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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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eigentlich eine Krankenversicherung?«
    »Ich würde mein Erstgeborenes dafür hergeben, nur hab ich leider keins.«
    »Aber was wäre, wenn du einen Unfall hättest oder krank würdest?«
    »Keine Ahnung.« Beryl war trotzig. »Die Notaufnahme muss einen doch behandeln, oder nicht?«
    »Nur für die Notfallversorgung. Und dann schicken sie dir die Rechnung.«
    »Die sie sich sonstwo hinschieben können.«
    »Das könnte deine Kreditfähigkeit ruinieren«, sagte er und zuckte innerlich zusammen; genau solchen Begriffen wie Kreditfähigkeit hatte er in Pemba sehnlichst zu entfliehen gewünscht.
    »Das ist deine Welt, großer Bruder. Hier draußen in meiner, da scheiß ich auf so was.« Offensichtlich war ihr Zorn über die bevorstehende Zwangsräumung auf ihren biederen Bruder, sein konventionelles Haus in Westchester, seinen Benzinfresser und seine verwöhnte Dilettantin von einer Frau übergegangen.
    »Aber wenn dir irgendwas Schlimmes passieren würde …«, sagte Shep. »Tja, wer tatsächlich am Ende für dich aufkommen würde, wäre doch wohl ich, oder? Wer sonst, wo Papa nur seine Rente hat. Genau aus dem Grund zahl ich ja auch Amelias Krankenschutz.«
    »Wenn du mich krankenversichern willst, tu dir keinen Zwang an. Wie ich heraushöre, machst du dir eigentlich keine Sorgen um mich, sondern um dich.«
    »Eine Versicherung in deinem Alter könnte auf einen Tausender im Monat hinauslaufen.«
    »Sag ich ja«, sagte Beryl. »Manchmal verdiene ich netto nicht mehr als einen Tausender pro Monat. Da müsste ich mir dann mein Essen aus Mülltonnen zusammenklauben, aber dafür hätte ich die beste Krankenversicherung, die man kriegen kann!«
    »Ohne Versicherung«, sagte Glynis, »stellen dir die Krankenhäuser das Doppelte in Rechnung.«
    » Sehr sinnvoll«, schäumte Beryl. »Doppelte Kosten für die Leute, die sich’s am wenigsten leisten können.«
    »Ich hab das System nicht erfunden« sagte Shep leise. »Aber man wird älter, es passieren Sachen, und du solltest vielleicht doch allmählich mal darüber nachdenken.«
    »Pass auf! Zum Glück bin ich nicht kurz davor, tot umzufallen, ich hab nämlich im Moment andere Probleme, verstehst du? Wenn du dir wirklich Sorgen um mich machst, dann, ja, kannst du mir helfen. Angenommen, ich wehre mich nicht gegen diese Geschichte – kann ich mir ja auch gar nicht leisten –, dann werde ich umziehen müssen. Ich hab mir gedacht, erst mal könnte ich ja mein Zeug nach Berlin schaffen; für Papa wär’s okay. Vielleicht sogar eine Weile da wohnen, um Kosten zu sparen. Aber um in New York wieder an einen Mietvertrag zu kommen, bräuchte ich Hilfe mit der Kaution. Also drei Monatsmieten. Und du weißt ja, was in Manhattan los ist – ein Apartment von der Größe eines Dixi-Klos kostet dreitausend im Monat. Also pass auf, ich mach das nur ungern, aber … wäre es für mich nicht sinnvoller, zu kaufen? Statt die ganze Miete in irgendeine Bruchbude zu stecken? Wenn du einfach nur, ich weiß nicht, vielleicht hunderttausend für die Anzahlung hättest, so in etwa? … Denk’s dir einfach als Investition.«
    »Du willst, dass ich dir hunderttausend Dollar gebe. So in etwa. «
    »Ich will einfach nie wieder, dass mich irgendein Wichser einfach aus meinen eigenen vier Wänden schmeißen kann. Das ist ein Notfall, Shepardo. Ich flehe dich an.«
    Unter dem Tisch griff Shep nach Glynis’ Hand. Schon einige Male waren zwischen ihnen aufgrund von Beryls Darlehen die Fetzen geflogen; mit einem Blick versicherte er ihr, dass er seiner Schwester nicht heimlich einen Scheck zuschieben würde.
    »Beryl«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Wir werden dir keine Wohnung kaufen.«
    Beryl sah ihren Bruder an wie eine Maschine, die bislang immer zuverlässig ihren Dienst getan hatte und auf einmal nicht mehr ansprang. Sie drückte noch einmal den Knopf. »Vielleicht denkst du ja noch mal drüber nach.«
    »Ich muss nicht darüber nachdenken. Wir können’s nicht.«
    »Aber wieso nicht?«
    Und das war genau die Gesprächseröffnung, auf die Shep gewartet hatte. Erst mal holte er tief Luft, ein Atemzug, der lang genug war, um Beryls Zorn zu schüren. Sie schien zu registrieren, dass ein Nein in Gelddingen, anders als beim Sex, wirklich nein bedeutete, und die Empörung trieb sie zum Äußersten.
    »Jetzt erzähl mir nicht«, sagte sie düster, »dass du meine Anzahlung irgendwo für dein Jenseits auf der hohen Kante hast. Du stopfst Millionen und Abermillionen in irgendeinen Sparstrumpf für ein

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