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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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hatte, seine Eltern damit zu beeindrucken, dass ihr Sohn kein nutzloser Gammler war – er war Shep Knackers rechte Hand, und später gehörte er zum Management  –, schon die traditionellen Sonntagsessen, und der Wochentag selbst. Dankesbriefe und heimliches Auftupfen von Soßenflecken; laminierte Päckchen, die man nur mit der Gartenschere aufbekam; nichtkompatible Software. Ramadan, Columbus Day und Picknicks. Nationale Selbstbestimmung, Rezepte für Bananenbrot und amazon.com. Bungeejumping, Selbstmordattentäter und Sichverlieben. Raumstationen, Parda und Geheimratsecken. Demonstrationen gegen Abtreibung, selbst abtauende Kühlschränke und Rocklängen; Wunderbäume, Attentate auf Präsidenten und Retrospektiven zum zehnjährigen Ende der Apartheid. Mikrokredite, Holzwurmbehandlung und Initiativen gegen die Vivisektion. West-Bank-Siedlungen und genmodifizierter Mais; Atomwaffensperrverträge, National Salt Awareness Week und mit Fluor versetztes Trinkwasser. Drogenstaaten, Bettröcke und Vandalismus in Wartehäuschen; Glückszahlen, Lieblingsfarben und Knopfsammlungen. Tribalnarben und die Preisverleihung für das Polka-Album des Jahres; Teezeremonien, kahl geschorene Köpfe und alternative Energie. Spielfilme, die fünfte Änderung und die Wettervorhersage; Arktis-Entdeckungsfahrten, Quotenregelung und Mobilfunkverträge. South-Beach-Diät, Missbrauch gegen ältere Menschen und die Schlacht bei Waterloo; Burkas, Bettgestelle und Familienerbstücke; Einlegesohlen und die Europäische Union. Autobomben, Bruttosozialprodukt, MP3-Spieler und Gore-Tex, Gasknappheiten und Gartentipps: Er hatte die Schnauze voll von all dem Zeug. Von der Menschheit mit ihrem ganzen Scheiß.
    ALS JACKSON AN seine Haustür kam, sagte ihm das verriegelte obere Schloss, dass niemand zu Hause war. Heather war bei einem außerschulischen Antidiskriminierungsworkshop, und Carol fuhr Flicka zu ihrer Ernährungstherapeutin.
    Ohne besondere Eile schlenderte er hinunter in den Keller. Er zog die Metallkiste hervor, die zwischen den drei pyramidenförmig aufgetürmten Pappkartons versteckt war, in denen sich die reichlichen Überreste von Heathers neu verlegtem Eichenfußboden befanden, die der Hersteller nicht wieder zurückgenommen hatte. Er hatte sich damals bei der Quadratmeterzahl des kleinen Kinderzimmers total verrechnet gehabt und zu viel Holz bestellt. Obwohl die Firma die ungeöffneten Kisten wirklich hätte zurücknehmen müssen, war es ihm nicht mehr begreiflich, weshalb ihn die Bezahlung von überflüssigen Holzbrettern mit Nut-und-Feder-Verbindung im Wert von 500 Dollar derart in Rage gebracht hatte; immerhin war es sein Rechenfehler gewesen. Er hatte in seinem Leben jede Menge Energie verschwendet, und wenn er nur die Klugheit besessen hätte, seinen Zorn in die Hauptleitung zu stecken, hätte er damit das ganze Haus beleuchten können.
    Mit einer Drehung jenes Schlüssels, dessen leises Klimpern an seinem Schlüsselbund ihm seit gut einem Monat Auftrieb gab, öffnete er das Vorhängeschloss der Metallkiste und nahm den Inhalt heraus. Selbst Jackson musste den Hut ziehen vor einer Nation, die anstandslos den Erwerb eines solchen Gegenstands ermöglichte – ganz zu schweigen von einer Nation, die seelenruhig zusah, wie er seine Kreditkarte mit weiteren 639,95 Dollar belasten ließ, wo er bereits mehr als die Hälfte vom Wert seines Hauses schuldig war. Aber was soll’s, vielleicht war Amerika ja doch ein freies Land.
    Oben in der Küche wühlte er in der Schublade mit den Küchenutensilien. Als er das Gesuchte nicht fand, stellte die aufflammende Wut eine chemische Überraschung dar; in seiner Frustration zog er die Schublade aus den Leisten, und der Inhalt fiel zu Boden. Das Klirren von Küchenspachteln, Schaumlöffeln und Schneebesen zerrte an seinen Nerven, wenngleich das dümmliche Durcheinander aus Knoblauchpresse, Eierbechern, Teeeiern und Julienneschälern zu seinen Füßen eine sinnvolle Erinnerung an sein neues Motto darstellte: meinetwegen. Er war dankbar für die Wiederkehr seiner ruhigen, systematischen Vorgehensweise, als er das Gerät eine Schublade tiefer entdeckte. Dort fand er auch den Messerschärfer. Die meisten hatten keine Ahnung, wie man damit umging, und machten sich ihre Messer kaputt. Nach mehreren Schwüngen in ein und demselben Winkel musste er daran denken, wie oft er selbst den Schliff komplett verdorben hatte, bis er den Bogen raus gehabt hatte mit diesem Ding. Aber inzwischen konnte er damit

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