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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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nicht explodiert! Ich –«
    Und dann hielt sie inne. Ihr Gesicht nahm einen Ausdruck höchster Konzentration an. Sie neigte den Kopf, wandte den Blick ab und runzelte die Stirn.
    »Wieso bin ich da eigentlich nicht gleich drauf gekommen«, sagte sie. »Auf der Kunstschule. Die Lötblöcke. Die Schmelztiegel. Die hitzebeständigen Handschuhe. Ich bin mir fast sicher, dass sie … asbesthaltig waren.«
    » Fast sicher«, sagte Shep argwöhnisch. Dafür, dass seine Frau gerade im Begriff war, ihre Klage wegen fahrlässiger Tötung zurückzuziehen und ihn ungeschoren davonkommen zu lassen, wirkte er nicht gerade entzückt.
    »Na ja, ziemlich sicher. Eigentlich sogar ganz sicher. Wenn ich zurückdenke, weiß ich sogar noch, wie einer meiner Lehrer nebenbei auf das Material zu sprechen kam. Aber als Studentin arbeitet man eben mit dem, was bestellt wird. Man hat eben – Vertrauen.«
    »Die Schule kannst du nicht verklagen«, sagte Shep. »Du hast doch erzählt, dass die Saguaro-Kunstschule vor Jahren dichtgemacht hat.«
    »Nein, aber fast alle unsere Produkte waren von derselben Firma. Ich habe sie noch genau vor Augen, das kreisförmige Logo auf der Unterseite der Lötblöcke. Die Schmelztiegel kamen in einem Pappkanister mit Metalldeckel, wie bei einer guten Whiskeyflasche, nur breiter und kürzer. Das Etikett war schwarz mit grün. Die Handschuhe: die waren cremefarben mit lila Blümchen und grünen Zweigen und pinkfarben paspeliert. Diese Produkte sind bestimmt nicht mehr auf dem Markt, oder man hat das Asbest rausgenommen, aber die Firma gibt es immer noch, weil ich da erst letztes Jahr noch was bestellt habe.« Selig blickte Glynis gen Himmel wie Maria bei der Verkündigung. »Forge Craft.«
    »DAS WAR JA seltsam«, sagte Jackson auf dem Heimweg. Carol, die sich nach einem feierlichen Glas Sekt an Mineralwasser gehalten hatte, saß am Steuer. Sie war es, die sich eigentlich mal ein bisschen hätte gehen lassen sollen, und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass seine – nun, ausufernde Art – ihr nur selten dazu die Möglichkeit gab.
    »Wieso das?« Sie war deshalb so kühl, weil er ihrer Meinung nach zu viel getrunken hatte. Jetzt musste sie auch noch auf ihn aufpassen, nicht nur auf Flicka.
    »Wieso hat sie so lange gebraucht, um darauf zu kommen, dass sie auf der Kunstschule mit Asbest gearbeitet hat? Das geht doch schon seit Wochen. Shep ist durch die Hölle gegangen, weil er angeblich bei Allrounder geschlampt hat.«
    »Man vergisst Sachen.« Obwohl auf der I-87 kaum ein Auto unterwegs war, hielt sich Carol an die Höchstgeschwindigkeit.
    »Diese Asbestgeschichte hat sich anscheinend für viele Leute als Goldgrube erwiesen.«
    »Ich glaube kaum, dass es Glynis auch nur im Geringsten um das Geld geht«, sagte Carol. »Ich bin froh, dass sie jetzt nicht mehr Shep die Schuld in die Schuhe schiebt. Der wird in den nächsten Monaten genug Stress haben, auch ohne dass er sich zu allem Überfluss noch vorwerfen muss, an ihrer Krankheit schuld zu sein. Die Sache mit dem Asbest … gibt ihr einen Sinn. Sie erhebt die Krankheit zu mehr als nur persönlichem Pech; sie macht sie wichtiger als ein normales Unglück ohne jeden Zweck. Es verbindet sie mit der Welt: Geschichte, Politik, Justiz. Mir leuchtet es schon ein, warum sie sich in die Sache so verbeißt.«
    Ähnlich wie Shep war Carol keine große Rednerin, aber wenn sie dann doch mal etwas sagte, war es wohlüberlegt. Er wusste auch, was sie meinte. Als sie sich alle vor der Haustür zum Abschied umarmt hatten, kam er sich vor wie an Deck eines Ozeandampfers, während das Schiffshorn geblasen wurde. Es war Zeit für die Nichtpassagiere, sich an Land zu begeben. Als sie aus der Auffahrt zurücksetzten und ihre beiden Freunde noch winkend auf der Veranda standen, sah es aus, als würde sich das Haus aus seiner Vertäuung lösen und in Richtung Horizont zurückziehen.
    »Ist ein bisschen wie mit Flicka und der Sache mit dem Judentum«, sagte Jackson.
    »Ja, genau.« Carol schien sich auf beunruhigende Weise zu freuen, dass sie sich mal richtig unterhielten. »Wie die Leute in unserer Selbsthilfegruppe … weil nur die Kinder von aschkenasischen Juden von FD betroffen sind, weil das Gen über Generationen weitergegeben wird, haben sie das Gefühl, dass es immer weitergeht mit der Verfolgung des auserwählten Volkes und mit Gottes Prüfungen. Als hätte FD einen tieferen Sinn.« Carol erlaubte sich, ausnahmsweise ein wenig aufs Gas zu gehen. »Was natürlich Quatsch

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