Dieses heiß ersehnte Glueck
Walde war. Nun wußte er natürlich, in welche Lage er sie bringen mußte, um sein Ziel zu erreichen.
Und wie er es vorausgesehen hatte, bestätigte Leah seine Vermutung, daß man nie weiß, was im Kopf einer Frau vorgeht: Sie hatte sich hartnäckig gestellt, als er ihr sagte, sie könne bei ihm bleiben. Gib einer Frau, was sie haben will, und verdammt mochte er sein, wenn sie einem nicht sagt, daß sie etwas ganz anderes haben wollte!
Nun waren sie hier, ganz allein, und Leah tat so, als könnte sie ihn nicht ausstehen. Und wenn er hundert Jahre alt würde, würde er Frauen noch immer nicht begreifen können!
Aber er würde sie schon herumkriegen. Und wenn sie monatelang allein im Wald hausen mußten: er würde um sie werben, ihr den Hof machen, sie für sich gewinnen. Vielleicht konnte er sie sogar wieder schwängern? Ja, das war gar keine so schlechte Idee. Wenn sie erst einmal sein Kind unter dem Herzen trüge, würde sie ihm bestimmt weniger Schwierigkeiten machen, Sie würden nach Sweetbriar auf seine Farm zurückkehren, während bereits ein Kind unterwegs war.
Oh, Leah, dachte er, während er über das erlöschende Feuer zu ihr herübersah, keine Frau hat jemals einem Stanford widerstehen können, sobald er sich vorgenommen hatte, sie zu erobern.
Er drehte sich auf die Seite und schlief mit diesem tröstlichen Gedanken ein.
Kapitel 15
Leah erwachte mit einem bangen Gefühl. Es war totenstill im Wald, und es konnte, wie der Stand des Mondes ihr zeigte, noch nicht sehr spät sein - aber irgend etwas war nicht in Ordnung. Sie drehte rasch den Kopf zur Seite und sah zu Wesley hinüber. Er hatte die Augen offen, und sie las eine Warnung darin. Sie gehorchte seinem schweigenden Befehl und lag still, während sie zusah, wie er sein Gewehr Zoll um Zoll näher an seinen Leib heranzog.
»Das Ding brauchen Sie nicht, Mister«, hörte Leah hinter sich eine Stimme, die sie erstarren ließ. Sie hätte nie geglaubt, daß sie diese Stimme noch einmal hören würde. Sie hatte darum gebetet, sie nie mehr hören zu müssen.
»Wir sind nur Reisende wie Sie und die Lady dort«, fuhr die Stimme fort.
Leah lag still, während sich eine große, ausgemergelte Gestalt aus der Dunkelheit löste. Im Mondlicht konnte sie ein bärtiges Gesicht erkennen.
Langsam, sich jede seiner Bewegungen überlegend, setzte sich Wesley auf, ohne sein Gewehr loszulassen. »Wer ist noch bei Ihnen?« fragte Wesley mit einer so schlaftrunkenen Stimme, daß Leah ihn scharf ansah, bis sie entdeckte, daß seine Augen hellwach waren.
»Nur ich und einer von den Jungs. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir etwas von Ihrem Kaffee nehme?«
Der hagere Mann wartete erst gar nicht die Antwort ab, sondern ließ sich neben dem lauwarmen Kaffeetopf auf die Knie nieder. Für Leah hatte er keinen Blick übrig.
Weshalb auch, dachte Leah. Ihr Bruder Abe hatte sich nie viel aus Frauen gemacht, solange er mit ihnen kein Lösegeld erpressen konnte. Vor vielen Jahren hatte Abe Nicole Armstrong gekidnappt und war kurz darauf von der Bildfläche verschwunden. Seitdem hatten die Simmons nie mehr etwas von ihm gehört. Nun war er älter geworden und erheblich magerer; doch Leah zweifelte keine Sekunde, daß sie ihren
Bruder Abe vor sich hatte, der gewiß nichts Gutes im Schilde führte; und Wesley tat gut daran, seine Waffe nicht aus der Hand zu lassen. Wenn Leah sich ihrem Bruder zu erkennen gäbe, würde er sie vielleicht in Ruhe lassen.
»Ich muß Ihnen den Kaffee erst warm machen«, sagte Leah ganz laute, die Augen auf Abes schmalen Rücken und den fadenscheinigen schwarzen Rock den er trug, gerichtet. Sie war sich nicht ganz sicher —; aber sie glaubte, beobachtet zu haben, wie er bei dem Ton ihrer Stimme zusammenzuckte.
Rasch warf sie eine Handvoll trockener Äste auf die sterbende Glut und blies in die Asche, bis sie Feuer fingen. Mit überlegter Umständlichkeit holte sie einen Becher, schöpfte mit ihm Kaffee aus dem Kessel und reichte ihn dann ihrem Bruder hinüber.
Er sah sie nur eine Sekunde lang an. Leah war sich nicht sicher, ob er sie erkannt hatte. Schließlich war sie erst vierzehn Jahre alt gewesen, als Abe aus dem Hause ging. Inzwischen war sie zu einer Frau herangewachsen, und ihre Manieren und ihre Sprache hatten sich erheblich verändert.
Doch Abes Gesicht hatte sich kaum verändert. Es war immer noch hager mit dicht beieinanderstehenden schwarzen Augen und einer großen Nase, die einem Raubvogel glich, der jeden Moment von seinem Sitz auf
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