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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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Coffeeshops, wo der Kaffee noch nicht vier Dollar kostete, Heimwerkerläden mit Schrauben, die in Fässern herumstanden und nicht wie heute in winzigen Plastikverpackungen angeboten werden. Die Gentrifizierung hatte um sich gegriffen – wobei ihm schleierhaft war, wie ein Heer von armseligen Barnard-Absolventen, die einen mit ihren truppentransportergroßen Kinderwagen in den Rinnstein drängten, als »Aufwertung« eines Stadtteils verstanden werden konnte. Yogastudios, Bio-Smoothie-Bars und Haustiertherapeuten waren wie Pilze aus der Erde geschossen.
    »Und, weißt du, was Carol meinte?«, sagte Shep. »Ich hab’s zuerst gar nicht begriffen. Diese World Wellness Group. Sie deckt die, wie es so schön heißt, ›angemessenen und branchenüblichen Behandlungskosten‹«. Mit anderen Worten, es geht darum, wie die Kosten aussehen sollten, und nicht, wie sie wirklich aussehen.«
    »Willkommen in der Realität, Kumpel.« Jackson fühlte sich von einer Welle mitleidiger Herablassung ergriffen.
    »Ich hab ein bisschen im Internet recherchiert. Weißt du, welche Instanz diese ›angemessene und branchenübliche‹ Zahl generiert? Eine Abteilung innerhalb derselben Firma. Sie haben keinerlei rechtliche Verpflichtung, einem zu sagen, wie sie auf den Wert kommen. So gesehen könnten sie sich die Zahl auch einfach ausdenken.«
    »Das funktioniert folgendermaßen«, erklärte Jackson geduldig. »Wir machen einen Ausflug, und es ist dein Auto, also erklär ich mich bereit, für den Sprit zu zahlen. Wir halten an einer Tankstelle, du tankst einmal voll, sagst mir, die Tankfüllung hat fünfzig Dollar gekostet, und hältst die Hand auf. Ich mach ein Gesicht, als würde ich dir einen Riesengefallen tun, und geb dir einen Zwanziger. Du sagst, was soll das? Ich sage, das ist genau das, was eine Tankfüllung eigentlich kosten sollte – denn so viel hat sie gekostet, als ich zwölf Jahre alt war. Im Prinzip leben diese Versicherungen in einer Phantasiewelt, und wir armen Säue sitzen in der wirklichen Welt fest.«
    Shep schüttelte den Kopf. »Glynis und ich haben immer gespart. Wir haben versucht, für das Jenseits was zurückzulegen. Wir haben immer auf die Sonderangebote gewartet, zwei Flaschen Haarshampoo für den Preis von einer. Wir haben Vorteilspackungen Klopapier gekauft, einlagig. Wir haben die Putenburger gekauft, auch wenn wir lieber Steak gegessen hätten. Auf einmal heißt es, fünfhundert hier, fünftausend da … und nie weiß man im Voraus, was die Behandlung kostet. Es ist, als würde man einkaufen gehen, einen Haufen Scheiß auf die Ladentheke legen, und nichts davon hat ein Preisschild. Wir kriegen nur zwanzig Prozent Zuzahlung, und das bei fünftausend Dollar Selbstbeteiligung. Eine einzige Laborrechnung – das ist verdammt viel Klopapier.«
    »Zweilagig«, sagte Jackson.
    »Ich frag mich, wieso haben wir jemals Putenburger gegessen? Und dann fällt mir wieder ein, dass es mich eigentlich nicht zu kümmern hat. Und letztlich kümmert’s mich ja auch nicht. Alles, was zählt, ist Glynis.«
    »Und genau darauf setzen sie, verstehst du. So lässt sich der ganze Schwindel in einem Wort zusammenfassen. Genau wie mit Flicka. Ist ja schließlich dein Kind, oder? Was willst du denn sagen, nein, ihre soundsovielte Lungenentzündung lassen wir nicht behandeln, weil wir einen DVD-Player haben wollen? Tja, Kumpel … ich sag’s nur ungern, aber für dich ist das nur der Anfang.«
    »Ich weiß«, sagte Shep leise, als sie an der 9th Street links abbogen und auf Prospect Park zugingen. »Selbst um den letzten Stapel Rechnungen zu begleichen … ich hatte immer dieses andere Konto, auf dem der Erlös für Allrounder gelandet ist, abzüglich Steuern. Es war das Geld für das Jenseits, und ich hab’s nie angerührt. Aber auf unserem gemeinsamen Konto war nicht genug Geld, also musste ich doch an das Merrill Lynch Konto gehen. Der erste Scheck war für die Computertomografie.«
    »Bestimmt bist du inzwischen schon bei Scheck Nr. 15. Ich würde mir an deiner Stelle schon mal ein neues Scheckheft bestellen.«
    »Meine Unterschrift unter diesen ersten Scheck hat mich seltsam aufgewühlt. Auch wenn’s ›nur‹ Geld ist, wie mein Vater sagen würde.«
    »Klar, es ist ja ›nur‹ der Erlös der Firma, die du zwanzig Jahre lang aufgebaut hast. ›Nur‹ acht Jahre Demütigung durch Randy Pogatchnik.«
    »Egal. Mir war einfach zu der Zeit nicht klar, wofür ich wirklich gespart hatte.«
    »Denkst du jetzt noch dran? An

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