß sie nicht so gefährlich war, wie sie anfangs vermutet hatte, obwohl Wes eine Menge Blut verlor. Er lag auf einem einigermaßen sauberen Bett in einer alten Blockhütte, die an einer Flanke des Berges versteckt war.
Langsam erhob sie sich von dem Schemel neben dem Bett und trug die Schüssel mit dem blutigen Wasser nach draußen, um sie dort auszuschütten. Vor der Tür standen die beiden jungen Männer, Bud und Cal, und wirkten im frühen Morgenlicht wie Felsen, die den Zugang zum Berg bewachten. Sie hatte sich solche Sorgen um Wes gemacht, daß sie nicht sagen konnte, wann der zweite Riese neben ihr aufgetaucht war. Doch nun verharrten sie beide schweigend vor der Hütte — zwei Kolosse, die sich kaum voneinander unterschieden. Die Brüder hatten den bewußtlosen Wes hierhergetragen und, ohne ein Wort zu sprechen, ihr geholfen, ihn zu waschen und zu verbinden.
»Er schläft jetzt«, sagte sie mit müder Stimme zu den beiden Hünen, die links und rechts neben der Tür der Hütte Aufstellung genommen hatten. »Ich glaube, daß er sich von dieser Verletzung wieder erholen wird.«
»Was habe ich dir gesagt?« rief Abe, während Leah erschrocken zusammenfuhr. Im gleichen Moment war ihr Bruder hinter der Seitenwand der Hütte hervorgetreten.
»Schleichst du dich immer so an die Leute heran?« fauchte sie ihn mit funkelnden Augen an.
»Du bist wohl die unfreundlichste Schwester, die man einem Bruder bescheren kann. Hörst du mich jetzt endlich an, oder müssen wir erst noch kämpfen?«
Alles in ihr bäumte sich dagegen auf, mit ihrem Bruder zusammenzuarbeiten. Sie würde tun, was er von ihr verlangte, um Wes zu retten; aber sobald Wes genesen sein würde, würde auch ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu Ende sein. »Was verlangst du von mir?« fragte sie in feindseligem Ton.
Abe brummelte etwas, aber ging nicht weiter auf ihren Ton ein. »Wenig, wenn man bedenkt, daß ich dein Bruder bin und man einem Familienangehörigen von sich aus freiwillig helfen sollte. Nur ein bißchen Kopfarbeit! Und vielleicht auch ein bißchen Hilfe beim Kochen«, setzte er leise hinzu.
Sie ruckte mit dem Kopf hoch. »Das ist es also! Ich soll dir nicht bei der Planung deiner Raubzüge helfen, sondern die dreckige Wäsche für dich waschen, kochen und deine Bude saubermachen!«
»Nun hör mal, Leah«, begann er, hielt dann wieder inne und sah sie mit einem schiefen Lächeln an. »Klar, mehr verlange ich nicht vor dir. Du kommst zu uns, kochst, machst ein bißchen sauber und erledigst die Sachen, die Frauen eben so machen. Da ist doch nichts Böses dabei, oder? Zu Hause bei Pa hast du viel mehr Leute versorgen müssen!«
Leah spürte fast so etwas wie Erleichterung. Sie hatte den
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